Für alle gedacht, aber nicht für jeden gemacht: Was bedeutet Barrierefreiheit in den sozialen Medien?

Social Media ist bereits seit langem ein zentraler Bestandteil des digitalen Lebens. Nutzer*innen informieren sich über aktuelle News, reagieren auf die unterschiedlichsten Aktivitäten aus ihrem privaten Umfeld und folgen den Empfehlungen von Influencer*innen und Unternehmen. Meta, LinkedIn und Co. stellen demnach schon lange keinen reinen Zeitvertreib mehr da, sondern nehmen maßgeblich Einfluss auf die öffentliche Meinung.

Doch während eine Vielzahl an Menschen täglich liken, kommentieren und teilen bleibt eine große Gruppe weiterhin ausgeschlossen: Menschen mit Behinderung. Für sie ist der Zugang zu den sozialen Medien häufig eingeschränkt oder nahezu gar nicht vorhanden.

Barrierefreiheit stellt auf Social Media schon lange kein technisches Add-on mehr dar. Sie schafft die Möglichkeit zur Inklusion und zählt als Menschenrecht. Durch eine barrierefreie Kommunikation in den sozialen Medien wird Teilhabe und eine gleichberechtigte Kommunikation mit der gesamten Community geschaffen, welches als Ausdruck einer inklusiven Gesellschaft – sowohl online als auch im analogen Leben – dient.

Inklusion im Netz bedeutet also, niemanden auszuschließen und Inhalte ohne Hürden zu gestalten, sodass sie für jede Gesellschaftsgruppe zugänglich sind – unabhängig von körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen. Sei es durch Design oder Sprache – im Fokus stehen Verständlichkeit, Struktur und alternative Kommunikationsformen. Wer inklusiv postet, leistet somit einen aktiven Beitrag für Gleichberechtigung und Miteinander.

Die Grundlage von inklusiven digitalen Angeboten bilden international die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die von der W3C entwickelt wurden. Zudem regelt die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) die konkrete Umsetzung. Das ab Juni 2025 in Kraft tretende Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sorgt zudem für die breite Integration von inklusiven Inhalten in jeglicher digitalen Form. Entsprechend ist die Umsetzung von Barrierefreiheit keine Frage der Moral, sondern auch gesetzlich relevant – insbesondere für Unternehmen, Organisationen und Behörden.

Welche Barrieren gibt es auf Social Media?

Trotz zahlreicher Bemühungen seitens der einzelnen Social-Media-Plattformen, wie Meta, LinkedIn, X oder YouTube, bestehen weiterhin einige Stolpersteine hinsichtlich barrierefreier Kommunikation auf Social Media:

  • Bilder ohne Alt-Texte: Blinde und sehbehinderte Nutzer*innen sind auf sogenannte Alternativtexte (Alt-Texte) angewiesen, um die Inhalte der Medien zu erfahren. Mithilfe von Screenreadern werden dargestellte Motive vorgelesen und für eingeschränkte Personengruppen zugänglich gemacht. Durch das Fehlen von Alt-Texten in Beiträgen, bleibt der Inhalt der Beiträge für blinde und sehbehinderte Menschen somit schlichtweg unverständlich.
  • Videos ohne Untertitel: Gehörlose Menschen oder Personen mit einer auditiven Einschränkung sind auf Untertitel in Videos angewiesen. Weiterhin werden viele Videos auf Social Media jedoch ohne diese Hilfe veröffentlicht und schließen somit eine große Nutzer*innengruppe aus – aufgrund der nicht vorhandenen Verständlichkeit der Inhalte.
  • Unklare Sprache und visuelle Überforderung: Grelle Farben, wenig Kontrast, Textüberlagerungen oder lange, unverständliche Romane – insbesondere Personen mit kognitiven Einschränkungen oder Lernschwierigkeiten haben häufig Probleme beim Zugang von inhaltlich komplexen Beiträgen, welches zu einem erschwerten Verständnis der Inhalte führt.
  • Fehlende Bedienhilfen: Die Steuerung der Plattformen durch Tastatur und Sprache ist bislang nicht bei allen sozialen Netzwerken gegeben. Menschen mit motorischen Einschränkungen stoßen hierbei oft an ihre Nutzungsgrenzen, wodurch ihnen der uneingeschränkte Zugang zu den Inhalten auf Social Media verwehrt wird.

