Wie sehen die Webseiten der Zukunft aus? Was ist hip und was ist Hype? Creative Director Christian Klose wirft einen Blick in die Design-Glaskugel und stellt fest: Was 2014 wichtig war, ist 2015 wichtiger. Was vor 30 Jahren hip war, ist heute hipper. Und wer‘s wirklich richtig machen will, hört am besten auf sein Bauchgefühl.

Einfach machen

Der erste Designtrend 2015 ist eigentlich einer aus dem Vorjahr. Das Flat Design ist jedoch ein solcher Megatrend, dass es auch jetzt noch als solcher bezeichnet werden kann. Flat Design beschreibt die Kunst des Weglassens. Schatten, Verläufe, Bevels und alles Plastische werden entsorgt und machen Platz für klare, flächige Farben. Quasi als Trend im Trend brechen inzwischen einige Designer mit der völligen Reduktion und erzeugen Räumlichkeit durch subtile Schattenwürfe, feine Animationen und die Andeutung von Ebenen. Durch das Hinzufügen von „Long Shadows“ ragen die vormals flachen Elemente schließlich weit in den Raum.

Einfach, reduziert und trotzdem faszinierend – das gilt auch für das Logo-Design des kommenden Jahres. Geschuldet ist dies den immer kleiner werdenden Bereichen, die für die Darstellung von Logos zur Verfügung stehen. Schon immer galt, dass ein Logo auch auf Briefmarkengröße zu erkennen sein muss. In Zukunft sollte ein Logo am besten auch in der Größe eines Favicons erkennbar sein – also auf 16 x 16 Pixeln.

Der Minimalismus zeigt sich auch im Print-Design. Zum Beispiel in Form von minimalen Posterdesigns oder Buchumschlägen mit viel Weißraum. Im Web-Design werden uns künftig vermehrt sogenannte Ghost-Buttons begegnen – extrem vereinfachte Aktionsbuttons, die nur aus Schrift und einer Umrandung bestehen. Der Fokus liegt auf dem unmittelbaren Content. „Anbei-Inhalte“, die den User ablenken, sterben aus. Auf Wiedersehen, Marginalspalte.

Nullen und Einsen

Auch der folgende Trend resultiert aus einer Entwicklung, die wir schon aus den letzten Jahren kennen: das responsive Web-Design. Wir lesen das Internet auf den unterschiedlichsten Geräten, also benötigen wir eine Seite, die sich diesen Geräten optimal anpasst. Da der Platz zum Teil sehr begrenzt ist, sieht man immer öfter sogenannte Off-Canvas-Navigationen. Übersetzen kann man diesen Begriff am ehesten mit „Außerhalb-der-Leinwand“. Die komplette Navigation wird dabei ausgelagert und über einen einzigen zentralen Punkt angesteuert und eingeblendet.

Früher eher Hoheitsgebiet des Print-Bereichs, tritt Typografie künftig auch im Web-Design ins Rampenlicht. Dank Google Webfonts oder TypeKit von Adobe ist es mittlerweile leicht und erschwinglich, individuelle Unternehmensschriften abzubilden und eigenständige Kreationen umzusetzen.

Auch abseits des Rechners begegnet uns eine fortwährende Digitalisierung der Gestaltung. Durch die enge Zusammenarbeit von Entwicklern und Designern entstehen sogenannte generative Designs. Ganze Bildwelten lassen sich digital und prozedural erzeugen – Actelion (ein biopharmazeutisches Unternehmen) hat dies bereits eindrucksvoll vorgemacht.

Intuitiv zu bedienende 3D-Programme erleichtern 2D-Gestaltern den Einstieg in das dreidimensionale Design. So ist zu beobachten, dass es einen Trend hin zu originären 3D-Grafiken gibt, die nicht mehr viel mit der klassischen 3D-Grafik zu tun haben. Im Zusammenspiel mit 3D-Druckern bieten sich ebenfalls neue Möglichkeiten – 3D-Modelle können zum Beispiel am Rechner geschaffen, ausgedruckt, bemalt und wieder abfotografiert werden.

