Geschäftsberichte können interessanten Content liefern? Wie soll das gehen bei all den rechtlichen Vorgaben? Gute Frage. Natürlich, Geschäftsberichte unterliegen strengen juristischen Normen. Das Handelsgesetzbuch (HGB) gibt sowohl inhaltliche als auch gestalterische Elemente vor. Zu den obligatorischen Bestandteilen zählen beispielsweise der Jahresabschluss und der Lagebericht. Inhaltlich sind diese jährlichen Berichte stets eine Gratwanderung, besonders wenn es um die Prognosen geht. Sind sie zu optimistisch formuliert, wecken sie falsche Hoffnungen. Sind sie zu negativ, verschrecken sie vielleicht die Investoren. Doch neben dem Pflichtteil gibt es viele Elemente, die Sie freiwillig hinzufügen können. Diese Bestandteile bilden den Imageteil Ihres Berichts. Ein Teil mit viel Platz, um möglichen Investoren Ihr Unternehmen schmackhaft zu machen. Oder aktuellen Investoren zu versichern, dass ihre Anlagen bei Ihnen weiterhin in guten Händen sind.

Gerade deswegen ist die Erstellung eines Geschäftsberichts mit viel Aufwand verbunden. Unverhältnismäßig viel Aufwand, wenn man weiß, dass ihm maximal 3 Minuten Aufmerksamkeit geschenkt werden. Warum also mehr als den Pflichtteil abliefern? Macht man sich klar, wer den Bericht liest und dass der Bericht die stärkste und wirkungsvollste Komponente der Investor Relations ist, lohnt sich der Aufwand allemal. Denn der Geschäftsbericht Ihres Unternehmens ist nicht nur Pflichtveröffentlichung, sondern auch Imageträger.

Idee & Konzept

Angenommen, der Pflichtteil liegt hinter Ihnen. Die Zahlen und der Lagebericht stehen fest und Sie haben über Corporate Governance nachgedacht. Nun brauchen Sie eine kreative Leitidee, ein Konzept. Ihr Geschäftsbericht soll nicht nur die wirtschaftliche Lage Ihres Unternehmens zeigen, sondern auch die Menschen dahinter. Die Idee des letzten Jahres kopieren gilt nicht. Im Pflichtteil ist Kontinuität durchaus wünschenswert, im Imageteil würde das über Jahre hinweg nur langweilen. Daher sollten Sie – wie so oft im PR-Bereich – lieber Storytelling betreiben. Was macht Ihr Unternehmen einzigartig? Und wie können Sie diese Eigenschaft optimal darstellen? Welche Botschaften möchten Sie Investoren, Interessierten, aber auch dem Wettbewerb vermitteln? Die Kernaussage des Vorstandes dient Ihnen dabei als Leitlinie, von der sich der Imageteil nicht gänzlich lösen sollte. Allerdings heißt es auch hier wie so oft: einfach mal mutig sein, Grenzen testen. Steigern Sie durch gezielte Individualität den Wiedererkennungswert Ihres Unternehmens.

Zielgruppen bedenken

Laut dem deutschen Aktieninstitut ist jeder 6. Deutsche Aktionär. Und doch werden Geschäftsberichte nicht nur von Investoren gelesen. Eine Zielgruppen-Definition ist daher unverzichtbar. Und die Zielgruppen eines Geschäftsberichts sind weit und unausgewogen verteilt. Der Geschäftsbericht richtet sich nicht nur an bestehende und potenzielle Investoren, sondern ist auch bei der Einwerbung von Eigenkapital, bei der Rekrutierung interessanter Mitarbeiter und bei der Kundenansprache bedeutend. Bedenken Sie die unterschiedlichen Zielgruppen bei der Erstellung Ihres Geschäftsberichts, denn jede hat eine eigene Lesart. Nicht immer ist die image-orientierte Zielgruppe auch mit der Zielgruppe der Finanz-Community identisch. Daher ist es sinnvoll, primäre und sekundäre Zielgruppen zu definieren. Eines sollte jedoch zielgruppenübergreifend gelten: Fachchinesisch abseits der definierten Finanz-Termini hat auch in einem Geschäftsbericht nichts zu suchen.

