Kür statt Pflicht

Du stehst an der Kasse, vor dir eine Familie mit Großeinkauf. Jemand schiebt dir den Einkaufswagen in die Hacken. Dir fällt auf, dass du Spülmittel vergessen hast. Du drängelst dich an den genervten Gesichtern vorbei und hoffst, rechtzeitig wieder zurück an der Kasse zu sein. Stress, den sich immer mehr Menschen ersparen wollen. Sofort-Lieferservices wie Flink und Wolt boomen. Studien zufolge haben 2021 bereits 12 % der Deutschen Lebensmittel online bestellt, weitere 26 % hegten Interesse daran. Tendenz steigend.

Eine ähnliche Neugier weckt auch das Smart-Home-Shopping über Alexa und Co. In den USA ermöglichen beispielsweise Walmart und Target mithilfe von Google Assistant und Siri sprachgesteuerte Einkäufe, auch Voice Shopping genannt. Was wie ein Abgesang auf den stationären Handel klingt, ist in Wahrheit eine Chance: Denn, wenn die mit der Grundversorgung einhergehenden Pflicht-Einkäufe von digitalen Assistenten übernommen werden, verbinden Menschen Shopping womöglich wieder mit Spaß und Freizeit und kehren in die Einkaufscenter und Geschäftsstraßen zurück. Dort verschlanken immer mehr Self-Checkouts und Mobile-Payment-Möglichkeiten den Kassenstress. In vielen Ländern sind darüber hinaus Geschäfte ohne Personal mit unbegrenzten Öffnungszeiten auf dem Vormarsch.

Warum gelten viele Online-Rabatte und -Codes nicht auch im stationären Handel?

Das Beste aus On- und Offline

Wünschst du dir eine Welt, in der On- und Offline-Handel nicht mehr als getrennte Lager auftreten? In der man die Produkte aus dem Online-Shop auch im Markt nebenan findet? Und an der realen Kasse die gleichen Codes und Rabatte gelten wie im Newsletter? Dann gehörst du zur stetig wachsenden Gruppe der multioptionalen Shopper* innen. Deren Forderungen nach einer Mixed-Shopping-Reality ohne frustrierende Brüche wird immer lauter. Unternehmen sind also dazu angehalten, ihr Produktportfolio und die Angebotsvielfalt zu vereinheitlichen. KI und Datenanalysetools helfen dabei, präzise Nachfrageprognosen zu erstellen.

Ein Beispiel: Wenn du ein online geshopptes Kleidungsstück im Laden zurückgibst, führt dies bei herkömmlichen Systemen zu einem verfälschten Trend. Die Retoure wurde vom Online-Shop nicht erfasst, der vermeintlich beliebte Artikel vermehrt geordert. Modernisierte Erfassungssysteme verhindern diese fehlerhafte Bestandsplanung.

Doch nicht nur der Offline-Marktplatz bekommt einen Anstrich, auch Social Commerce, also das Einkaufen auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und TikTok entwickelt sich stark. Studien zufolge wird der Anteil von Social Commerce am Gesamt-Online-Umsatz 2025 knapp 17 % betragen. Neben herkömmlichen Ads und Werbevideos werden große Live-Shopping-Events mit Influencer*innen und eigenen Produktlinien nur für Social Media erwartet. Mit dem Hype kommen aber auch Schattenseiten: User*innen äußern Bedenken beim Thema Datenschutz. Sind die Bezahlsysteme sicher? Was ist mit Datenleaks? Und wie viel gibt das eigene Profil hinsichtlich des Kaufverhaltens preis? Außerdem bleiben die Themen Nachhaltigkeit, Produktqualität und Kund*innen-Service in Social Shops oft auf der Strecke.

An der Nachhaltigkeit gespart

In der jüngsten Vergangenheit mussten nachhaltige Produkte einen Rückschlag einstecken. Die Umsätze sind 2022 in vielen Produktkategorien gesunken. Die Gründe dafür liegen nicht in der bröckelnden Moral der Konsument*innen. Pandemie, Ukraine-Krieg, Energie-Krise und die damit verbundene hohe Inflation zwingen Menschen zum Sparen. Faire und damit in der Regel höherpreisige Produkte sind bei vielen zurzeit einfach nicht drin. Der Blick in die Zukunft zeigt jedoch: Nachhaltigkeit bleibt ein wichtiges Thema, über das wieder mehr gesprochen werden muss. Ehrliche, transparente Kommunikation von Unternehmen hinsichtlich ihrer Produktionsbedingungen und Lieferketten schafft Vertrauen in Marke und Produkt zugleich. Dabei helfen Zertifizierungen und Siegel, die weiter an Bedeutung gewinnen. Immer beliebter werden außerdem Produkte mit direktem Impact: Wird beispielsweise mit dem Kauf eines sowieso schon nachhaltigen Produkts auch noch ein Baum gepflanzt, wirkt sich dies positiv auf die Verkaufszahlen aus. Apropos Impact: Geht es um große Anschaffungen, ist der Nachhaltigkeitsgedanke präsenter als bei Kleinstausgaben. Der Verkauf emissionsarmer Großgeräte wie Kühlschränke oder Waschmaschinen ist trotz Krise angestiegen.