Wie mache ich meine Social-Media-Inhalte barrierefrei?

Wie der Einblick in die bestehenden Hürden auf Social Media zeigt, liegen zwar nicht alle, aber viele Punkte bereits bei den Creator*innen und Unternehmen, mit denen aktiv für einen inklusiven Feed und das Recht auf Teilhabe gesorgt werden kann. Folgende kleine und bewusste Entscheidungen, die mit einem überschaubaren Aufwand einhergehen, sollten bei der zukünftigen Gestaltung von Social-Media-Postings getroffen werden, um langfristig mehr Barrierefreiheit auf Social Media zu erreichen:

  • Alt-Texte für Bilder formulieren: Präzise Beschreibungen, was auf dem Bild passiert, werden als Alternativtexte hinterlegt. Das Pflegen der Inhalte ist beispielsweise bei Meta sowohl in der mobilen als auch in der Desktop-Variante möglich. Hierbei sollte auf unnötige Formulierungen, wie „Bild von…“ verzichtet und sich vornehmlich auf das Wesentliche beschränkt werden. Bei Textgrafiken sollte der Inhalt vollständig transkribiert werden. Besonders mit Blick auf „Content first“, der auf Social Media immer weiter zum Tragen kommt, ist eine starke Priorisierung der bildlichen Inhalte zu erkennen und Bildbeschreibungen rücken in den Hintergrund. Aussage und Kontext werden vornehmlich durch das Medium transportiert und relevante Inhalte in der Beschreibung vernachlässigt. Aus diesem Grund ist die Verwendung noch relevanter, um den gesamten Inhalt des Postings nachvollziehbar und zugänglich abzubilden.
  • Videos untertiteln oder transkribieren: Videos mit Sprache sollten zukünftig immer mit Untertiteln einhergehen. Wichtig ist hier, native Untertitel zu verwenden und auf nachträglich eingefügte Textgrafiken zu verzichten. Neben der Unterstützung der Barrierefreiheit kann diese Funktion auch für Menschen ohne Einschränkungen von Bedeutung sein. Durch das Betrachten von Social-Media-Inhalten in den unterschiedlichsten Situationen (im Bus, im Wartezimmer oder vielleicht sogar im Büro – als Social-Media-Manager*in) ist es häufig nicht möglich, Videos mit Ton zu betrachten. Mithilfe von Untertiteln werden Videos ganzheitlich einfacher zu konsumieren, welches zu einem grundlegend besseren Nutzer*innen-Erlebnis führt.
  • Einfache Sprache nutzen: Lange Phrasen und schlaue Fachbegriffe ade. Texte, wie Bildbeschreibungen oder Profil-Informationen, sollten zukünftig klar und einfach geschrieben werden. Bei dem Einsatz von fachbezogenen Wörtern wird empfohlen, diese zu beschreiben, um das Verständnis der Texte für alle Gesellschaftsgruppen zu erhöhen. Bei längeren Texten sollte zudem mit Aufzählungen und Zwischenüberschriften gearbeitet werden, um die Inhalte visuell zu strukturieren.
  • Emojis sparsam verwenden: Emojis werden von Screenreadern laut vorgelesen (Beispiel: „grünes Herz“, „Rakete“, „lächelndes Gesicht mit Herzen“). Um den Lesefluss nicht zu stören, sollten die kleinen Bild-Elemente bewusst und nicht zu häufig eingesetzt werden. Zudem sollten Emojis, wenn sie eingesetzt werden, nicht als Ersatz für Wörter genutzt und am Ende des Satzes platziert werden, um Verwirrung zu vermeiden.
  • Hashtags leserlich gestalten: Auch bei Hashtags spielt die Leserlichkeit eine wichtige Rolle. Damit Screenreader die Wörter korrekt trennen und wiedergeben können, wird empfohlen, auf die Großschreibung innerhalb des Hashtags zu achten (Beispiel: #NewCommunication und #SocialMedia anstatt #newcommunication und #socialmedia). Diese Schreibweise sorgt nicht nur für eine bessere Spracherkennung von Assistenzsystemen, sondern auch für ein leichteres Lesen.
  • Guter Farbkontrast und Schriftwahl: Bei der Verwendung von Farben sollte immer auf einen hohen Kontrastwert geachtet werden – vor allem bei Text über Bildern. Auch die Größe des Textes (mindestens 16 px) spielt eine tragende Rolle: Kleine Wörter in einer hellen Schriftfarbe auf einem hellen Untergrund kann für Personen mit visuellen Einschränkungen schwer zu erkennen sein. Zuletzt unterstützen klare, serifenlose Schriften die Zugänglichkeit.
  • Barrierearme Links und Call-to-Actions: Durch die Verwendung von aussagekräftigen Linktexten, wie zum Beispiel „Zum Fachartikel zum Thema Barrierefreiheit auf Social Media“ statt „Jetzt lesen“ wird das Verständnis über die folgende Weiterleitung erhöht. Dieses ermöglicht es den Nutzer*innen, nachzuvollziehen, auf welche Seite der Link führt und verbessert somit, insbesondere bei der Verwendung von Screenreadern, die Leserlichkeit.

