Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und einzelne Menschen gehen spürbar anders an das Thema Umweltschutz heran als noch vor wenigen Jahren. Wir befinden uns mitten in einem Wandel. Und eine der Prämissen ist, dass bewusstes Denken und nachhaltiges Handeln zunehmend zur Notwendigkeit werden. Dass Nachhaltigkeit bei den meisten Unternehmen, und sei es nolens volens durch gesetzliche Regulierung, angekommen ist, darf man inzwischen getrost annehmen.

Unternehmen verwenden nachhaltige Materialien, fördern Wiederaufforstung und andere Nachhaltigkeitsprojekte und unterstützen die regionale Wirtschaft. Mögen die Taten nobel und die Absichten auch ehrlich sein – Nachhaltigkeit stellt Unternehmen kommunikativ vor eine neue Herausforderung: Die Zielgruppen werden immer kritischer und geben sich nicht mehr nur mit schönen Worten zufrieden. Wie erreicht man also kritische Zielgruppen? Wie kommuniziert man seine Nachhaltigkeitsbemühungen? Und wie sticht man aus der neuen Flut an grüner Kommunikation heraus?

 

Auf Taten folgen Worte

 

Wir alle kennen es und wenn wir ehrlich sind, ist es ein alter Hut: Produkte mit dem Etikett 100 % vegan, klimaneutral oder Fairtrade. Hinweise, dass weder BPA noch Mikroplastik, Aluminium oder Palmöl enthalten ist, sind ähnlich, wie ein Werbeversprechen, dass ein Erzeugnis kein Arsen enthält. Bei immer kritischer werdenden Zielgruppen und der Fülle an Waren, die mit der Abwesenheit von Gift oder einer nicht allzu schädlichen Produktion werben, muss man sich schon etwas anderes einfallen lassen, um zu überzeugen und zu punkten.

Nachhaltig handeln und Nachhaltigkeit kommunizieren sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Handelt ein Unternehmen nachhaltig und hat es eine beneidenswerte CO₂-Bilanz, sollte das natürlich kommuniziert werden. Doch natürlich reicht es nicht, sich das Label ‚nachhaltig‘ anzuheften. Hier braucht es eine glaubwürdige, vielfältige und zielgruppengerechte Kommunikation, die für das Gesagte auch handfeste Belege liefert. Die aber auch komplexe Sachverhalte verständlich macht. Die Inspiriert. Zum Nachdenken anregt. Heraussticht.

Sind wir hier auf der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau unter den Methoden für die Nachhaltigkeitskommunikation? Ein wenig scheint es so, denn die Anforderungen sind hoch, die Ziele vielschichtig. Wie gut, dass es eine altbewährte Methode gibt.

Aktivieren und Inspirieren

Eine gute Story wirkt nachhaltiger als eine faktenbasierte Argumentation. Eine falsche gut erzählte Story schlägt reale und langweilig erzählte Fakten. Die bloße Kommunikation von Fakten reicht nicht aus, um zu begeistern und zum Nachdenken anzuregen und zu überzeugen. Die emotionale Komponente kommt hinzu, wenn wir Geschichten verwenden. Geschichten können komplexe Zusammenhänge verständlich und greifbar machen. Geschichten thematisieren Werte und transportieren deren Bedeutung. Sie schaffen ein Potenzial der Identifikation und können zum Überdenken des eigenen Handelns inspirieren. So können Unternehmen Botschaften in Herz und Hirn des Publikums verankern. Und: An Geschichten erinnern wir uns.

Zu jeder guten Geschichte gehören Hauptpersonen, Ereignisse oder Probleme, die bewältigt werden müssen und natürlich eine Lösung. Aber nicht sofort. Denn eine gute Story braucht einen Wendepunkt. Unser Gehirn neigt dazu, Negatives höher und Positives niedriger zu bewerten – ein Überlebensmechanismus als Resultat unserer Evolution, um uns für Gefahren zu sensibilisieren. Denn unser Gehirn schüttet mehr Endorphine aus und wir sind automatisch glücklicher, wenn wir Widerstände überwinden, als wenn sich diese Herausforderungen nie ereignet hätten. Es muss zunächst dramatisch werden, bevor das Happy End folgt.

