Wenn Sie mit Ihrem Team Lösungen für Probleme erarbeiten – wie gehen Sie da vor? Warten Sie solange, bis irgendwem irgendwann eine Lösung einfällt – Modell „Betriebliches Vorschlagswesen“? Oder suchen Sie aktiv  z. B. via Brainstorming nach passenden Ideen – Modell „Toddiskutieren/Zerreden“?

Ideen: ungerichtet oder im Keim erstickt

Gemeinsam ist beiden Methoden, dass die Ergebnisse mit großer Wahrscheinlichkeit sehr zu wünschen übrig lassen werden. Denn das Betriebliche Vorschlagswesen ist zumeist ungerichtet und hat zudem eine völlig unkalkulierbare zeitliche Komponente. Brainstorming hingegen wird ungünstigerweise fast immer als Diskussion missverstanden und entsprechend ausgeübt. Brainstorming und Diskussion sind jedoch absolute Gegensätze: Ein Brainstorming ist ausschließlich der Sammlung von Ansätzen und Ideen gewidmet, während eine Diskussion jeden geäußerten Gedanken sofort zum kritischen Hinterfragen freigibt. Das jedoch ist der Tod jeder Idee – im Keim erstickt, egal welches Potential in ihr stecken mochte.

Bremsklötze im Kopf

Aber selbst wenn Sie es schaffen, äußere Kritik aus dem Ideenfindungsprozess herauszuhalten: In unserem Denken wirken Fixierungen, die uns am Bestehenden festhalten lassen und so den Weg für neue Ideen blockieren. Ein Grund, warum auch ambitionierte und offene Brainstorming-Sessions oft unter ihrem Potential bleiben. Sich vom Bestehenden nicht lösen zu können, findet gleich in drei Bereichen statt: Funktionale Fixierung, Design-Fixierung und Ziel-Fixierung. Glücklicherweise gibt es für jede von ihnen ein Gegenmittel – aber der Reihe nach.

Funktionale Fixierung

Wir nehmen Dinge häufig nur als das wahr, wofür wir sie kennen: Ein Bügeleisen glättet Wäsche, ein Bleistift ist zum Schreiben da. Reduziert auf eine Funktion für den jeweiligen Kontext ist das für die unreflektierte Bewältigung des Alltags ziemlich nützlich, denn es spart Hirnaktivität. Für die Ideenfindung ist das jedoch ein absolutes Hindernis – der eiserne Vorhang für alles Neue, Abwegige und Kreative.

Allerdings lässt sich die funktionale Fixierung einigermaßen leicht aushebeln: Mittels Sprache. Denn sobald Sie für Objekte eine allgemeinere, alternative oder synonyme Beschreibung verwenden, lösen Sie sich auch gedanklich von der einen, festgefahrenen Funktion. So wird das Bügeleisen u. a. zur „flachen Wärmequelle“ mit der man z. B. auch eine Mahlzeit erhitzen könnte. Der Bleistift wird zum „von Biomasse ummantelten Graphitstab”, der elektrischen Strom leitet oder als Mini-Fackel dienen könnte. Eine neue Definition hilft, eingefahrene Blickwinkel zu überwinden.

Design-Fixierung

Wenn ein Produkt so aussieht und funktioniert, wie Produkte dieser Kategorie nun mal aussehen und funktionieren – dann ist das ein typisches Resultat der Design-Fixierung. Wenn man vor 120 Jahren stärkere Kutschen-Zugtiere hätte entwickeln wollen, wäre man eher auf sechsbeinige Pferde gekommen, als auf den Verbrennungsmotor. Und heute? Sind Smartphones fast immer rechteckig, selten rund und nie dreieckig oder stabförmig.

Aber auch für die Design-Fixierung gibt es ein Gegenmittel: Nehmen Sie Ihr Produkt oder die Produktkategorie sehr genau unter die Lupe und stellen Sie 100 seiner Eigenschaften fest. Richtig gelesen: 100. Über diese außerordentlich intensive Auseinandersetzung offenbaren sich nämlich auch solche Merkmale, die bei einer oberflächlichen Betrachtung unentdeckt geblieben wären. Oder die man pauschal als unwichtig oder irrelevant abgetan hätte. Dabei gehen wertvolle Impulse verloren. Cabrios z. B. sind nur zu einer Seite offen – wie wäre es, wenn man unten auch eine Öffnung hätte (die natürlich mit einer bruchsicheren Glasplatte abgesichert wäre) und freie Aussicht auf Fahrbahn/Offroad/Roadkill böte?

Ziel-Fixierung

Die Vorgabe eines bestimmten Ziels macht blind für alternative Problemlösungen. Wer „abschneiden“ sagt, denkt nicht an „absägen, abbrennen, abklemmen, abflexen, abraspeln, abfrosten, absprengen, abdrehen…“. Und so wird lediglich nach einer Lösung gesucht, in der „schneiden“ eine Rolle spielt. Andere Lösungswege sind zwar vorhanden, aber aus dem gedanklichen Blickfeld verschwunden.

Wieder ist die Sprache Problem und Lösung zugleich: Formulieren Sie Ihr Ziel einfach mit einer übergeordneten Definition – in unserem Fall „entfernen“. Indem Sie gedanklich einen hierarchischen Schritt zurücktreten, öffnen Sie Ihren Blick für Alternativen. Beispiel Kuchenbacken: Wenn Sie einen Kuchen backen wollen, „haben Sie vor zu backen“, „brauchen Sie einen Kuchen“ oder vielleicht sogar irgendetwas anderes, eine Torte zum Beispiel?  Nutzen Sie Synonyme, alternative Begriffe und Überbegriffe, um Ihr kreatives Blickfeld zu erweitern.

Ideenfindung organisieren

Überlassen Sie Innovationen nicht dem Zufall und nutzen Sie das kreative Potential Ihrer Mitarbeiter optimal: Gestalten Sie den Innovationsprozess mit effizienten Methoden und Techniken. Schütteln Sie die Kreativkiller ab und generieren Sie so – outside-the-box – Ideen, Produkte und Lösungen.

Quellen:

Tony McCaffrey, Jim Pearson „Find Innovation Where You Least Expect It“, Harvard Business Manager

Brainswarming

Michael Diehl, Wolfgang Stroebe „Productivity loss in idea-generating groups: Tracking down the blocking effect“. Journal of Personality and Social Psychology

Mehr zu Ideenmanagement und Kreativmethoden lesen Sie ab Oktober im neuen Buch unseres Creative Directors Lutz Lungershausen „Kreativ! Auf Knopdruck systematisch Ideen generieren“, mitp Oktober 2017

Lutz ist Creative Director und Innovationsmanager bei New Communication. Seit Agentur-Gründung sorgt er für öffentliches Aufsehen mit wegweisenden Designs und Interfaces. Nebenbei lebt er seine Typographie-Leidenschaft aus. Definiert Corporate Designs. Leitet Kreativ-und Innovationsworkshops. Ist mehrfacher Fachbuch-Autor. Und generiert systematisch Ideen im Sekundentakt. Während Sie diesen Text lesen, waren es übrigens 15 neue.

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