Ein magischer Knopf, der den eintönigen Marktplatz in eine Action-Szene verwandelt. Scheinbar zufällig formierte Flash-Mobs, die Heimkehrer am Flughafen singend willkommen heißen. Freunde, die nachts aus dubiosen Poker-Hinterzimmern anrufen, damit man ihnen mit Geld aus der Klemme helfe. Bei guten Marketing-Stunts passieren plötzlich Dinge wie im Film. Eine gekonnt in die normale Welt eingeflochtene Inszenierung zieht Menschen in ein unbekanntes Drehbuch. Die meist versteckte Kamera folgt und lässt kleine emotionale Videos entstehen, an deren Schluss die Marke mit dem erzeugten Gefühl verbunden wird. Im Erfolgsfall werden diese Videos millionenfach angesehen und weiterempfohlen.

Erfolgreiche Stunts bringen Reichweite und Erinnerung

Dies ist auch der Grund, warum sich immer mehr Unternehmen zu mutigen Marketing-Stunts entschließen: Ein erfolgreiches Video bringt hohe Reichweite und eine besondere emotionale Qualität. Der Das-musst-Du-sehen-Effekt ist bei den ständig zunehmenden Werbekontakten immer schwerer zu erreichen. Schafft ein Video es allerdings, bleibt es auch langfristig viel besser im Gedächtnis.

Nivea hat letztes Jahr zur Einführung des neuen Stress-Protect-Deos Unwissende am Flughafen in eine Stress-Situation gebracht. Um sie herum tauchen Fahndungsfotos in der Zeitung und auf Bildschirmen auf. Umstehende fangen nach einer Warndurchsage an, skeptisch zu gucken. Als schließlich Uniformierte erscheinen, kommt die Auflösung: „Sind Sie gerade gestresst? Da hätten wir was…“. Das Video wurde bisher über 7 Mio. Mal angesehen.

Das Rezept: Spannung, Steigerung, Mut und Creative-Fit

Der Film zeigt typische Merkmale wie die dramaturgische Steigerung (hier: Zeitung, Durchsage, Fernsehen, Wachmänner). Sie hält die Aufmerksamkeit des Zuschauers mit immer neuen überraschungen. Auch typisch: Zunächst wird nur ein Fall gezeigt, um das Prinzip zu erklären, dann folgen weitere in kürzeren Schnittsequenzen.

Eine wichtige Rolle spielt die Musik, welche die Dramatik filmreif unterstützt. Auch Coca-Cola nutzte mit der letzten James-Bond-Premiere einen aktuellen Anlass und machte einen Bahnhof zum Hindernisparcours. Ahnungslose Reisende wurden von einem Getränkeautomaten aufgefordert, unter Zeitdruck den 007 in sich zu beweisen. Premieren-Tickets winkten. Der Film der Limonaden-Leute wurde auch deshalb über 10 Mio. Mal angesehen, weil er in seinen 2 Minuten vor originellen Einfällen strotzt. Auch hier hat die Musik eine entscheidende Funktion: Straßenmusiker spielen, beatboxen, leiern und singen das Bond-Thema und sorgen für Tempo und Abwechslung.

Auch Carlsberg hat unwissende Akteure mit seiner Aktion „Standing up for a friend“ vor eine schwierige Mission gestellt, auf der die Zuschauer sie begleiten. Die Aktion ist in meinen Augen perfekt, denn der entstandene Film zeigt starke Emotionen mit einem Happy End, das genau zum Markenkern und dem Claim „That calls for a Carlsberg“ passt. Das ist der entscheidende Punkt, denn andernfalls hätte man bloß ein lustiges Video gesehen, doch die Werbewirkung bliebe aus. Bei den über 7 Mio. YouTube-Nutzern, die den Film sahen, ist die Verbindung Carlsberg/Freundschaft wohl hängen geblieben.

Guerilla-Marketing macht noch keinen Stunt

Die Produktionen sind oft ziemlich aufwändig. Technik, Team, Location, Schauspieler – es lohnt sich, hier auf Qualität zu setzen. Dass es auch eine Nummer einfacher geht, zeigte Adobe anlässlich des CreativeDay letzten Sommer: Ein Bus, ein Photoshop-Hexer, ein großes Display und die nötige Dreistigkeit genügten, um Wartende an einer Bushaltestelle mit einer Live-Verfremdung ihres Fotos auf dem City-Light-Display der Haltestelle zu überraschen. Die sympathischen Reaktionen der unfreiwilligen Helden und der offensichtliche Spaß der Macher gefielen schon über 20 Mio. Menschen.

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Stunts klappen natürlich nicht immer. Die italienische Versicherung Europ Assistance Italia hat Anfang Oktober eine Aktion durchgeführt, bei der morgens ein U-Boot in einer Mailänder Altstadt-Straße aufgetaucht ist. Durch den Asphalt. Alles wurde malerisch inszeniert, die Feuerwehr kam, das Areal wurde abgesperrt, Reporter interviewten Passanten und den falschen Kapitän. Aber so richtig zündete die Aktion nicht (der vom Unternehmen hochgeladene Film wurde bisher weniger als 20.000 Mal angesehen). Meines Erachtens liegt dies vor allem daran, dass die Aktion etwas zwar Aufsehenerregendes, aber komplett „Fertiges“ präsentiert. Es gibt keine Interaktion, keine Spannung. Keinen echten Stunt eben, bei dem Menschen etwas erleben. Daneben ist die Geschichte für meinen Geschmack auch auf zu viele Bild- und Video-Schnipsel verteilt. Mal abgesehen davon, dass die Verbindung zur Marke weit hergeholt ist („Es kann alles Mögliche passieren – besser Du versicherst Dich“).

53 Millionen Mal Horror

Sehr viel besser auf den Punkt ist da der unheimliche Telekinese-Stunt in einem Coffee-Shop, der den im Oktober angelaufenen Film „Carrie“ bewarb. Hollywoodwürdige, wohlgemerkt analoge Tricktechnik lässt eine Frau einen anderen Gast mittels einer bloßen Handbewegung an die Wand schleudern und Tische verschieben sowie die Bücher aus dem Regal schreien. Der Horror in den Gesichtern der übrigen Gäste ist beeindruckend. Genau wie die Klickzahlen: Nur einen Tag nach der Veröffentlichung verzeichnete das Video bereits 5,5 Mio. Views. Inzwischen sind es mehr als 53 Millionen.

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