Neurodiversität richtig verstehen

Bereits in den 1990er Jahren entstanden, galt der Begriff Neurodiversität zunächst als Kritik an der weitläufigen Meinung, dass neurologische Diversität eine krankhafte Veränderung sei. Inzwischen wissen wir zwar bereits viel mehr über das Thema Neurodiversität, aber noch lange nicht genug. So ist Neurodiversität keine medizinisch feststehende Diagnose, sondern die Beschreibung eines Spektrums. Eines Spektrums von Menschen, die z. B. Reize nicht so verarbeiten wie neurotypische Menschen. Jeder Mensch ist gut so wie er ist, und das, was gesellschaftlich immer noch häufig als Schwäche angesehen wird, bringt sehr viele Stärken mit sich. Um dieses Spektrum zunächst einmal zu verstehen, eignet sich das folgende Schaubild. Denn unter Neurodiversität fallen deutlich mehr neurologische Auffälligkeiten, als viele wissen.

Diagramm diverser Diagnosen, die dem Neurodiversitäts-Spektrum zugeordnet werden.

Chancen in der Arbeitswelt

Laut aktuellen Studien sind 10 bis 15 % der Menschen in Deutschland neurodivers.

Bedeutet: Viele dieser neurodiversen Menschen sind auch auf dem Arbeitsmarkt aktiv und suchen Jobs, nicht selten in kreativen Berufen. Dabei stoßen sie oftmals auf Ablehnung, gerade, wenn sie mit ihrer Neurodiversität offen umgehen. Doch sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich lohnt es sich enorm für Unternehmen, neurodiverse Menschen in ihr Team zu integrieren und die Arbeitsbedingungen für sie zu verbessern.

Untersuchungen haben gezeigt, dass ein neurodiverses Team zu einer höheren Produktivität und Kreativität beiträgt. Das divergente Denken bei ADHS kann zum Beispiel zu innovativen Lösungen und erhöhter Empathie zu einem starken Teamzusammenhalt führen. Auch das hohe Maß an Loyalität kann gewinnbringend fürs Unternehmen sein.

Bei autistischen Menschen tragen die erhöhte Genauigkeit und ein tiefes Verständnis bei speziellen Wissensangelegenheiten oftmals zu einer exzellenten Organisation bei. Verschiedene Stärken in einem Team fördern die Zusammenarbeit und die Kreativität, da sich keiner hinter anderen verstecken kann oder muss. Wenn die Arbeit eines jeden Mitarbeitenden wichtig ist, dann gilt das auch für den Teamerfolg. So sind neurodiverse Teams nicht nur gesellschaftlich die Zukunft, sondern auch ökonomisch. Nicht umsonst gelten einige der erfolgreichsten kreativen Köpfe weltweit als Prototypen für Innovation und Kreativität, siehe Elon Musk, Sarah Kuttner oder Lewis Capaldi.

Produkte und Services für neurodiverse Mitarbeitende

Möglichkeiten, Menschen mit einer Neurodiversität im Arbeitsalltag zu unterstützen, gibt es viele. Und davon profitieren nicht nur die Betroffenen. Der Markt erkennt die Zielgruppe und so entstehen neue Produkt- und Service-Modelle, die in vielerlei Hinsicht zukunftsweisend sind.

Die technologischen Entwicklungen zur symptomatischen Unterstützung neurodiverser Menschen haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Betroffene holen sich bewusst Hilfe und in der Öffentlichkeit findet das Thema endlich die Aufmerksamkeit, um eine Veränderung der Wahrnehmung zu diesem Thema voranzutreiben.

Aber auch in der Personalvermittlung werden für die spezifischen Berufsbilder die Vorteile von Neurodiversität berücksichtigt:

Auticon: Ein Unternehmen, das ausschließlich Autist*innen in IT-Berufen beschäftigt und sie bei Projekten von Großunternehmen einsetzt.

Specialisterne: Eine Organisation, die Menschen mit Autismus, ADHS und anderen neurologischen Unterschieden in den Arbeitsmarkt vermittelt, insbesondere in den Bereichen Datenanalyse, Softwaretests und Qualitätskontrolle.

Loop Experience

Nicht immer ist es möglich, räumlich auf Besonderheiten einzugehen. Gehörschutz bzw. Geräuschkontrolle bieten beispielsweise Loop Experience Ohrstöpsel und das auch noch besonders stylisch.

Silent-Boxes

Ähnliche Vorteile bieten die zu Coronazeiten schon bekannten Silent-Boxes – also Bürokabinen, die Umgebungsgeräusche beinahe vollständig ausblenden können, um den Mitarbeitenden eine Rückzugsmöglichkeit oder Ruhe zu ermöglichen. Diese sind z. B. bei Lendis sowohl käuflich zu erwerben als auch ganz einfach monatlich mietbar.

OrCam Read

Auch für neurodiverse Menschen mit einer Lernbeeinträchtigung gibt es spannende Produkte auf dem Markt. OrCam Read beispielsweise ist ein KI-basiertes tragbares Lesegerät für Menschen mit Lese- und Rechtschreibschwäche oder Sehbeeinträchtigungen – das zudem auch Menschen mit fremdsprachigem Hintergrund die Integration erleichtern kann.

Flow Headset

Für Menschen, die sich aufgrund von Depressionen schwerer auf die Arbeit fokussieren können, ist das Flow Headset eine Option. Hierbei wird der Gehirnbereich, der etwas schwächer arbeitet, mit sanften elektrischen Impulsen stimuliert.

Neupulse

Zudem ist von Neupulse auch ein Armband in der Entwicklung, das Menschen mit Tourette-Syndrom das tägliche sowie das Arbeitsleben grundlegend erleichtern würde, indem es die Mediannerven stimuliert und so auch die üblichen Ticks deutlich reduzieren könnte.

Fazit

Neurodiversität ist eine Erklärung, aber keine Ausrede. In Zeiten der Umbrüche und des Fachkräftemangels bietet sich für uns sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich eine große Chance, unsere menschliche Vielfalt und das darin liegende Potenzial zu nutzen. Das verbessert nicht nur das eigene Image, sondern erhöht auch die Arbeitseffizienz nachhaltig.

Für neurodiverse Menschen geht es vor allem um Akzeptanz und Chancengleichheit. Neurodiversität kann auch mal zu herausfordernden Situationen führen. Aber ein wenig Chaos, etwas Abwechslung oder die eine Mitarbeiterin, die ihr eigenes Ordnungssystem hat – lieben wir nicht genau diese Unvorhersehbarkeiten bei unserer Arbeit? Lockert das nicht die Denkprozesse bei uns allen? Solange sich niemand benachteiligt fühlt, gewinnt am Ende immer das Unternehmen und mit mehr Neurodiversität auch unsere Gesellschaft.

Quellen:

  • deutschlandfunkkultur.de
  • hbr.org
  • deloitte.com
  • ecophon.com
  • orcam.com
  • pharmazeutische-zeitung.de

Julia ist als Assistentin der Geschäftsführung die Chef-Kümmerin bei New Communication. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie kümmert sich nämlich nicht nur darum, dem Chef den Rücken freizuhalten, sondern ist auch für zahllose interne Anliegen Ansprechpartner Nummer 1. Außerdem ist Julia unsere Expertin für Promotion, Messeorganisation und Events. Apropos Event: Zuhause managt Julia ganz nebenbei noch einen ganzen Haustier-Zoo plus Sohn. Ganz schön schnittig, Agentin Schnittger!