Weihnachten kommt wie jedes Jahr – überraschend. Die letzten Weihnachtseinkäufe für die Lieben werden am 23. Dezember getätigt. Jeder kennt es: Man ist gehetzt, gestresst und genervt. Die Läden sind übervoll und überheizt. Die Verkäufer sind ebenfalls gestresst und genervt und wünschen sich die Feiertage genauso sehnlichst herbei wie man selbst.

Ich betrete den Laden und erwarte schon ein überreiztes Gegenüber. Es kommt zum Show-down. Das Aufeinandertreffen von Käufer und Verkäufer entscheidet immer wieder aufs Neue darüber, ob ich auch zukünftig bei dem Unternehmen einkaufe oder ob ich enttäuscht weiterziehe.

Momente der Wahrheit („moments of truth“) sind eine wiederkehrende Bewährungsprobe für Unternehmen. Sie entscheiden darüber, ob eine Kundenbeziehung beginnt, gefestigt oder beendet wird. Das heißt, sie tragen maßgeblich dazu bei, ob ein Unternehmen Erfolg hat oder scheitert.

Den Ausdruck „moments of truth“ prägte Jan Carlzon, Vorstandsvorsitzender der Fluggesellschaft SAS Scandinavian Airlines. 1982 sprach Carlzon in internen Seminaren davon, dass die SAS jeden Tag 50.000 moments of truth habe.

Also sind moments of truth auch Chancen für Unternehmen. Die Mitarbeiter können beweisen, dass ihr Unternehmen die allerbeste Wahl ist, dass es keinen Grund gibt, zum Wettbewerber zu wechseln. Wenn es den Mitarbeitern dann auch noch gelingt, den Augenblick der Wahrheit in einen magischen Moment („moment of magic“) fortzuführen, steht einer loyalen Kundenbeziehung nichts mehr im Wege.

Wie also werden die Weihnachtseinkäufe dieses Jahr verlaufen?

Ich komme in den Laden, werde nach gefühlten drei Stunden des Wartens endlich gefragt, was ich denn wolle – ohne Begrüßung, denn im Laden drängeln sich ja bereits unzählige, schwerbepackte Leute, die es eilig haben. Nachdem mir die Ware ausgehändigt wurde, werde ich zur Kasse geschickt. Dort erwartet mich eine andere Angestellte. Sie fragt gar nicht erst, ob ich etwa auch noch eine Tüte brauche. Da ich nicht bar zahle, wird mir das Kartengerät kommentarlos hingeschoben und ich muss selber schauen, wie herum die Karte in das Gerät gehört. Danach erhalte ich meine Belege und gerade noch ein gebrummeltes „Auf Wiedersehen“. Von „Frohe Weihnachten“ keine Spur. Ich bin fast sprachlos, versuche schnell den Laden zu verlassen und denke mir, dass ich nächstes Jahr meine Weihnachtseinkäufe auf jeden Fall vor dem 23. Dezember erledigen werde. Denn ich habe ja selber Schuld, dass ich wieder auf den letzten Drücker meine Geschenke kaufe.

Oder werde ich positiv überrascht?

Ich komme in den Laden. Da es sehr voll ist, kann ich nicht gleich bedient werden, aber eine Mitarbeiterin signalisiert mir, dass man gleich für mich da ist. Nun bin ich an der Reihe. Die Verkäuferin lächelt mich an, entschuldigt sich kurz für die Wartezeit und fragt mich dann höflich, wie sie mir weiterhelfen kann. Ich bin positiv überrascht. Trotz der Weihnachtshektik nimmt man sich Zeit für mich und Freundlichkeit kostet ja sowieso nichts. In Ruhe werden mir verschiedene Artikel gezeigt und erklärt. Endlich habe ich mich für einen entschieden. Die Verkäuferin bietet an, die Ware als Geschenk einzupacken. Da ich das zu Hause aber gern selber mache, lehne ich dankend ab. Daraufhin werde ich zur Kasse begleitet und gefragt, wie ich denn bezahlen möchte. Klar hilft mir mein Gegenüber mit dem Kartenlesegerät. Die Belege werden zusammen mit dem Geschenk in eine Jutetasche gepackt. Die Verkäuferin wünscht mir einen schönen Tag, hofft, dass das Geschenk gut bei dem Beschenkten ankommt und sagt beim Türaufhalten noch „Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten und ein paar stressfreie Tage.“ Ich bin begeistert. Was Freundlichkeit und Zuvorkommenheit alles bewirken kann. Ich fühle mich weniger gestresst und freue mich auf Weihnachten. Zu Hause werde ich nochmals positiv überrascht, denn in der Tasche entdecke ich ein Stück zusammengerolltes Geschenkpapier.

Die Verkäuferin hat meinen Weihnachtseinkauf zu einem magischen Moment werden lassen. Ich werde dort auf jeden Fall wieder hingehen – und nicht erst Weihnachten nächsten Jahres.

Magic moments bescheren Ihnen beispielsweise auch die Shops von „LUSH Kosmetik“. Die Produkte sind handgemacht aus frischen, qualitativ hochwertigen Zutaten. Und jeder, der eine Seife kaufen möchte, darf diese zunächst hautnah ausprobieren: Die Kunden bekommen eine Waschschüssel mit Wasser, ein Stück der ausgewählten Seife und am Ende wird ihnen ein Handtuch zum Abtrocknen überreicht. Toll. Wo gibt es das sonst?

Unternehmen sollten sich immer wieder fragen, wie sie aus Momenten der Wahrheit moments of magic machen können, und wie sie diese in ihr Tagesgeschäft einbinden können. Zugegebenerweise ist es meist einfacher, magic moments bei anderen zu finden als im eigenen Unternehmen, denn im Alltagsgeschäft verliert man oft den Blick, wie man von außen wahrgenommen wird.  Dabei müssen magic moments noch nicht einmal Mehrkosten verursachen. Mehr Aufmerksamkeit, mehr Begeisterung, mehr echtes Interesse an den Kunden und liebevolles Arbeiten kann aus Kunden Stammkunden, ja sogar Empfehler und somit unbezahlbare Multiplikatoren machen.

Quellen:

„Mit Marketing zum total loyalen Kunden!“ von Dipl.-Kfm. Gerhard Fuchs

Wikipedia

lush-shop.de

Stephanie ist New Communications Fachfrau für Kundenbindung und -loyalität. Die gelernte Bank- und Werbekauffrau weiß, wie man zufriedene Kunden in Fans verwandelt. Da hält es die Hobby-Gärtnerin ganz wie mit ihren Pflanzen: Viel Aufmerksamkeit und die richtige Pflege führen zum Ziel. Statt Dünger und regelmäßigen Wässerungen empfiehlt Stephanie ihren Kunden allerdings außergewöhnliche Give-aways, hochwertige Publikationen und kreative Mailing-Aktionen.

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