Sprache, Kultur und die verschiedenen Communitys der sozialen Medien spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Verbreitung der Jugendsprache und ihrer verschiedenen Gesichter. Keine Social-Media-Plattform ist näher an der Jugend als TikTok. Kein Wunder. Über 40 % der Nutzer*innen auf der Plattform sind zwischen 16 und 24 Jahre alt.

Suchtfaktor: Algorithmus

Während Millennials noch mit MSN, ICQ und vielleicht MySpace aufgewachsen sind, ist die Gen Z (und Alpha) längst permanent „on“. Laut Studien nutzen 93 % der ab 10-Jährigen soziale Netzwerke durchschnittlich eineinhalb Stunden pro Tag.

Und wer einmal den TikTok-Algorithmus kennengelernt hat, weiß: Eineinhalb Stunden fühlen sich schnell wie fünf Minuten an. Der Feed ist fein auf Nutzer*innen zugeschnitten. Viraler Content wird gepusht und immer wieder auf den kleinen Bildschirm gespielt. Damit gehen die Kurzfilme und dessen Inhalt nicht nur ins Gedächtnis, sondern irgendwann auch in den Wortschatz über. TikTok wird zur Sprachschule. Ganz ohne Hausaufgaben.

In 15 Sekunden zum Sprachtrend

Eine entscheidende Rolle spielt das Content-Format auf TikTok. Sprache ist hier nicht nur Begleittext, sondern ein Stilmittel. Aus der Sicht von Jannis Androutsopoulos, Professor für Linguistik des Deutschen und Medienlinguistik an der Universität Hamburg, werden auf TikTok mehrere Effekte miteinander kombiniert, die entscheidend für den Sprachgebrauch sind.

„Ohne Zweifel ist es eben ihre TikTok-spezifische Viralität. Diese TikTok-Trends wird man in erster Linie nicht lesen, sondern hören und schauen, und das könnte ihren Übergang von der Social Media-Performance in die gesprochene Alltagssprache schon begünstigen. Zudem hat TikTok neue Features eingeführt, die schwerpunktmäßig mit Sprechsprache und Konversation arbeiten, insbesondere Duetts, Voice-overs und KI-unterstützte Stimmen“.

Creator*innen geben den Ton an

Social creates Culture. So viel ist sicher. Aber genauso bedeutend sind einzelne Persönlichkeiten, die teilweise ganze Generationen prägen.

Anfang der 2000er waren es Bushido, Fler und Co., die mit ihren Rap-Texten eine ganze Generation und ihre Sprache prägten. Heutzutage haben Creator*innen auf TikTok einen vergleichbaren Einfluss.

Generell verfügen Creator*innen auf Social Media mittlerweile über einen so großen Einfluss, dass Einzelpersonen den Sprachgebrauch und damit sogar die Kuratierung der Jugendwortwahl beeinflussen können. Ein Beispiel dafür ist die TikTok Creator*innen Kimisinamood.

Die Berlinerin hat 22,4 Millionen Follower*innen auf der Plattform und postet erfolgreich Unterhaltungscontent. Dabei begeistert ihre Zuschauerschaft nicht nur, sondern etablierte auch eine bestimmte Art und Weise zu sprechen, die von ihrer Community aufgegriffen wird und sich in ihren Sprachgebrauch integriert.

Ihre tiefe Stimme, das liebevolle „Schatz“ und ein Schnalzgeräusch, das so ikonisch ist, dass man es fast als akustisches Logo bezeichnen könnte, haben ihren Weg in den Alltag ihrer Follower*innen gefunden.

Ein weiteres Beispiel ist Creator Konygebony. Durch seine provokanten Aussagen und Videos polarisiert er und fällt er auf. Ebenso wie seine Sprache. Wörter und Phrasen wie ,,motion‘‘, ,,say less my gigolo‘‘ oder ,,cosmopolitano‘‘ setzt er in einen individuellen Kontext und verbreitet seinen ganz eigenen Slang über die Kurzvideos. Seine junge Community feiert ihn unter anderem genau dafür.

TikTok Speech im Marketing – unsere Empfehlung

Der dynamische und kontextabhängige Einsatz von Sprache auf TikTok stellt für viele Marken und Unternehmen vor Herausforderungen. Wie kommunizieren wir mit der Gen Z – ohne cringe zu sein?

Um eine langfristige Beziehung zu jungen Zielgruppen aufbauen zu können, ist es für Marken entscheidend, die sich ständig verändernde Sprache innerhalb der Communitys zu beobachten und sich gelegentlich geschickt und mit viel Gespür einzubringen. Dabei ist es nicht notwendig TikTok Speech gezwungen in seinen Content einzubauen.

Viel eher sollten Marken darauf setzen, TikTok Speech punktuell in ihrem Community-Management einzusetzen. Wichtig ist dabei, dass die Kommunikation authentisch ist und zum Markenkern passt. Nur so können Marken eine engere und generationenübergreifende Bindung zu ihrer Zielgruppe aufbauen und als Teil der Community wahrgenommen werden.

Fazit: Sprachgefühl statt Sprachverwirrung

Also? TikTok ist längst mehr als nur eine weitere Social-Media-Plattform. Sie ist ein kultureller Katalysator. Wer junge Zielgruppen erreichen will, sollte nicht nur zuschauen, sondern auch zuhören. Vielleicht muss man nicht unbedingt „say less my gigolo“ sagen – aber ein bisschen Sprachgefühl im Community-Management kann durchaus Wunder wirken.

Quellen:

welt.de

horizont.net

zweidigital.de

bitkom.org

Lisa ist Junior-Beraterin bei New Communication. Lisa ist schon durch den Dschungel gewandert und hat mit Affen gechillt und viele Jahre in einem Orchester gespielt. Im wilden und lauten Agenturleben fühlt sie sich also ganz wie zuhause. Schön, dass du Teil unserer turbulenten Crew bist, Lisa!