Was das Auge mit Bildern, die Nase mit Gerüchen tut, geschieht im Ohr mit Sound: Wir verbinden bekannte Melodien, Töne und Geräusche mit Emotionen. Doch wie funktioniert das? Machen wir einen kleinen Versuch: Versuchen Sie, sich das Rattern eines Presslufthammers vorzustellen ... Hören Sie es deutlich? Gut. Jetzt versuchen Sie, sich das leicht-plätschernde Säuseln von Wellen vorzustellen. Und? Welches Geräusch hat Ihnen besser gefallen?

Test zwei: Musik. Es gibt sicher einige Musikstücke, die Sie mögen. Es gibt bestimmt auch welche, die Sie nicht mögen. Einige Vorlieben können Sie mit Ihrem Musikgeschmack begründen. Aber ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass es Lieder gibt, die Sie ohne triftigen Grund mögen? Lieder, die nichts mit Ihren musikalischen Vorlieben zu tun haben, sondern sich einfach gut anfühlen? Komisch, oder?

Gute Sounds, schlechte Sounds

Die Erklärung ist denkbar einfach: Die Verknüpfung von  gefühlt positiven und gefühlt negativen Geräuschen ist erlernt. Denken Sie noch einmal an die beiden Geräusche zurück – den Presslufthammer und die Wellen. Wer nur ein einziges Mal einen traumhaften Strandurlaub verbracht hat, wird für den Rest seines Lebens den Klang des Meeres mit dieser schönen Erinnerung verknüpfen. Der Sound wird also als positiv gespeichert. Der Presslufthammer hat uns neben seinem ohrenbetäubenden Lärm auch eine halbe Stunde Autobahn-Stau bei 30°C beschert. Das Geräusch ist damit eindeutig als negativ in unserem Erinnerungs-Archiv abgelegt. Diese Gefühle können wir übrigens nicht beeinflussen – sie sind unbewusst gesteuert.

Geschmacksprägung im Mutterleib

Die Entscheidung, ob wir bestimmte Geräusche mögen oder nicht, fällt teilweise bereits im Mutterleib. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass bereits Ungeborene Geräusche von außen erkennen, speichern und verknüpfen. Dabei erzeugt gerade Musik eine effektive fötale Erinnerung. Wenn eine Frau in der Schwangerschaft also oft Musik hört, hat diese Musik später einen hohen Wiedererkennungswert und wird im Vergleich zu anderer Musik bevorzugt.

Die Machte der Jingles

Dieses System lässt sich auch auf die Werbung adaptieren. So lernt unser Gehirn, einen Klang, ein Geräusch oder ein kurzes Liedchen mit einem bestimmt Produkt, einer Marke oder einem Geschmack zu verknüpfen. Dieser Lernprozess geht schnell. Je öfter wir einen sogenannten Jingle hören, desto tiefer brennt sich die Verknüpfung in unsere Erinnerung ein und wird dann beim nächsten Einkauf aktiv. Unbewusst und blitzschnell werden Emotionen und Bilder abgerufen und lassen uns im Supermarkt die eine spezielle Butter einpacken. Im Nachhinein können wir oft nicht begründen, warum wir uns für Produkt X und nicht für Produkt Y entschieden haben. „Schuld“ ist in vielen Fällen die fröhliche Melodie, die uns beim Anblick des Logos in den Ohren klingelte.

Gute Jingles, schlechte Jingles

Natürlich gibt es auch an dieser Geschichte einen Haken: Einen guten und passenden Jingle oder ein Audio-Logo zu kreieren ist eine hohe Kunst. Wenn eine Tonfolge nicht unseren Klang-Idealen von Sonne, Strand und Urlaub entspricht, sieht es schlecht aus für die beworbene Sonnencreme. Wichtig ist neben der richtigen Stimmung auch eine glaubhafte Verbindung zum Produkt oder der Marke. Ein Heavy-Metal-Jingle für einen Babybrei-Hersteller wäre eindeutig die falsche Richtung.

Die Entstehungsgeschichte des perfekten Audio-Logos ist oft lang. Gut gewählt ist die Macht der Musik jedoch immens. Diese lang gewachsene Verknüpfung zu kappen, ist ein mutiger Schritt. Ob er sinnvoll ist, wird man bei BMW beobachten können. Das Unternehmen ist dabei, nach 14 Jahren den Jingle zu wechseln.

Hauptgewinn: der Ohrwurm

Die Königsklasse erreichen Jingles mit Ohrwurmqualität. Während Geräusche und Tonabfolgen hier kaum glänzen können, steht die Chance für Jingles mit Text gut. Ein Ohrwurm entsteht nämlich, wenn wir ein Lied nur halb hören – zum Beispiel im Autoradio oder bei einem Fernsehspot.  Unser Gehirn kennt dieses Lied jedoch und möchte es bis zum Schluss hören. Es wird also in unserem Kopf vervollständigt und zu Ende gesungen, gesummt oder gepfiffen. Der Ohrwurm ist geboren. Meist bekommt ein Kollege von dieser Darbietung dann auch noch ein kurzes Stückchen mit. Bei ihm beginnt das gleiche Spielchen – und so weiter. Glückwunsch, wenn es der Jingle zu Ihrem Produkt ist!

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