Zurzeit vergeht kein Tag, an dem in den Medien nicht über den Fachkräftemangel und seine Folgen für die deutsche Wirtschaft berichtet wird. Das Problem ist akut – prophezeit wurde es jedoch schon lange.

Bereits im Jahr 1998 rief McKinsey & Company den „War of Talents“ aus, frei übersetzt den „Krieg um kluge Köpfe“.Die Autoren nannten diesen „Krieg“ damals eine der kritischsten und strategisch entscheidensten Herausforderungen für die Unternehmen des 21. Jahrhunderts. Zwölf Jahre später zeigt sich nun, wie recht sie hatten.

Der demografische Wandel sorgt aktuell für stagnierende und in Zukunft sogar für rückläufige Zahlen bei den Studienabsolventen. Von entscheidender Bedeutung sind dabei insbesondere die so genannten MINT-Fächer: Mathematik, Informatik sowie die naturwissenschaftlichen und technischen Studiengänge. Sie bilden für die nach Fachkräften dürstende Industrie nicht mehr genug Nachwuchskräfte aus – ganz zu schweigen von weiblichen Akademikern.

Der Verein deutscher Ingenieure (VDI) schätzt, dass den Unternehmen zurzeit allein 36.000 Ingenieure fehlen. Und nach einer neuen Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) haben derzeit 75 Prozent der Unternehmen Probleme, Stellen für Hochqualifizierte zu besetzen.

Mehr Aufmerksamkeit durch Markenbildung

Der Fachkräftemangel betrifft besonders kleinere, mittelständische Unternehmen. Sie können sich auf den ersten Blick schwer gegen die DAX-Unternehmen behaupten, die mit starken Verbrauchermarken im Rampenlicht stehen. Auch die so genannten Hidden Champions, die unbekannten Marktführer, können sich im Kampf um kluge Köpfe kaum gegen die bekannten Firmen durchsetzen. Auf dem Arbeitsmarkt sind sie immer noch eher „versteckte“ Größen“ als echte Champions.

Auf den zweiten Blick können Mittelständler und Hidden Champions diesen Problemen aber aktiv begegnen – mit dem konsequenten Aufbau einer unternehmenseigenen Arbeitgebermarke, dem Employer Branding! Ähnlich wie beim klassischen Markenaufbau geht es darum, dem Produkt, in diesem Fall dem Unternehmen als Arbeitgeber, ein klares Profil zu verleihen und dieses über alle relevanten Kanäle zu kommunizieren.

Der Arbeitgeber bewirbt sich beim Arbeitnehmer

Die Kernfrage, die es zu beantworten gilt, lautet: Warum sollte ein talentierter und hochqualifizierter Mensch sich für ein bestimmtes Unternehmen interessieren? Um diese Frage zufriedenstellend zu beantworten, müssen seine attraktiven Arbeitgebereigenschaften herausgearbeitet und bewertet werden. Dabei ist es wichtig, einerseits authentisch zu sein, andererseits aber auch die Konkurrenz im Auge zu behalten. Nur so erhält die Marke ein einzigartiges und glaubwürdiges Profil.

Am Ende dieses Prozesses steht die so genannte Employee Value Proposition (EVP). Als Äquivalent zum USP in Produktkampagnen ist sie das authentische, attraktive und besondere Kernversprechen der Arbeitgebermarke.

Herausforderung heterogene Zielgruppe

Der wohl größte Unterschied im Vergleich zum Aufbau einer Produktmarke liegt in der stark heterogenen Zielgruppe „Arbeitnehmer“. Diese Gruppe besteht sowohl aus dem 23-jährigen frischgebackenen BWL-Bachelor als auch aus dem 46-jährige Ingenieur mit 20 Jahren Berufserfahrung. Eine gleichwertige und gleichzeitige Ansprache aller potenziellen Arbeitnehmer ist hier sicherlich nicht des Rätsels Lösung.

Für eine erfolgreiche Zielgruppenansprache ist es immens wichtig, die Engpässe und Schlüsseltätigkeiten innerhalb des Unternehmens auszumachen. Dazu analysiert man zunächst den aktuellen und zukünftigen Bedarf an Mitarbeitern. Weiterhin ermittelt man die Tätigkeiten, die für den Erfolg des Unternehmens besonders wichtig sind. Dann untersucht man die Verfügbarkeit von passenden Bewerbern auf dem Arbeitsmarkt.

Den so ermittelten Tätigkeitsbereichen bzw. Funktionen im Unternehmen sollte man im weiteren Branding-Prozess besondere Aufmerksamkeit widmen. Auf diese Weise splittet man die heterogene Zielgruppe „Arbeitnehmer“ in konkrete Teil-Zielgruppen auf.

Im Folgenden tariert man die Employee Value Proposition als Kernversprechen entlang der Präferenzen der Teil-Zielgruppen aus. Bestimmte Aspekte können hervorgehoben und spezifische Vorteile des Arbeitgebers herausgearbeitet werden.

Konsequent und nachhaltig

Wichtig ist, dass die gesamte Personalkommunikation stringent von der Internetseite bis zur Personalanzeige auf die Arbeitgebermarke einzahlt. Nur so wird das neue Profil des Arbeitgebers nachhaltig geschärft.

Arbeitgeber sollten außerdem vermehrt dort präsent sein, wo sich insbesondere die junge Zielgruppe der Absolventen und Studenten wie selbstverständlich bewegt: in Social Networks.

Die möglichen Kommunikationskanäle und -ideen sind zahlreich – unverzichtbar ist jedoch ein sorgfältiger strategischer Entwicklungsprozess. Denn wer sich auf dem umkämpften Fachkräftemarkt dauerhaft zum „Employer of Choice“ entwickeln möchte, sollte seine Arbeitgebermarke gut sichtbar, attraktiv und ehrlich verpackt ins Arbeitsmarktregal legen.

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