Fürs Storytelling heißt das: Es braucht einen Schurken, den es zu besiegen gilt. Das kann der Klimawandel, der innere Schweinehund, der Widerstand gegen wirksame Umweltschutzmaßnahmen sein. Geschichten, die rosarot gefärbt sind und nur die positiven Seiten des Unternehmens (und seiner stets erfolgreichen Nachhaltigkeitsbemühungen) kommunizieren, sind schlicht unglaubwürdig. Vor dem erfolgreichen Ausgang brauchen wir also einen Konflikt. Hat ein Unternehmen beispielsweise seine CO₂-Emissionen halbiert, könnte es die Schwierigkeiten auf dem Weg dahin thematisieren, um am Ende das hart erkämpfte Ergebnis zu präsentieren.

Storytelling weckt Emotionen und wirkt aktivierend: Wir hören zu und befassen uns mit der gegenwärtigen Thematik. Wir denken über Handlungsoptionen und Moral nach. Und im besten Fall begeistert uns eine gut erzählte Story für eine Idee oder einer Marke. So möchte ein Unternehmen nicht nur seine Erfolge im Kampf gegen Emissionen vermitteln, sondern zum Handeln aufrufen.

Die Kraft des Storytellings besteht darin, dass Menschen sich in Geschichten wiedererkennen und die Inhalte verstehen. Selbst wenn es keine Alltagsgeschichten sind und sie in einer Fantasiewelt spielen, verstehen Menschen die der Story zugrundeliegenden Zusammenhänge, Wirkmechanismen und vor allem den Sinn. Wir verstehen, worum es in Geschichten über einen weit entfernten, von großen blauen Aliens bewohnten Planeten geht. Oder in Filmen mit kleinen gelben Wesen, mit wahlweise einem oder zwei Augen. 

Identifikation nach innen und außen

Jegliche Veränderung im Unternehmen erfordert Kommunikation – auch und zunächst vor allem nach innen. Auf allen Ebenen des Unternehmens sollten die Teammitglieder in die Umstrukturierungsprozesse einbezogen werden, mit dem Ziel, Verständnis und Unterstützung für diese Veränderungen zu generieren. Das Thema Nachhaltigkeit bildet hier keine Ausnahme. Egal ob Nachhaltigkeitsbemühungen von einem Teil der Belegschaft selbst kommen oder durch das Management beschlossen werden, wichtig ist, alle mitzunehmen.

Mit Storytelling kann das umso besser gelingen: Eine gute Geschichte, die den einzelnen Menschen berührt und in der er sich wiedererkennt, fördert das Verständnis für die Bemühungen des Unternehmens für mehr Klimaschutz. Sie stärkt aber auch die Identifikation mit dem Unternehmen und seinen Zielen. Nachhaltigkeitskommunikation ist eben nicht nur ein To-do auf der Liste der Marketingabteilung. Sie ist eine ganzheitliche Aufgabe.

Ist es einem Unternehmen mit der Nachhaltigkeit ernst, geht es nicht mehr nur darum, Anspruchsgruppen zufriedenzustellen. Sondern eine Botschaft zu senden, die möglichst viele erreicht und zum Umdenken bewegt. 

Storytelling wird zum Storyliving

Wenn ein Unternehmen spannend und glaubwürdig von seinen Nachhaltigkeitsaktivitäten und -erfolgen zu erzählen weiß, ist schon viel gewonnen. Zeit, einen Schritt weiterzugehen und aus Storytelling Storyliving zu machen. Denn Zielgruppen wollen Taten für sich sprechen sehen. Hier geht es umso mehr darum, lebendig und authentisch von Taten und Handlungsoptionen zu erzählen, von Geschichten hinter den Produkten und ihrer Entstehung, aber auch von Hürden und deren Überwindung, von Taten und Aktionen des Unternehmens, die nach innen und außen für ein Umdenken mobilisieren.

Storytelling ist keine kommunikative Neuentdeckung. Doch gerade für den Bereich der Nachhaltigkeitskommunikation sollte sie wiederentdeckt werden. Denn es geht nicht nur darum, aus der Masse der Fairtrade-, Bio- und Klimaneutral-Slogans herauszustechen. Sondern um nichts Geringeres als die Zukunft. Wenn das keine große Geschichte ist.

Quellen:

wissenschaftskommunikation.de
simpleshow.com

 

Nelly ist Expertin für Corporate Language, Publikationen und Public Relations bei New Communication. Außerdem ist die ausgebildete Journalistin Pressesprecherin der Agentur. Theoretisch könnte Nelly ihre Pressekonferenzen auch auf Englisch, Russisch oder Spanisch halten. Spricht sie nämlich alles. Theoretisch könnte sie dabei auch singen und tanzen. Kann sie nämlich auch. Natürlich wäre das albern. Aber wir wollten einfach nur mal kurz damit angeben, wie toll unsere Nelly ist.

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