Vielfalt und Inklusion

Die Welt ist bunt, vielfältig und inklusiv. Zunehmend auch ihre Produkte. Immer mehr Unternehmen springen auf den „Diversity“-Zug auf und weiten ihre Produktvielfalt aus. Omnisex- und Multi-Size-Mode, ganzjährige Pride-Produkte sowie Barbie-Puppen mit Down-Syndrom, im Rollstuhl, mit Arm-Prothese und in inzwischen über 30 Hautfarben sorgen für eine Auswahl, die deutlich mehr Menschen inkludiert. Lego ermöglicht es, mit seinen Braille-Bricks, spielerisch Blindenschrift zu lernen. Und Barillas Open Recipes sollen helfen, buchstäblich alle an einen Tisch zu bringen: In der Online-Datenbank finden Menschen, die aus gesundheitlichen, kulturellen oder persönlichen Gründen bestimmte Lebensmittel nicht konsumieren (können), beliebte Pasta-Rezepte wie Spaghetti Carbonara mit auf ihre Bedürfnisse angepassten Zutaten.

Bowls soweit das Auge reicht – gesunde Angebote erobern die Restaurants und To-go-Regale in den Supermärkten.

Eine Frage des guten Geschmacks

Bleiben wir beim Thema Essen. Food-Trends spiegeln aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wider. Hauptthemen sind pflanzliche Ernährung, ethischer Fleischkonsum, Betonung von Lokalität und Regionalität, die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und regenerative Landwirtschaft. Kurz gesagt: Auch auf dem Teller gehört Verantwortung zum guten Geschmack. Innovative Technologien wie das Gefriertrocknen von Obst, Microgreens oder die Forschung an immer gesünderen Fleisch-Alternativen werden in Zukunft die Vielfalt und Qualität unserer Nahrung steigern, während die Gastronomie dank Regionalität und simpler, frischer Zutatenlisten verstärkt auf Nachhaltigkeit setzt.

Fair Fashion und Quiet Luxury sind modische Statements gegen billig produzierte Massenware.

Masse und Klasse

In der Modewelt beobachten wir zwei gegensätzliche Entwicklungen. Einerseits boomen Marken, die auf „Quiet Luxury“ setzen. Bei diesem Fashion-Trend stehen teure, qualitativ hochwertige und nachhaltige Produkte im Mittelpunkt. Auf der anderen Seite erleben wir den Aufstieg asiatischer Großhändler wie Shein und Temu, die ein enormes Produktangebot, niedrige Preise und schnelllebige Trends bieten. Es wird in Zukunft interessant zu beobachten sein, wie die Modebranche versucht, den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden und wie sich die Konsumgewohnheiten weiterentwickeln. Ein erster Versuch vom Fast-Fashion-Konzern Bohooo, Kourtney Kardashian als Nachhaltigkeits-Botschafterin mit einer speziellen Kollektion einzusetzen, erntete jedenfalls überwiegend Kritik und Spott im Netz. Die Idee, Retouren kostenpflichtig zu machen, ist gut. In der Fast-Fashion-Industrie, wo der Impact am größten wäre, regt sich jedoch heftiger Widerstand. Bleibt es also bei zwei unversöhnlichen Lagern – billig vs. teuer, Reduktion vs. Masse? Das liegt nicht nur in den Händen der Modebranche, sondern auch in denen von politischen Entscheidungsträger*innen.

Fazit

Flexibilität ist planbar

Mehr Flexibilität wagen: So einfach und doch so komplex ist der Rat an Unternehmen, die den Konsumtrends nicht hinterherhinken wollen. Denn wie schon in den vergangenen Jahren bleibt die Dynamik im Konsumverhalten hoch. Unvorhersehbare Ereignisse und globale Krisen befeuern die Entwicklung. Kontrolle bieten Systemumstellungen, KI-Tools, ein wacher Blick auf Trends – und der Mut, in der eigenen Branche voranzugehen.

Quellen:

statista.de

blog.sunzinet.com

channelpartner.de

shopify.com

capterra.com.de

gfk.com

gastro-marktplatz.de

welt.de

Ilva ist Art Director bei New Communication. Die Layouts der gebürtigen Kielerin gehen unter die Haut. Nicht nur auf Plakaten und Screens, sondern im wahrsten Sinne des Wortes. Denn neben ihrer Arbeit bei New Communication zeichnet Ilva Vorlagen für Tattoos. Bleibende Eindrücke sind eben voll ihr Ding.

Marco ist Berater für digitale Kommunikation bei New Communication. Seine zwei größten Talente:  ausgezeichnete Barista- und SEO-Skills. So hat er uns vermutlich auch gefunden. Gerüchte behaupten, die Keywords #kiel und #kuchen führen direkt zu uns. Zeit, dass Marco noch ein #käffchen dazu brüht.

Heiß auf Insider-Infos?

Immer up to date: Unser Newsletter versorgt dich einmal monatlich mit brandneuen Trends und Innovationen aus der Kommunikationswelt.

Newsletter bestellen