Ok, wir kommen nochmal rein: Wir müssen aufhören, so viel neu zu kaufen. Denn (wenig überraschend) freuen sich die wenigsten, wenn ein Produkt kaputt geht. Auf die „Sollbruchstelle“ ist niemand scharf. Und auch wenn Unternehmen so mehr verkaufen, ist es doch ein schmaler Grat. Wie lange sollte ein Produkt halten, dass es beim selben Unternehmen wieder gekauft wird? Gibt es – kurz nach Ablauf der Garantie – den Geist auf, tut man eher der Konkurrenz statt den eigenen Verkaufszahlen einen Gefallen.
Und dann wäre da noch die Nachhaltigkeit. Auch Unternehmen haben verstanden, dass bestimmte Ressourcen endlich sind. Und damit meinen wir nicht nur Benzin für Autos. Sondern auch Lithium für Smartphones. Oder Platin für Laborgeräte.
Und immer wieder Watzlawick
Wenn auch du dich wie viele andere spätestens seit dem Studium von Watzlawick verfolgt fühlst, ist dieses Trendspot-Magazin auch kein Zufluchtsort: Man kann nicht nicht kommunizieren. Das Schweigen von Unternehmen ist auch eine Botschaft. Von Unternehmen wird heute mehr erwartet als gute Produkte und Dienstleistungen. Mission Statements sollen gelebt und klarer kommuniziert werden, denn die Zielgruppen wollen Haltung sehen. Und mehr noch – sie muss glaubhaft sein. Gleichzeitig lassen sich Menschen von Greenwashing nicht mehr so leicht täuschen. Ein gepflanzter Baum pro Kauf lockt niemanden mehr hinterm Ofen hervor.
Das kenn ich doch?!
Es muss ja nicht immer ein neues Produkt sein. Kreislaufwirtschaft ist im Mainstream angekommen. H&M nimmt getragene Klamotten zurück, Apple vergibt Rabatte beim Tausch von Alt gegen Neu. Und manche Unternehmen helfen, geliebte Kleidungsstücke zu reparieren und gehen dafür Kooperationen ein. So zum Beispiel die Slow-Fashion-Brand ARMEDANGELS und Mended. Neben diesen Services bietet das Unternehmen Patagonia auch Hilfe zur Selbsthilfe an – auf ihrer Website zeigt ein Mann vom Typ Holzfäller, wie man leicht den Knopf einer Jeans anbringt, Bügelflicken aufträgt oder ein Loch in einem Pulli stopft. Wer eher eine langsame Schritt-für-Schritt-Anleitung mag, wird auf die Seite ifixit verlinkt. Dort finden sich auch direkt Links zu benötigtem Werkzeug. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern auch ziemlich clever. Erleben wir doch so auch den IKEA-Effekt und bauen mehr Bindung zu unserem Kleidungsstück und der Marke auf.
Product as a Service
Zugegeben, diesen Trend haben wir schon 2019 vorhergesagt. „Quantenwirtschaft“ lautete das Zauberwort. Der norwegische Philosoph Anders Indset geht davon aus, dass Verbraucher*innen zu Gebraucher*innen werden. Und genau das versprechen Reparaturservices, Upcycling und Co. Der Konzern Philips versprach: Wir verkaufen künftig nicht mehr Glühlampen, sondern Licht. Das Unternehmen Signify tut heute genau das: Licht zur Miete mit Produkten von Philips.
Dieser Ansatz wird heute von Abo-Modellen auf die Spitze getrieben. Niemand muss ein Fahrrad kaufen – man kann es einfach abonnieren. Fährt man es im Winter nicht, lässt man das Abo ruhen. Hat man einen Platten, wird es repariert oder ausgetauscht, und das ohne Zusatzkosten.
Ein weiterer Vorteil: Bei Abo-Modellen erhält man mehr Informationen über die Kund*innen und kann Cross-Selling-Maßnahmen oder Treueaktionen gezielter einsetzen. Nebenbei ergeben sich spannende Insights für die Produktentwicklung.
Diese Art der Dienstleistung macht Kund*innenbindung leicht – vorausgesetzt, der Service ist gut und Kund*innen werden entsprechende Kontaktmöglichkeiten, Beratung und Support geboten.
Weniger Käufe – höhere Kund*innenbindung?
Wie passt das zusammen? Käufer*innen haben weniger Kontakt zum Unternehmen – es muss nichts neu erworben werden. Und dennoch baut sich eine Bindung auf. Man teilt Werte. Und greift im Fall des Falles auf die Ressourcen und Netzwerke des Unternehmens zurück. Wer nicht weiß, wie man ein Loch stopft, bekommt eine Anleitung an die Hand. Wer es nicht kann oder die Zeit nicht investieren möchte, wird an einen Service vermittelt.
Zusammen retten wir die Welt
Die Botschaft ist so einfach wie genial. Unternehmen appellieren an unser „Du willst doch auch den Klimawandel stoppen“- Gewissen. Newsletter, kleine personalisierte Kärtchen nach dem Kauf á la „Danke, dass du mit uns die Welt ein bisschen besser machst!“ sorgen dafür, dass wir uns gut fühlen. Es war nicht nur ein Kauf. Es war eine gute Tat! Und gleich fühlen wir uns noch etwas verbundener mit unserem Produkt, gehen sorgsamer damit um und kümmern uns darum, dass es lange, lange hält.
Treue Seelen gesucht
Und das ist sogar ziemlich schlau. Wenn sich Konsument*innen wie Unternehmen besser um elektronische Geräte, Kleidung und andere Waren kümmern und diese lange im Einsatz sind, schont das unsere globalen Ressourcen. Noch funktionale Produkte von nicht nachhaltig agierenden Unternehmen sollten wir deshalb natürlich trotzdem nicht wegwerfen.
Unternehmen hingegen tut es gut, auch mal so über den Tellerrad zu schauen. Sie machen durch nachhaltige Aktionen, Services und Modelle von sich reden, schaffen eine Community, die zu ihnen hält. Und können Vorreiter*innen und gutes Beispiel sein für andere Unternehmen, die diesen Schritt noch nicht gewagt haben.