Mittlerweile haben hierzulande viele Marketing-Verantwortliche Ihre Erfahrungen mit schnellen, kostenlosen Social-Media-Monitoring-Tools (SoMeMo-Tools) wie Social Mention oder Addict-o-matic gemacht und eine gewisse Ernüchterung erlebt: Man findet zwar einiges, aber irgendwie bringt es nicht so richtig weiter. Warum eigentlich?

Kurze Antwort: This is not America. Etwas ausführlicher: Viele interessante Diskussionen finden hierzulande eben gar nicht auf Facebook oder Twitter statt, sondern beispielsweise in Foren oder in den Kommentarspalten der großen Medien. Viele der kostenlosen SoMeMo-Tools sind auf diesem Auge jedoch blind: Die meisten Quellen werden einfach nicht abgefragt. Auch funktioniert die Einschätzung der Tonalität und der aktuellen Themen diesseits der Sprachgrenze meist nicht besser als zufälliges Raten.

Zur Orientierung: Im „Social Media Monitoring Tool Report 2012“ untersuchte Goldbach Interactive diesen Sommer 200 SoMeMo-Tools anhand verschiedener Kriterien, darunter Quellenabdeckung, Engagement und Reporting. 15 Tools wurden dabei als besonders überzeugend eingestuft. Die Finalisten sind allesamt kostenpflichtig und haben unterschiedliche Stärken und Schwächen. Daneben gibt es Full-Service-Dienstleistungsangebote, wie Reputation Control, die je nach Zielsetzung mit verschiedenen Tools arbeiten.

Um zur richtigen Strategie und somit auch zum richtigen Tool bzw. dem richtigen Dienstleister zu kommen, helfen die folgenden sechs Leitfragen:

1. Wie wichtig ist Reputation für das Unternehmen?

Reputation hat nicht für alle Unternehmen und Marken den gleichen Stellenwert. Grundsätzlich gilt: Kann ein Kunde eine Entscheidung (z. B. über einen Kauf oder eine Kontaktaufnahme) einfach treffen, weil er alle relevanten Informationen kennt oder weil es sich um ein Low-Involvement-Produkt (ein selbsterklärendes Produkt ohne hohen Wert) handelt, spielt die Reputation eher eine untergeordnete Rolle. Muss er jedoch eine komplexe Entscheidung treffen, deren Auswirkungen für ihn wichtig, jedoch schwer zu überschauen sind, wird die Meinung anderer schnell zum ausschlaggebenden Faktor.

Weitere Anhaltspunkte für die Relevanz von Reputation sind die Art der Kundenbeziehung (direkt oder über Absatzmittler), die Größe des Marktes und die Anzahl der Marktbeobachter. Die Antwort auf diese strategische Frage bestimmt den Professionalisierungsgrad des Reputations-Managements und damit Budget und Organisationsaufwand. In Bezug auf das Social-Media-Monitoring ist sie darüber hinaus entscheidend für den Anspruch an Quellenabdeckung und Reaktionsschnelligkeit.

2. Was wollen wir wissen?

„Wir wollen wissen, was über [hier Ihre Marke] gesprochen wird.“ ist eine häufige erste Antwort. Hier lohnt es sich, genauer nachzuhaken: Geht es nur um die Marke oder auch um einzelne Produkte oder das ganze Unternehmen? Sind auch Aussagen zu Vorständen oder anderen unternehmensrelevanten Personen wichtig? Was ist mit Aussagen zu Wettbewerbern? Reaktionen auf Marketing-Aktionen und Werbung?

Und überhaupt: Wäre es nicht auch interessant zu erfahren, was Menschen über die Themen eines Unternehmens sprechen, ohne das Unternehmen selbst zu nennen? Hier schlummern oft die interessantesten Customer-Insights!

Die sorgfältige Beantwortung dieser Frage ist Pflicht. Sie bestimmt einerseits die Suchstrategie, die Suchworte und die Ausschlussbegriffe. Andererseits gibt sie die Brille vor, mit der auf die Suchergebnisse geschaut wird und bestimmt die Reporting-Struktur.

3. Wessen Äußerungen sind von Interesse?

Geht es nur um die Meinungen von Kunden und Prospektiv-Kunden oder auch um die von Mitarbeitern (aktuelle, ehemalige, Bewerber etc.)? Sind Meinungsführer und Multiplikatoren wie Blogger, Branchenkenner und Fachmedien relevant? Oder die Werbe- und Vertriebsaussagen des Wettbewerbs?

Diese Frage ist maßgeblich für die Quellenabdeckung und die Filtereinstellungen bei der Suche. Sie bestimmt das Volumen der zu sichtenden Beiträge und somit auch das Budget. Schließlich sollten die verschiedenen Verfasser-Gruppen auch im Reporting unterschieden werden.

4. Welche Sprachen sind relevant?

Geht es lediglich um Deutsch und Englisch oder sollen auch andere Auslandsmärkte analysiert werden? Die Auswahl der Sprachen ist eine der großen Stellschrauben für den Aufwand, denn sie bestimmt die Suchphrasen und Filterbegriffe sowie die benötigte Quellenabdeckung.

Noch wichtiger ist der gewählte Sprachraum für die Analyse der gefundenen Beiträge: Tools, die im englischen vielleicht eine passable automatische Tonalitäts-Analyse hinbekommen, schaffen dies in der deutschen Sprache meist schon nicht mehr. Werden für die Tonalitäts-Analyse Menschen statt Computerprogramme eingesetzt, muss der Dienstleister über Mitarbeiter mit Sprach- und Kulturverständnis auf Muttersprachen-Niveau verfügen.

Schließlich ist beim Monitoring mehrerer Sprachen zu klären, inwieweit die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Sprachräumen zu einem einheitlichen Reporting zusammengefasst werden sollen.

5. Wer soll die Informationen bekommen?

Die Frage erscheint auf den ersten Blick wie ein organisatorisches Detail, aber im Zusammenhang mit der nächsten dreht sie sich eigentlich um das „Warum“ und das „Was dann?“ der Social-Media-Analyse.

Sollen z. B. Alarm-Meldungen an eine zentrale Stelle gehen, die diese dann intern an die Verantwortlichen verteilt oder soll dies bereits durch die Software oder den Dienstleister vorselektiert werden? Welche Informationen werden dann jeweils benötigt? Diese Fragen sind wichtig, damit im laufenden Betrieb alles schnell und reibungslos funktioniert.

Bei zusammenfassenden Informationen (Dashboards, Reports etc.) ist es ebenfalls wichtig zu wissen, wer diese nutzt. Ein Produktverantwortlicher benötigt Daten in einer anderen Aufbereitung als ein Unternehmenssprecher oder ein Community-Manager.

Es lohnt sich, diese Frage vor der Auswahl und der Konfiguration von Tools zu klären, denn die Programme unterscheiden sich teilweise stark in der Visualisierung der Ergebnisse. Auch lassen sich die gefundenen Posts in der Analyse besser kategorisieren, wenn klar ist, wer mit welchem Blickwinkel darauf schaut.

6. Was wollen wir mit den Informationen tun?

Konkret sind die Reaktionen natürlich immer abhängig von der aktuellen Situation und lassen sich nicht im Vorfeld festlegen. Für die Wahl des Tools ist es aber schon relevant zu wissen, ob das Unternehmen in bestimmten Fällen direkt auf Posts antworten möchte. Wenn dann noch über mehrere Stellen kommuniziert wird (z. B. Kundenservice, Unternehmenskommunikation, Social-Media-Team), sollten die Engagement-Funktionen und das Workflow-Management der Software vor Projektstart genau geprüft werden.

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