Millimetergenau legen Unternehmen fest, wie ihr Logo aussieht. Gestaltungshandbücher, die mittlerweile dicker als der Duden sein können, bestimmen die Optik jeder möglichen Werbeform. Bei der Sprache nimmt man es oft nicht so genau: Anzeigen-Texte schreibt das Marketing, Kundenbriefe stammen aus den jeweiligen Abteilungen und den internen Newsletter verfasst die Personalabteilung. Jeder schreibt, wie er es für richtig hält – oft ohne textliches Hintergrundwissen und meist ohne verbindliche Stil-Grundlagen.

Das bleibt nicht ohne Folgen. Die deutsche Wirtschaft verliert durch komplizierte Kommunikation im Schriftverkehr jährlich etwa 1 Milliarde Euro, schätzen Experten. Denn Werbung, die niemand versteht, verpufft wirkungslos. Gleichzeitig führen missverständliche Rechnungen und Briefe zu so vielen Fragen, dass die Kosten für die Telefonzentrale der Unternehmen ungebremst in die Höhe schießen.

Eine einheitliche Unternehmenssprache spart also bares Geld. Und das ist bei Weitem nicht der einzige Vorteil:

Kampf dem Fachchinesisch

Der erste Grund, warum eine einheitliche, am Markenkern des Unternehmens ausgerichtete Sprache so wichtig ist, könnte kaum banaler sein: Meine Kunden müssen mich verstehen. Vor allem Banken, Versicherungen und Behörden neigen jedoch dazu, sich umständlich auszudrücken. Das verärgert Kunden. Viele vermuten hinter der unverständlichen Kommunikation außerdem eine Verschleierungstaktik. Sie unterstellen Versicherungen und Banken, dass sie absichtlich kompliziert formulieren und die Unwissenheit der Kunden ausnutzen. Mit einer offenen Kommunikation auf Augenhöhe können sich insbesondere Unternehmen dieser Branchen positiv von Wettbewerbern absetzen.

Die Zielgruppe im Visier

Der zweite Grund, der die Bedeutung einer Unternehmenssprache unterstreicht, ist die typgerechte Ansprache der Zielgruppe. Wäre es nicht seltsam, wenn eine junge Surfer-Marke ihre Kunden mit „Sehr geehrte Frau Mustermann“ anschreibt? Genauso unpassend wäre es, wenn die Bank, bei der man seinen Bausparvertrag unterschrieben hat, schreibt: „Hey Max, mit deinem Geld läuft’s hier bei uns.“ Diese Beispiele zeigen, wie entscheidend es ist, seine Kunden passend anzusprechen. Hier liegen viele ungenutzte Potenziale, die Unternehmenssprache zu verfeinern.

Keiner von Vielen

Der dritte Grund ist das wichtigste Marketingziel aller Unternehmen: einzigartig sein und wiedererkannt werden. Das gelingt jedoch nur, wenn man sich auf einen einheitlichen Sprach-Stil einigt. Unterscheidet sich dieser darüber hinaus noch vom Stil der Mitbewerber, ist das Ideal-Ziel in greifbarer Nähe: Das ist erreicht, wenn der Kunde das Unternehmen allein aufgrund der unverwechselbaren Sprache erkennt.

Die Unternehmenssprache: in sechs Schritten zum Ziel

Eine Unternehmenssprache entsteht nicht über Nacht. Es ist ein Prozess, der von der Vorbereitung bis zur Kontrolle durch erfahrene Experten begleitet werden sollte. Bei Dienstleistungsunternehmen und Behörden ist der Aufwand meist besonders groß. Von der Entwicklung bis Einführung vergehen bis zu drei Jahre. Ein realistisch geplanter Zeitrahmen, der vor falschen Erwartungen schützt, steht darum am Anfang jedes Corporate-Language-Projekts.

Der Mix macht‘s

In der anschließenden Vorbereitungsphase planen ein externer Experte und ein Mitarbeiter aus dem Unternehmen die weiteren Schritte. Diese Kombination verbindet internes Firmen-Wissen mit textlich-strategischem Know-how. Der Unternehmensmitarbeiter stellt ein Team aus Führungskräften aus den Bereichen Betriebsorganisation, Marketing und Personalmanagement zusammen, das ihn in den folgenden Schritten unterstützt.

Eine Sprache mit Charakter

Als Grundlage für die Unternehmenssprache dient die Identität der Marke oder der Unternehmens. Unter Leitung des externen Experten entwickelt die Gruppe daraus  in mehreren Workshop-Tagen die zukünftige Corporate Language. Die Sprache, ihre Tonalität, bevorzugte und zu vermeidende Wörter werden in einem Handbuch, das später allen Mitarbeitern zur Verfügung steht, festgelegt.

Die Sprachbibel: das Corporate-Language-Handbuch

Auf Basis dieser Regeln werden alle vorhandenen Texte überarbeitet – oft zunächst von Sprachexperten. Mitarbeitern prüfen die Texte anschließend auf Ihre fachliche Richtigkeit. Dieser Vorgang kann sich mehrfach wiederholen, bevor der finale Text steht. Oft muss in diesem Prozess das Corporate-Language-Handbuch noch einmal angepasst und um Praxis-Beispiele ergänzt werden.

Alle Mann an Bord?

Um alle Mitarbeiter ins Corporate-Language-Boot zu holen, genügt es nicht, das Handbuch zu verteilen. Schulungen mit großem Praxis-Anteil vermitteln die neuen Sprach-Richtlinien anschaulich und begeistern Mitarbeiter für das Projekt. Das ist entscheidend. Denn eine Corporate Language darf sich nicht auf das Marketing beschränken, sondern muss alle Bereiche des Unternehmens durchdringen.

Am Ball bleiben

Mystery Calls und -Mails stellen sicher, dass die Unternehmenssprache in allen Bereichen zum Einsatz kommt. Gegebenenfalls sind weitere Schulungen und Korrespondenz-Trainings nötig. Diese sollten auch für neue Mitarbeiter fester Bestandteil der Einarbeitung sein. Nur so schafft es ein Unternehmen die eigene Sprache zu erhalten und die Vorteile daraus komplett auszuschöpfen.

Ich versichere Ihnen: Es lohnt sich.

 

Quellen:

Armin Reins,  „Corporate Language – Wie Sprache über den Erfolg und Misserfolg von Marken und Unternehmen entscheidet“

Martin Dunkl, „Coporate Code – Wege zu einer klaren und unverwechselbaren Unternehmenssprache“

spiegel.de, Simple Sprache wirkt intelligenter, vom 1.11.2005

spiegel.de, Denn sie wissen nicht, was sie schreiben, Tom König vom 9.10.2012

unternehmer.de,Corporate Wording: Wie spricht Ihr Unternehmen?, Dr. Doris Doppler vom 1.9.2009

foerderland.de,Corporate Communication

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