Das Internet ist inzwischen das Medium mit dem stärksten Einfluss auf Kaufentscheidungen – und der Abstand zu anderen Medien wächst. Das zeigt der gerade veröffentlichte Digital Influence Index 2012 von Fleishman-Hillard und Harris Interactive. Die jährliche Studie untersucht das Online-Verhalten von Verbrauchern im internationalen Vergleich.

Diese Entwicklung ist eine logische Konsequenz aus den sich ändernden Mediengewohnheiten. So verbringen die Befragten inzwischen weit mehr Zeit mit der Nutzung von Internet und Mobiltelefonen, als z. B. mit Fernsehen oder Zeitunglesen.

Der Einfluss auf die tatsächlichen Kaufentscheidungen variiert dabei je nach Branche und Bedürfnislage der Nutzer. Besonders häufig wird das Internet zum Angebotsvergleich genutzt. Oft geht es Konsumenten aber auch darum, sich schnell eine Meinung zu bilden oder ein Gefühl für ein Produkt oder eine Marke zu bekommen. In den Marketingabteilungen lautet die zentrale Frage also immer mehr: „Wie können wir die Informationssuche und Entscheidungsfindung im Internet positiv beeinflussen?“. Die Antwort lautet: Digital Influence.

Was ist Digital Influence?

Digital Influence beschreibt die Fähigkeit, Meinungen und Verhaltensweisen einer Zielgruppe zu verändern und dadurch messbare Ergebnisse zu erzielen – und zwar online. Die Beeinflussung kann zwar auch direkt erfolgen, wird in den meisten Fällen jedoch indirekt über einflussreiche Meinungsführer ausgeübt, sogenannte Influencer. Dabei spielen soziale Netzwerke eine besondere Rolle, aber auch Foren, Bewertungsportale und Blogs.

Wie entsteht Digital Influence?

Für den Erfolg einer Digital-Influence-Maßnahme ist es wichtig, die richtigen Influencer zu identifizieren und diese mit den richtigen Inhalten auf dem richtigen Kanal anzusprechen. Dafür sind drei Aspekte entscheidend: Reichweite, Relevanz und Resonanz – die drei großen R.

Reichweite beschreibt den Zugang zu einer Dialoggruppe. Dabei kommt es nicht unbedingt darauf an, wie viele Menschen ein Influencer in der Vergangenheit  erreicht hat. Auch andere Aspekte können zu einer großen Hörer- bzw. Leserschaft beitragen:

  • Popularität: Wie bekannt und beliebt ist jemand in der Dialoggruppe? Dies lässt sich oft leicht an der Quantität der Kontakte, Freunde, Follower etc. ablesen.
  • Räumliche Nähe: Soziale Netzwerke sind meist regional aufgebaut. Menschen haben die meisten Freunde, Familien und Arbeitskollegen in der Gegend, in der sie leben.
  • Goodwill: Das Ansehen innerhalb einer Community – erworben durch Engagement. Dieser Aspekt ist nicht immer leicht zu messen, kann sich aber in Likes, 1+s oder Flattrs ausdrücken.

Relevanz ist ein Maß für das Gewicht, das die Aussage eines Influencers auf die Dialoggruppe hat. Dies kann durchaus situationsabhängig sein. Grundsätzlich ist für die Relevanz meist einer der folgenden Aspekte ausschlaggebend:

  • Kompetenz: Wer sich in einem Thema auskennt, selbst dazu Beiträge mit positiven Reaktionen veröffentlicht und sich fachkundig in Diskussionen einschaltet, dokumentiert seine Expertise in dem jeweiligen Feld. Diesen Menschen wächst mit der Zeit fachlicher Respekt zu.
  • Vertrauen: Die menschliche Bereitschaft, jemandem zu glauben, lässt sich nicht direkt messen. Viel gelesene und als hilfreich eingestufte Rezensionen eines Autors können allerdings ein Indiz sein.
  • Affinität: Das Gegenstück zur Kompetenz: Wie leidenschaftlich ist jemand bei der Sache? Gemeinsame Affinitäten schaffen Relevanz.

Resonanz ist die direkt messbare kommunikative Reaktion auf die Inhalte. Dies können Kommentare, Bewertungen, Shares und Retweets, Zitate und Erwähnungen sein.

