„I bims“ ist das Jugendwort des Jahres 2017. Das gab Langenscheidt am 17.11. bekannt. Seit 2008 veröffentlicht der Verlag eine Liste von vermeintlich trendigen Wörtern. Während Begriffe wie „napflixen“ (ein Nickerchen machen und dabei einen Film laufen lassen) und fernschimmeln (nicht am gewohnten Platz chillen) eher konstruiert wirken, kürt der Verlag mit „I bims“ einen Ausdruck, der bereits im Mainstream angekommen ist. Genau das ist das Problem.

Viva la Vong

Jeder, der im Netz unterwegs ist, ist wohl schon mal der Vong-Sprache begegnet. Beim sogenannten Vongolisch geht es darum, Rechtschreibung und Grammatik bis zur Schmerzgrenze zu verbiegen. Je dümmer der Schreiber erscheint, desto größer der Beifall. Beispiel gefällig? „Rosem simd Rot, der Glühwein isd heif. zumge verbrannt was für 1 life“, dichtet ein Facebook-Nutzer und erhält dafür tosenden Gefällt-mir-Applaus.

Vongolisch für Anfänger

Die Quatschsprache zu lernen ist leicht. Drei einfache Regeln trennen den Otto-Normal-Sprecher vom Hipster-Kauderwelsch:

  1. Ähnliche Buchstaben tauschen oder weglassen: „I bims“ statt „Ich bin’s“
  2. Sachverhalte mit „vong … her“ konkretisieren: „Schöner Text vong Info her“
  3. Die Artikel „ein“ oder „eine“ durch die Ziffer 1 ersetzen: „Was ist das für 1 Sprache“

Darüber, wer Vongolisch erfunden hat, tobt im Netz ein erbitterter Streit. Das liegt wohl auch daran, dass sich der spaßige Trend inzwischen zu einer rentablen Geldquelle gemausert hat. Wer bei Amazon nach „I bims“ oder „vong“ sucht, erhält zurzeit 2.349 bzw. 1.585 Produktvorschläge – von Büchern über Tassen und T-Shirts bis hin zu Jutebeuteln und Getränken. Der vorläufige Höhepunkt im Merchandising-Krieg: Eine Agentur aus Westfalen sicherte sich die Rechte an „I bims“ und „vong“ – und lässt alle, die damit Geld verdienen wollen, abmahnen.

Fail statt Fame

Der gedankliche Vater des Vong-Trends, Rapper Money Boy, sieht das gelassen. Der Österreicher war der erste, der unbestimmte Artikel durch die Ziffer 1 ersetzte und auch das legendäre „I bims“ stammt von ihm. Sebastian Meisinger, so sein bürgerlicher Name, amüsiert sich über die unbeholfenen Versuche einiger Unternehmen, mit Vongolisch bei der jungen Zielgruppe zu punkten. Erst vor kurzem blamierte sich Vodafone mit einem Werbeplakat, das die Vong-Sprache völlig falsch einsetzte.  „Ich würde mir wünschen, dass Werbeagenturen mich bei solchen Sachen involvieren“, so Money Boy in einem Interview mit der Plattform Online Marketing Rockstars. „Ich könnte sicherlich helfen, dass die Sachen nicht so uncool werden, wie die, die es bisher gab.“

Auch wenn die Sparkasse, Burger King und sogar der Duden Verlag  es besser machen, ist wie bei allen Jugendsprach-Hypes Vorsicht geboten. Laut einer aktuellen Yougov-Studie ist die Mehrheit der Befragten vom Vong-Trend inzwischen genervt und hält die Verwendung in der Werbung für unangebracht. Gerade seriöse Branchen wie Banken und Versicherungen sollten nach Meinung der Verbraucher die Finger davon lassen. „Ich kann eine Werbung in Jugendsprache erst dann ernst nehmen, wenn sie ihre Kunden auch mit "Du Hurensohn" anspricht“, bringt Twitter-Nutzer Kurt Prödel das Problem auf den Punkt. Wer die Sprachbox der Pandora dennoch öffnen möchte, sollte sehr selbstkritisch prüfen, ob Produkt und Sprache zusammenpassen. Darüber hinaus ist eine enge Zusammenarbeit mit der Zielgruppe ratsam. Es muss ja nicht immer gleich Money Boy sein. Auch im Social-Media-Team der Frankfurter Polizei sitzen offensichtlich ziemlich smarte Schlaucops vong Witzigkeit her.

Mehr zu Jugendsprache in der Werbung lesen Sie im Fachartikel "Fail oder Fame: Jugendsprache in der Werbung".

Quellen:

www.omr.com

www.yougov.de

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