Zusammengefasst gilt: Weniger ist oft mehr. Ein strukturiertes Posting und ein aufgeräumtes, verständliches Profil hilft nicht nur Menschen mit Einschränkungen, sondern kommt der gesamten Leserschaft zugute – und wirkt darüber hinaus professionell und vertrauenswürdig.

Warum sich Barrierefreiheit lohnt – für alle

Mit dem in Kraft treten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes ab Juni 2025 erhält die digitale Barrierefreiheit immer mehr an Relevanz. Parallel entwickeln sich Netzwerke und Plattformen technisch rasant weiter: KI-generierte Beschreibungstexte, automatisierte Untertitel und allgemein zugänglichere Oberflächen machen den Einbau von inklusiven Inhalten immer leichter.

Doch Technologie alleine reicht bislang noch nicht aus, um allen Menschen ein Mitmachen auf Social Media sowie eine digitale Gleichberechtigung zu ermöglichen. Einige Communities, wie etwa die Initiative #barrierefreiPosten, gehen mit gutem Beispiel voran und zeigen, wie hürdenloses Social Media auszusehen hat.

Barrierefreiheit bedeutet aber nicht nur, Kommunikation für Minderheiten zugänglich zu machen. Barrierefreiheit auf Social Media bedeutet, Kommunikation für alle Menschen verständlicher, greifbarer und vor allem nutzbarer zu machen. Ein weiterer, positiver Aspekt aus Sicht der Marketing-Brille: die Reichweite, Auffindbarkeit und Interaktionen von barrierefreien Social-Media-Postings können steigen. Durch die Platzierung von Alt-Texten und die strukturierte einfache Sprache werden Beiträge besser von Suchmaschinen gefunden. Darüber hinaus werden beispielsweise Videos mit Untertiteln häufiger vollständig angesehen, da das Verständnis des Videos auch ohne Ton möglich ist, wodurch die Wahrscheinlichkeit von Teilungen und Reaktionen steigt. Gleiches gilt für barrierefreie Bild-Beiträge. Zuletzt zeigen Unternehmen, die auf die Verwendung von barrierefreien Inhalten setzen, eine grundlegend soziale Verantwortung und stärken so ihr Image.

Also: Barrierefreie Social-Media-Inhalte sind wichtig für die Gesellschaft – und für das Marketing. #InklusionJetzt

Quellen

talentplus.de

barrierefreiposten.de

malteser.de

barrierekompass.de

dbsv.org

barrierefreiheit.dh.nrw

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Mareike ist Beraterin für digitale Kommunikation bei New Communication. Quizfrage: Was haben ein Fußball-Bundesligist, ein Getränkehersteller und ein Festival gemeinsam? Richtig: grölende Fans. Noch richtiger: Mareike. Denn die Social-Media-Expertin hat bereits die Kanäle aller drei betreut – und ordentlich nach vorn gebracht. Und weil die Brunch- und Café-Liebhaberin neben ihrer Social-Expertise auch sozial ein ziemlicher Gewinn ist, reihen wir uns gern in den Jubel ein und freuen uns, dass wir sie bei uns haben.