Zurück in die analoge Zukunft

Als Gegenpol zur Digitalisierung des Designs ist eine Rückbesinnung auf das Handgemachte, Analoge, Echte zu beobachten. Handgeschriebene Logos sind stark im Kommen und liebevoll handgezeichnete Illustrationen verleihen Unternehmen Eigenständigkeit. Authentizität ist das Stichwort in der Bildwelt, typische Stockfotos ein No-Go.

Interaktion ist kein Vorrecht des Web-Designs mehr. Ob Bücher, Kalender oder Mailings – wir können Teile ausstanzen, neu zusammenfügen, herausklappen, aufkleben, abrubbeln, falten, biegen und ausmalen. Das regt den Spieltrieb an und im besten Fall unterstützt es die kommunikative Aussage – wenn zum Beispiel die Visitenkarte eines Scheidungsanwalts zerrissen werden kann.

Beweg dich

Eine weitere, für Printmedien eher untypische Eigenschaft ist Bewegung. Mit optischen Illusionen tanzen, wackeln und drehen sich künftig jedoch auch vermehrt statische Papiererzeugnisse. Mittels Linienrasterbildern (besser bekannt als Wackelbilder) lassen sich sogar kurze Filmsequenzen darstellen. Selbst bei Logos ist zunehmend der Einsatz von „Motion Lines“ zu beobachten – aus Comics bekannte Striche, die Bewegung andeuten.

Der Trend des bewegten Bildes findet sich natürlich auch im Web-Design, wo zunehmend auf ganzflächige Hintergrundvideos gesetzt wird.

Hipster und 80er

Weitere Design-Trends lauern bereits im Hintergrund. Auf www.trendlist.org können Sie sich über einige der gerne „Hipster-Design“ genannten Stile informieren. Verzerrte, gesperrte, getrennte Typografie, Wellenlinien, Diagonalen, Neonfarben und ein dunkles Ultramarin-Blau sowie Farbverläufe und Rahmen sind dort besonders beliebt. Wer sein Trend-Talent ausprobieren möchte, kann dies mit der App Trend Generator tun. Auf Knopfdruck erstellt das Programm Plakate aus den neuesten Design-Trends. Ob das schön ist, entscheiden Sie selbst.

Ein nicht mehr ganz so geheimer Trend ist die Rückkehr der 80er. In angesagten Modeprints finden sich Muster, Farben, Formen und Verläufe, um die man vor zwei Jahren einen großen Bogen gemacht hätte. Apple ist wie immer, wenn es um Design geht, vorne mit dabei. Viele App-Icons und iOS-Wallpaper beinhalten unübersehbare Reminiszenzen an die 80er. Passend dazu entwarf der Künstler Anton Repponen das fiktive iOS 86 – eine 80er-Jahre-Version des Apple-Betriebssystems. Prompt verlangten viele iPhone-Besitzer dieses Design für ihr Smartphone.

Am Ende der Weisheit

Persönlich finde ich es immer schwierig, Trends im Design zu folgen. Denn als Designer möchte man natürlich neue Wege gehen und nicht nur das tun, was sowieso schon alle machen. Eine der meiner Meinung nach wichtigsten Richtlinien für 2015 ist daher eher eine Einstellungssache als ein Trend: Design sollte nie nur um des Designs Willen geschehen. Oder weil es gerade hip ist. Oder weil der Kunde es so will. Design sollte sich immer am Nutzer orientieren und ihm das Leben so leicht wie möglich machen. „User-centered design“ ist der Trend, den wir jedes Jahr ausrufen sollten.

Christian Klose

Christian ist Creative Director für Screendesign bei New Communication. Und trägt einen Nachnamen, der eine Menge über sein Talent aussagt. So gilt er in den Bereichen Website-Konzeption und User Experience als wahrer „Virtu-Klose“ und seine Entwürfe als „Klose to perfection“. Dafür, dass der gebürtige Bayer trotz des ganzen Lobs nur geografische Höhenflüge erlebt, sorgen seine drei Kinder. Die ziehen Papa an seinem langen Zopf nämlich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

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