Der Handel investiert so viel wie nie in die Verknüpfung von stationären mit digitalen bzw. mobilen Services. Während immer mehr Versandhäuser lokale Filialen errichten, bekämpft der stationäre Handel mit technischen Features seine Nachteile gegenüber dem Online-Shopping. Eine Befragung des E-Commerce-Centers (ECC) in Köln zeigt jedoch: Kunden betrachten die meisten multimedialen Services als Spielerei. Wer sein Ladengeschäft mit möglichst vielen Gadgets ausstattet, schafft nicht automatisch das gewünschte Shopping-Erlebnis.

Auf den Mehrwert kommt es an

Ist mein Wunsch-Artikel im Laden vorrätig? Wenn ich das im Internet oder auf dem Smartphone nachsehen kann, ist das ein echter Mehrwert.

Aber will ich im Laden selbst über einen digitalen Spiegel in der Umkleidekabine meine Facebook-Freunde nach ihrer Meinung fragen? Einer Studie des BearingPoint Institutes zufolge will das die vielversprechende Zielgruppe der „Pre-Millennians“. Das sind Personen, die zwischen 1980 und 1990 geboren wurden. Diese Zielgruppe ist für den Einzelhandel interessant, weil sie spontane Kaufentscheidungen trifft – online wie offline. Wenn also der Freundeskreis das neue Outfit in der Umkleidekabine „liked“, schlägt der Pre-Millennial zu.

Für den Kauf nutzt er vermutlich sein eigenes Smartphone. Einer der beliebtesten Services ist nämlich kostenloses WLAN. Kunden nutzen lieber ihr eigenes Endgerät – weil sie sensibel mit ihren persönlichen Daten umgehen. Kostenloses WLAN kommt aber auch ihren Begleitpersonen entgegen, die neben der Umkleidekabine warten und online gehen können.

Aktuell: Try and Error

Andere digitale Features wiederum werden als Spielerei empfunden. Oder sind schlichtweg noch nicht ausgereift. Ein Beispiel für so eine „multimediale Totgeburt“ sieht Fachjournalist Stephan Meixner (neuhandeln.de) bei ebay. Das Auktionshaus eröffnete in einem Bremer Einkaufszentrum einen Pop-up-Store. Nach Ladenschluss können Passanten in der weiterhin geöffneten Mall an einem digitalen Display Ware online ordern. Dafür müssen sie einen QR-Code scannen. Der Service ist also nur für Smartphone-User geeignet ist. Doch die könnten die Shopping-Seite auch direkt im Browser öffnen.

Ein Nachteil im Online-Handel: Man kann das Kleidungsstück nicht anprobieren. Mittlerweile gibt es mehrere Ansätze für eine virtuelle Anprobe. Das Unternehmen Outfittery geht noch einen Schritt weiter: Das Berliner Start-up vermisst seine Kunden per Infrarot-Technik in einem Körperscanner. Anschließend erhalten sie ihre persönlichen Maße und Größenempfehlungen. Online können sie dann entsprechende Outfits bestellen. Auf den ersten Blick ein optimaler Einsatz innovativer Technologien: statt zum Schneider zu gehen einfach kurz scannen lassen. Aber zu Ende gedacht scheint das Konzept nicht ganz. Schließlich können die Kunden mit ihren Maßen auch in jedem anderen Store bestellen.

Je stimmiger das Konzept, desto erfolgreicher

Der Münchner Multimedia-Store „Biketown“ des Fahrrad-Versandhandels Rose geht mit gutem Beispiel voran. Rose vertreibt individuell konfigurierte Fahrräder – eigentlich von Bocholt aus. In seinem Ladengeschäft in München bietet Rose eine begrenzte Anzahl Bikes. Sie repräsentieren jeweils ein bestimmtes Modell. Die detaillierte Ausstattung wählt der Kunde direkt an einem Tablet-PC. Haptik, Beratung und Erlebnis stehen im Vordergrund – genau die Aspekte, die im Online-Versandhandel zu kurz kommen. Den tatsächlichen Kauf tätigt der Kunde meistens wieder online – bei Rose selbstverständlich.

Auch das Luxuslabel Burberry setzt auf multimediale Vernetzung in seinem Londoner Flagship-Store. Dort sind Kleider mit kleinen Chips versehen. Sie setzen das jeweilige Stück beim Vorbeigehen an einem digitalen Spiegel besonders in Szene. Verkaufsberater sind mit Tablet-PCs ausgestattet. Man kann Kleidungsstücke personalisieren lassen. Und auf riesigen Leinwänden Live-Übertragungen von Modenschauen verfolgen. Durch diese Verknüpfung vom klassischen Store mit technischen Innovationen verfolgt das traditionsreiche Modelabel ein modernes Filialkonzept – und schafft damit eine Image-Verjüngung.

Mit einem wohldosierten Einsatz von neuen Technologien, die das Gesamtkonzept eines Stores sinnvoll ergänzen, begeistert der Handel am Ende auch skeptische Pre-Millennials wie mich.

Quellen:

ibusiness.de

Celko, M., Jánszky, S. (2014): Die Zukunft des Stationären Handels, Trendstudie des 2b AHEAD ThinkTanks, Leipzig; 2bahead.com/

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