Wortwörtlich ist ein Claim sowohl eine Behauptung als auch ein Anspruch. Das gilt auch im übertragenen Sinn. Der Markenclaim fasst zusammen, was ein Unternehmen oder eine Marke für sich beansprucht. Und bleibt für sich genommen doch nur eine Behauptung. In der Markenpyramide hat er eine zentrale Bedeutung. Der Claim ist die übergeordnete Markenaussage, zu der sich Markenwerte, Nutzen und Nutzenbegründung addieren.

Übertragen auf Kampagnen ist der Kampagnenclaim (altwerbisch: Slogan) die zentrale Botschaft, welche mindestens im Kopf der Adressaten hängen bleiben sollte. In der Kommunikation, gerade in Kampagnen, werden daher oft Nutzen und Nutzenbegründungen (Reason Why) thematisiert, die dann mit dem Claim abgeschlossen bzw. zusammengefasst werden. Das ist logisch, strukturiert, gehirngerecht und funktioniert seit Jahren gut.

Das Problem mit dem Werbedruck

Je schneller sich Produkte, Alleinstellungsmerkmale und ganze Märkte verändern, desto öfter und differenzierter besteht Kommunikationsbedarf. Je komplexer Produkte sind, desto detaillierter, aufwändiger und öfter muss man kommunizieren. Nur so geht die Gleichung (Nutzen = Werte = Markenversprechen) im Kopf des Kunden auf.

Die Zahl der Werbebotschaften, denen ein deutscher Konsument ausgesetzt ist, ist in den letzten Jahren stark gewachsen. 2004 schätzten unterschiedliche Studien die täglichen Werbekontakte noch auf 2.500 bis 6.000. Eine Untersuchung aus 2014 geht inzwischen von rund 13.000 Werbebotschaften am Tag aus.

Wenn alle Anbieter eines Marktes den Werbedruck und die Informationsflut erhöhen, überfordert das den Empfänger. Es führt zu mangelnder Aufmerksamkeit. Und schließlich zu einer Abwehrhaltung. Aller Aufklärung und dem Wunsch nach bewussten Entscheidungen zum Trotz entsteht immer stärker der Wunsch nach Komplexitätsreduktion. Nach einfachen Entscheidungen. Ein guter Claim kann das leisten.

Was ist ein guter Claim?

In den letzten Jahren haben Marketingverantwortliche auf starke Gefühle gesetzt. Am liebsten auf Liebe. So entstanden viele Liebeserklärungen von Unternehmen an ihre jeweiligen Produktgruppen. Unternehmen lieben:

  • Lebensmittel (Edeka)
  • Schuhe (Deichmann)
  • Autos (VW)
  • Kino (Tele5)
  • Niedersachsen (Radio ffn)
  • Musik (Antenne Bayern)
  • Fliegen (Condor)

In meinen Augen sind das alles keine guten Claims. Keine Markenversprechen. Die Aussagen bleiben zu sehr beim Unternehmen selbst und lassen den Kunden oder seine Erfahrung mit der Marke außen vor. Schließlich reden Unternehmen nur davon, was sie selbst lieben. Vom Kunden ist keine Rede. Und einzigartig ist diese Monotonie auch nicht.

Gute Claims beziehen den Kunden, seine Vorteile oder Kernwerte der Marke ein. „Ich liebe es“ (McDonald‘s) ist da schon besser, wenn es denn Liebe sein muss. „Nonstop you“ (Lufthansa), „Freude am Fahren“ (BMW) und „Vorsprung durch Technik“ (Audi) sind Claims, die als positive Assoziation hängen bleiben.

Zeig den Claim, nicht die Produktvorteile

Als Antwort auf das Dilemma des inflationären Reason Why transportieren einige Marken in ihrer Kommunikation nur noch den Claim. Produkte und deren Eigenschaften treten in den Hintergrund.

Aktuelle Beispiele:

Vodafone unterstützt den Markenclaim „Power to you“ mit der aktuellen Kampagne „Was würdest Du tun, wenn Du alles kannst?“. In dem emotionalen Spot spielen Verträge keine und Geräte nur eine untergeordnete Rolle. Erzählt wird der Kampagnenclaim.

Noch konsequentere Claimification betreiben diese Anzeigen:

Nike It’s so hard to say goodnight

Mitsubishi Be the first

Das Produkt ist bei dieser Anzeigen-Konzeption nicht anwesend. Stattdessen wird eine Attitüde beziehungsweise ein Gefühl in Szene gesetzt und mit der Marke verbunden.

Mehr Mut zum Absurden

Dieser Ansatz eröffnet auch kreativ andere Möglichkeiten. Wenn ein Versprechen, ein Gefühl oder eine Attitüde dargestellt werden soll, kann man sich von den (zu) oft gesehenen typischen Nutzungssituationen befreien. Der Claim selbst kann zur Geschichte werden. Das macht eine größere Überraschung möglich. Und: Es darf gern absurd zugehen.

Bereits 2014 amüsierten einige Marken mit mutigen, weil absurden Ideen. Der Erfolg lässt hoffen, dass 2015 noch mehr solcher Spots den öden Einheitsbrei von den Bildschirmen verdrängen.

Die Snickers-Kampagne „Du bist nicht Du, wenn Du hungrig bist“ ist ohnehin schon sehr claimifiziert. Die Fortsetzung mit Mr. Bean treibt die Absurdität weiter – und damit den Spaß beim Zusehen.

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Kinogäste durchleben groteske (aber real existierende) Phobien. Etwa die Angst vorm Küssen. So demonstrieren sie den Claim des Toronto After Dark Filmfestivals: „We all fear something“.

Der Musikstreaming-Dienst Deezer baut seine viel beachteten Spots um den Claim „Hör, was Du hören willst“. Diese Kampagne folgt konsequent der Claimification-Logik. Das Absurde wird auf wunderbare und unterhaltsame Weise normal.

Wichtig: Ob Marke oder Kampagne – der Claim muss passen und ein positives Versprechen geben. Nur dann funktioniert auch eine scheinbar absurde Inszenierung.

Quellen:

Lürzer’s Archiv

marketing-boerse.de "Über 13.000 Werbebotschaften bombardieren uns täglich. Was bleibt?" vom 17.09.2013

marketingfish.de

horizont.net

heise.de

wikipedia.org

handelsblatt.com "Konsumenten Mehr als 6 000 Werbekontakte pro Tag" vom 16.08.2004

wirtschaftswoche.de

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