  • Frequenz: Mit welcher Häufigkeit reagiert die Zielgruppe auf Beiträge eines Influencers?
  • Dauer: Wie lange halten die Reaktionen und Diskussionen an? Dies ist natürlich themenabhängig, aber die Dauer von Reaktionen ist ein Maß für die Fähigkeit eines Influencers zum Agenda-Setting.
  • Amplitude: Wie heftig fallen die Reaktionen aus? Kommt es lediglich zu kurzen Kommentaren und Retweets oder provozieren Beiträge weitere umfangreiche Posts oder sogar Handlungsaufrufe?

Reichweite und Relevanz sind die Voraussetzungen für Resonanz. Alle drei Rs zusammen stellen das Potenzial für die Beeinflussung der Zielgruppe dar. Je nach Thema und Zielgruppe kann die Beeinflussung über zwei unterschiedliche Wege erfolgen: Den Social Graph und den Interest Graph.

Social Graph ist das persönliche Netzwerk, das Menschen aufbauen. Hier ist die persönliche Beziehung das wichtige Bindeglied zwischen den Teilnehmern. Die Beeinflussung erfolgt damit eher emotional.

Den Interest Graph eines Nutzers stellen hingegen die Personen und Medien dar, mit denen er sich thematisch vernetzt. Hier muss es nicht unbedingt eine persönliche Bekanntschaft oder räumliche Nähe geben. Der Kitt solcher Netzwerke ist das gemeinsame Interesse an einem Thema. Die Beeinflussung kann auch hier emotional sein, wird oft aber durch fachlichen Austausch getragen.

Beide Graphen sind miteinander verwoben und können auch auf denselben Plattformen bestehen, aber es ist möglich, viele Plattformen mehrheitlich dem einen oder anderen Typus zuzuordnen. In Netzwerken wie Facebook oder Stayfriends werden überwiegend persönliche Kontakte gepflegt. Thematische Verbindungen dominieren hingegen Fach- und Zielgruppenforen, Blogs sowie Sharing-Plattformen. Auf XING, LinkedIn, Twitter und Google+ spielen soziale wie thematische Verbindungen eine wichtige Rolle.

Checkliste für die nächste Digital-Influence-Maßnahme

Zuerst muss die entscheidende Frage beantwortet werden: Welche Meinung oder welches Verhalten soll bei welchen Personen erreicht werden? Die Antworten sollten präzise sein. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, welche Topologie zur Beschreibung der Zielgruppe verwendet wird, sondern darauf, dass die Beschreibung möglichst exakt auf die Marke und die Marktsituation zugeschnitten ist. Ebenso wichtig ist es, den gewünschten Effekt der Maßnahme zu definieren. Beispiele für häufige Zielsetzungen sind:

  • Steigerung Markenbekanntheit
  • Erhöhung der Markenresonanz
  • Lead-Generierung
  • Verbesserung der Reputation
  • Erreichen der Inhalts-Führerschaft für ein Thema
  • Erzeugen von Nachfragedruck
  • Reichweitensteigerung

Von diesem gewünschten Effekt arbeitet man dann quasi rückwärts bis zur Maßnahmen-Ebene: Aus der konkreten Beschreibung von Zielgruppe und Beeinflussung lassen sich zum einen handhabbare Kennzahlen und ein entsprechendes Monitoring ableiten. Zum anderen kommt man von dieser Beschreibung leichter zum richtigen Beeinflussungsweg (Social Graph oder Interest Graph) und somit zu den wirklich interessanten Influencern.

Hier ist Kreativität gefragt. Es ist wichtig, sich in die Zielgruppe hineinzuversetzen und zu bestimmen, welche Art Inhalt von welchen Quellen den gewünschten Effekt auslösen könnte. Dies kann keine Software leisten. Trotzdem können Scores für Reichweite und Themenführerschaft wertvolle Instrumente sein, um die Influencer zu klassifizieren.

Schließlich wird passend für Marke, Zielgruppe und Influencer entwickelt, wie Reichweite, Relevanz und Resonanz erzeugt wird. Welcher Content dafür taugt – und was zum Rohrkrepierer wird – wird Thema des nächsten Artikels zu Digital Influence.

Quellen:

2012 Digital Influence Index Annual Global Study, Fleishman-Hillard / Harris Interactive

Altimeter

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