Erinnern Sie sich noch an grellfarbige Haar-Strähnchen, Baggy-Pants und Plateau-Schuhe? Die 90er haben recht eindrucksvoll bewiesen, dass nicht jeder neueste Trend unbedingt ein guter sein muss. Gleiches gilt für die Gestaltung von Benutzeroberflächen: Hier haben seit einigen Jahren sogenannte Dark Patterns Einzug gehalten; Besonderheiten im UI (User Interface) Design, die den Nutzer dazu bringen, Tätigkeiten auszuführen, die so nicht in seinem Interesse sind. Das Verheerende: Während sich viele vor gut 20 Jahren freiwillig für Buffalos & Co. entschieden haben und sich ihrer Außenwirkung bewusst waren, arbeiten Dark Patterns verschleiert und täuschen heutzutage absichtlich. Grund genug, diese „düsteren Strukturen“ ins Scheinwerferlicht zu stellen und die häufigsten Täuschungsmaßnahmen zu beleuchten.

Der ewige Ärger mit Newsletter-Abmeldungen

Vielleicht geht es Ihnen ja wie mir: Sie wundern sich täglich, woher all die Newsletter in Ihrem Postfach kommen, für die Sie sich gar nicht angemeldet haben? Wahrscheinlich sind Sie Opfer eines „Bait and Switch“ geworden: Um die Zahl von Newsletter-Abonnenten anzutreiben, lassen viele Website-Betreiber bei Registrierungsabläufen die Checkbox zur Newsletter-Anmeldung vormarkiert, obwohl wir diese Entscheidung lieber eigenständig und bewusst treffen möchten. Schlichtweg auf vormarkierte Checkboxes zu achten, reicht jedoch nicht aus. Denn Post Office hat die eigentlich affirmative Bedeutung eines Hakens auf ihren Seiten invertiert: Hier stehen bei der Newsletter-Anmeldung vier unmarkierte Checkboxes zur Auswahl (Post, Telefon, Email und andere Medien). Sie suggerieren, dass ich derzeit keinen Newsletter erhalte und zur Anmeldung meinen gewünschten Medien-Kanal, bzw. meine -Kanäle auswählen kann. Weit gefehlt, denn ein kleiner Satz darüber erklärt, dass es hierbei um ein Opt-Out handelt („If you do not wish to receive communications from Royal Mail group, please tick the relevant box(es)“). Ich muss also ganze vier Haken setzen, damit ich wirklich keinen Newsletter über keinen Kanal erhalte. Erhöhte Wachsamkeit ist geboten, erst recht bei der Fülle an manipulativen Design-Möglichkeiten.

Täuschungen und Tricks im Übermaß

Um den Nutzer zu täuschen, werden Webseiten-Betreiber immer kreativer. Neben dem „Bait and Switch“ existieren viele weitere Dark Patterns. Die fünf häufigsten darunter:

  • Disguised Ads: Online-Werbung, die sich als Navigation oder Seiten-Inhalt tarnt und den Nutzer zum Klicken bringt
  • Forced Continuity: Die erzwungene Kontinuität liegt vor, wenn sich zeitlich limitierte (kostenlose) Abonnements automatisch verlängern und kostenpflichtig werden; oftmals wird der Nutzer nicht an die Verlängerung erinnert oder kann das Abonnement nur unter Mühen kündigen
  • Hidden Costs: Versteckte Kosten sind solche, die erst beim letzten Bestell-Schritt angezeigt werden, z.B. Lieferkosten oder Steuern
  • Privacy Zuckering: Benannt wurde dieses Dark Pattern nach Facebooks CEO Mark Zuckerberg aufgrund von Facebooks inflationären Gebrauch von verwirrenden Fachtermini und verschiedenen Benutzeroberflächen in den Privatsphäre-Einstellungen. Diese sorgen dafür, dass der Nutzer mehr Informationen über sich preisgibt, als er eigentlich möchte
  • Trick Questions: Ein Nutzer wird durch die Formulierung einer Frage dazu gebracht, sie anders als üblich zu beantworten. Dies liegt meist daran, dass wir Seiten scannen und nicht Wort für Wort durchlesen  (z.B. eine bereits markierte Checkbox mit dem Zusatz „Bitte senden Sie mir keine weiteren Informationen zu Ihren Angeboten zu“)

 

Wie man sich gegen Dark Patterns wehrt

Einen wirklich effektiven Schutz gegen diese Design-Unart gibt es nicht. Im Gegenteil: Gerade die Entwicklung hin zu iPad und iPhone mit ihren Apps stellt einen weiteren Anwendungskontext für sie dar. So werden App Store-Rezensionen manipuliert und sogar die Einstellung zur Deaktivierung von Ad Tracking lässt sich nur schwer in den Einstellungen von iPad und iPhone auffinden (mehr dazu schreibt Sébastien Bonset).
Doch es hilft, informiert zu sein und bei Registrierungen, Buchungsvorgängen und sonstigen Daten-Eingaben künftig genauer zu lesen und sich mehr Zeit zu nehmen. Weitere Dark Patterns prangern Harry Brignull und Marc Miquel mit vielen Beispielen auf ihrer Seite www.darkpatterns.org an – hier können übrigens auch Sie ihrem Ärger Luft machen und Dark Patterns-Erfahrungen einsenden. Und wer weiß, vielleicht folgen einige Webseiten nach ausreichend Bloßstellung künftig der hellen Seite der Macht.

Quellen:

darkpatterns.org

90percentofeverything.com

t3n.de "Dark Patterns: So erkennst du absichtliche Design-Unarten am Beispiel von iOS", Sébastien Bonset vom 24.07.2013

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