Bei Social Media denkt man zuerst oft an private Facebook-Accounts mit Bildern von Freunden. Doch mittlerweile hat auch fast jedes Unternehmen mindestens einen Social-Media-Kanal in seine Kommunikationsstrategie eingebunden. Besonders weit entwickelt und professionalisiert ist das im Bereich der Finanzmärkte. Hier haben sich in den vergangenen fünf Jahren Anbieter wie Stockpulse, Stocktwits oder Seeking Alpha etabliert. Systematisch sammeln sie Informationen aus dem Netz und bereiten sie gezielt für einzelne Unternehmen auf.
So hat sich zwar die Informationsquelle verändert, das Motiv ist aber gleich geblieben: Kreditgeber suchen nach Daten, um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten; Investoren versuchen sich einen Informationsvorsprung zu erarbeiten. Dabei ist das Social Web zu einem wichtigen Umschlagplatz für Meinungen und Nachrichten über Unternehmen und deren Wertpapiere geworden. Investment Professionals können diese Kanäle nicht mehr ignorieren.
Die Zukunft der Investition ist „social“
Stockpulse wurde 2010 als deutsches Start-up in Leben gerufen. Die Gründer Stefan Nann und Jonas Krauß hatten zuvor Oscar-Preisträger durch Auswertungen der Kommentare in den sozialen Medien korrekt vorhergesagt. Bei Stockpulse analysieren sie nun die Stimmungen von Investoren. Täglich werden dazu hunderttausende Tweets, Kommentare, Forenbeiträge und News zu Aktien, Indizes, Währungen und weiteren Finanzmarktthemen gesammelt, ausgewertet und übersichtlich aufbereitet, um den Nutzern des Dienstes Investitionsentscheidungen zu erleichtern.
Auch das US-amerikanische Unternehmen Stocktwits ist sicher, dass die Zukunft der Investition „social“ ist und wertet dazu für seine Kunden vor allem Tweets aus. Selbstbewusst positioniert sich auch Seeking Alpha (SA): „Wer im Bereich Investor Relations arbeitet, sollte Twitter vergessen und SA zum Dreh- und Angelpunkt machen“, lautet die Ansage von SA. Auf Grundlage von Recherchen verfassen die Mitarbeiter umfassende Artikel, die Investoren wichtige Einblicke geben sollen. Bereits mehr als drei Millionen Nutzer informieren sich über dieses Portal.
Erzählen statt zählen
Die neuen Medien bringen das gewohnte Sender-Empfänger-Gefüge durcheinander: Nicht mehr der Sender kontrolliert die Kommunikation, sondern Meinungsbildner und Plattformen im Internet. Waren früher Unternehmen, institutionelle Investoren und Banken die wesentlichen Kräfte auf dem Kapitalmarkt, bekommen via Social Media auch Privataktionäre, Aktionärsvereinigungen oder Mitarbeiter einen stärkeren Anteil der Finanzöffentlichkeit und damit Macht. Unbestreitbar stellt das Web 2.0 neue Anforderungen an das Management und die Kommunikation. Entscheidend ist eine klare Strategie für den Auftritt im Social Web. Hierzu zählen neben Twitter und Facebook auch besondere Finanzseiten wie OnVista, boersengefluester.de oder auch sharewise.de. Zur Entwicklung der Strategie müssen zunächst die relevanten Zielgruppen identifiziert werden. Gleichzeitig muss ein guter Manager für Investor Relations die Themen kennen, die in Bezug auf sein Unternehmen im Social Web diskutiert werden und für Investoren wichtig sind. Wo auch im Web über das Unternehmen gesprochen wird, sollten IR-Manager zu den ersten zählen, die qualifiziert mitreden. Nicht zuletzt sollen sie ihr Wording der Umgebung abpassen. Erzählen statt zählen, lautet hier die Maxime. Nie war es einfacher, komplizierte Sachverhalte verständlich aufzubereiten, Kennzahlen zu kontextualisieren sowie Botschaften gezielt zu kommunizieren. So erzeugen IR-Manager Präferenz und machen die eigenen IR-Kanäle im Social Web zur bevorzugten Informationsquelle.
Kenne deinen Investor
Um diese Herausforderungen zu meistern und die Chancen optimal zu nutzen, bedarf es spezieller Management Tools. Am Anfang steht die Analyse. Wer den Kontakt zu Kapitalgebern sucht, sollte sie zuvor kennen. Bei den unterschiedlichen Erhebungen sind zwei Formen der Investor-ID zu unterscheiden: indirekt über Broker oder Banken oder direkt bei Investoren. Diese liefern ein tiefergehendes Bild über das aktuelle und das künftige Investment-Verhalten. Genauso wertvoll sind Kontakte zu Wirtschaftsjournalisten, Analysten oder Rating-Agenturen. Im Social Web werden Meinungsmacher nach eigenen, neuen Kriterien wie der erweiterten Reichweite (Verlinkung, Retweet) und dem Interaktionsverhalten identifiziert. Sind diese Influencer enttarnt, sollte man sie intensiv betreuen. Mit weitaus komplexeren Tools erfasst man zusätzlich die meinungsbildende Öffentlichkeit. Mit dem Arena-Modell nach Renn lassen sich Zielgruppen und ihre Interaktionen analysieren. Es ordnet sie als Akteure, Schiedsrichter am Rand der Arena oder als Meinungsmittler ein. Neben dieser Methode, die Akteure zu untersuchen, gibt es viele Herangehensweisen, um Inhalte auszuwerten. Eine Antwort auf die Flut der Daten aus dem Web ist Reputation Management. Mit seiner Hilfe wird gezielt am guten Ruf des Unternehmens gearbeitet und so Einfluss auf Investoren und Aktionäre genommen.
Quellen:
Investor Relations im Social Web vom Deutschen Investor Relations Verband e.V. (DIRK)
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