Format/Medium

Investor Relations kommen ohne das Internet nicht mehr aus. Insbesondere Social Media spielt eine zunehmende Rolle. Und obwohl der Investoren angeben, nicht in ein börsen-dotiertes Unternehmen ohne IR-Website zu investieren, wollen 49 % von ihnen auch nicht auf die Print-Version des Berichts verzichten. Einige möchten sowohl die Online- als auch die Print-Ausgabe erhalten, während wieder andere – wenn auch nur ein geringer Prozentsatz – den Bericht gar nicht erst lesen. Tatsächlich ist gesetzlich vorgegeben, dass ein Geschäftsbericht elektronisch an den Betreiber des Bundesanzeigers übermittelt werden muss. Unternehmen haben jedoch bei der Print-Ausgabe viele Freiheiten. Papierart, -dicke, -textur …, all das kann frei gewählt werden. Analysieren Sie, was für Ihre Zielgruppen interessant ist. Mit der richtigen Strategie wecken Sie Interesse für Ihren Bericht und somit auch für Ihr Unternehmen. Sogar die Verpackung, in der ein Geschäftsbericht den Leser erreicht, kann viel bewirken und schon für Neugier sorgen, ehe der eigentliche Bericht aufgeschlagen wird. Wie man alles richtig macht, hat die Deutsche Telekom gezeigt. Sie gewann den 1. Preis für den besten Geschäftsbericht 2014, verliehen vom BILANZ Magazin. Und auch die Online-Ausgabe ist weit mehr als eine Zusammenfassung von Zahlen. Zusätzlich zur Print-Ausgabe, gestaltet die Audi AG ihren Geschäftsbericht des Jahres 2014 gänzlich multimedial. Videos und Interviews sind nur ein kleiner Teil des umfangreichen Imageteils des Berichts. Dort werden neben der Finanzlage des Unternehmens auch unterschiedliche Kampagnen und die Menschen hinter den Kulissen vorgestellt. Ein weiteres gelungenes Beispiel ist Mybet, die ihren Geschäftsbericht 2012 in Form eines modernen Sportmagazins gestalteten.

Zusatzinformationen

Gerade bei einer Pflichtveröffentlichung kommt es darauf an, wie offen, nachvollziehbar und sympathisch sie kommuniziert wird. Denn der Pflichtteil ist gleichzeitig die Basis für die freiwilligen Informationen – also quasi den PR-Teil – Ihres Geschäftsberichts. Zusatzinfos sind auch für die Recherche einer potenziell interessanten Anlage ungemein wichtig. Daher sollte Ihr Bericht mehr als eine einfache Zusammenfassung sein. Natürlich mögen für die Investoren sowohl der Lagebericht als auch der Jahresabschluss von besonderem Interesse sein. Als Kundenwerbung eignet sich jedoch die Darstellung bzw. Vorstellung Ihrer Produkte besser. Bei den Zusatzinformationen darf – gerade weil es sich um einen freiwilligen Zusatz handelt – die Kreativität nicht zu kurz kommen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie sich unstrukturiert austoben sollten. Im Gegenteil. Auch hier ist eine genaue Analyse, Strategie und präzise Auswahl des besten Konzeptes gefragt. Schließlich können Sie im Imageteil Vertrauen schaffen, Visionen vorstellen und Ihre Platzierung am Markt betonen. Nicht nur aktuelle Produkte, sondern auch ganze Kampagnen können Sie ins rechte Licht rücken. Auch die Corporate Responsibility ist mittlerweile häufiger Bestandteil des Imageteils.

Einige Dos & Don’ts des Geschäftsberichts

Dos

  • Rechtzeitig mit der Planung beginnen und das Projektteam zusammenstellen. Nur mit einem detaillierten Zeitplan und einer genauen Gliederung an den Bericht herangehen.
  • Standards beachten, aber eigenes Image und Konzept nicht aus den Augen verlieren.
  • Kohärente Zusammenhänge zwischen Pflicht- und Imageteil schaffen. Den Bericht als ein Ganzes betrachten.
  • Sich rechtzeitig mit Wirtschaftsprüfern und dem Vorstand abstimmen.
  • Gestalterisch originelle und verständliche Grafiken wählen.

Don’ts

  • Das große Ganze aus den Augen verlieren.
  • Sich zu stark am Wettbewerb orientieren
  • Auf den 1. Seiten nicht erwähnen, was das Unternehmen eigentlich leistet.
  • Falsches Bild des Unternehmens vermitteln.
  • Viele Floskeln, wenig Inhalt.

Quellen:

Kirsten Dietz & Jochen Rädeker. Geschäftsberichte: finest facts & figures ; Konzept, Design, Know-how ; Finanzkommunikation als Imageträger Mainz: Schmidt, H. (2007).

Der Geschäftsbericht – zentrales Instrument der Finanzkommunikation - Dr. Alexander Serfas DIRK – Deutscher Investor Relations Verband e.V. / Frankfurt, 2012

How are investors consuming your investor relations content? – Shareholder Confidence 365 Study PR Newswire, Vintage and CNW

prnewswire.com "How investors consume investor relations content"

dai.de

audi-reports.de

geschaeftsbericht.telekom.com

Jana sorgt als ausgebildete Social-Media-Managerin und Expertin für Public Relations und Newsletter-Marketing bei New Communication dafür, dass ihre Kunden im Rampenlicht stehen. Als Fachfrau für Krisenkommunikation, Influencer Relations und Investor-Relations trifft sie immer den richtigen Ton. Kein Wunder, dass die studierte Anglistin und Skandinavistin privat dem medialen Getöse gern mal den Rücken kehrt und in Norwegen Schnee- statt Shitstorms die Stirn bietet.

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