Eine kleine Warnung vorweg: Ohne Strategie läuft auch im Employer Branding nichts. Bevor es also in die Kreation geht, müssen Werte, Zielgruppe und Besonderheiten Ihrer Arbeitgebermarke feststehen. Wie bei der Produktwerbung spielt Authentizität dabei eine entscheidende Rolle – vielleicht sogar eine noch größere. Denn im Employer Branding haben Sie es mit gleich zwei Zielgruppen zu tun: potenziellen Bewerbern und bestehenden Arbeitskräften. Eine Kampagne, die auch intern für Stolz und Identifikation sorgt, zahlt sich daher doppelt aus. Welche Muster und Techniken hinter erfolgreichen Recruiting-Maßnahmen stehen, schauen wir uns jetzt einmal genauer an.

Heldengeschichten

Reinigungskräfte, die mit rotem Cape und schwarzer Augenmaske für saubere Straßen sorgen. Verwaltungs-Mitarbeiter*innen, unter deren Hemden schillernde Kostüme blitzen: Die Superhelden-Mechanik ist ein beliebtes Mittel, vermeintlich alltäglichen Tätigkeiten einen Hauch von Actionfilm zu verleihen. Arbeitgeber*innen wollen damit zeigen, dass sie den Beitrag, den ihre Mitarbeiter*innen für die Gesellschaft leisten, wertschätzen. Ohne die Arbeit von Steuerberater*innen und Co. kleinreden zu wollen: Womöglich schießen einige mit dem Superhelden-Vergleich ein minikleinesbisschen übers Ziel hinaus. Smarter ist es, sich von den Aufgaben der einzelnen Mitarbeiter*innen inspirieren zu lassen – und auf dieser Basis kreative Jobtitel zu erfinden. So bezeichnet das Lubinus Clinicum seine Pflegekräfte als Verbandspräsidentin und Piekkönig. Der Zoll warb mit Karrierechancen als Bundesadlerauge und Überraschungspartyveranstalter.

Mundpropaganda

Mitarbeiter*innen sprechen lassen ist ein gutes Mittel für mehr Authentizität im Arbeitgebermarketing. Vom einfachen Zitat über Schulterblicke bis hin zur Übernahme der Social-Media-Kanäle durch Azubis gibt es zahllose Varianten, das eigene Team zum Star der Fachkräftesuche zu machen. Generell gilt bei Motiven fürs Employer Branding: Eigene Mitarbeiter*innen machen mehr her als Stock-Motive. Und zwar nicht nur vor der Kamera. Mitarbeiter-Interviews sind eine Goldgrube für Insights im Arbeitgebermarketing. Und zeigen gleichzeitig, wo noch Verbesserungspotenzial schlummert.

Win-win-Situation

Bei der Stellensuche nicht nur einen Job, sondern zusätzlich Karten fürs Wacken Open Air gewinnen? Das klang für Bauingenieure, die sich bei der Firma butzkies Stahlbau bewarben, nach einem guten Deal. Das Unternehmen aus Krempe in Schleswig-Holstein suchte nach Mitarbeiter*innen, die sich nicht nur für musikalisches Heavy Metal begeistern, sondern auch beruflich auf Schwermetall stehen. Unter allen Bewerber*innen verloste das Unternehmen 2 W:O:A-Steel-Packages mit je 2 Eintrittskarten für das Metal-Festival. Die deutschlandweite Berichterstattung über diesen ungewöhnlichen Recruiting-Ansatz sorgte für jede Menge extra PR.

Für Softies

Ihr Unternehmen hat eine ausgeprägte Work-Life-Balance? Die Stimmung im Team ist legendär? Weiche Benefits, die weniger auf den Job, als auf das Drumherum abzielen, nehmen immer mehr an Bedeutung zu. Eine außergewöhnlich gute Unternehmenskultur oder besonders großzügige Home-Office-Regelungen sind daher mächtige Instrumente für die Fachkräftesuche. Seien Sie dabei jedoch äußerst selbstkritisch: Zweimal jährlich gemeinsam bowlen gehen und ein Obstkorb genügt nicht als Beweis für besonderen Zusammenhalt. Je konkreter Sie Benefits benennen und je spektakulärer diese ausfallen, desto höher die Aufmerksamkeit. Die Hamburger Agentur Elbdudler erntete beispielsweise deutschlandweites Medienecho mit der Nachricht, dass ihre Mitarbeiter*innen selbst über die Anzahl ihrer Urlaubstage bestimmen dürfen.

Harte Fakten

Gehalt ist für viele nicht mehr der einzige relevante Faktor bei der Jobsuche. Dennoch: Wenn Sie deutlich mehr zahlen als Ihre Mitbewerber*innen ist das ein gewichtiges Argument im Employer Branding. Auch andere materielle Anreize wie Firmenwagen, Dienstfahrräder, Jobtickets und technische Ausstattung sowie Zuschüsse zur Altersvorsorge und Fitnessstudios gehören dazu. Aber Vorsicht: Harte Fakten sollten nicht im Zentrum Ihrer Kommunikation stehen – insbesondere, wenn Sie Personal aus der Gen Z im Visier haben. Ihnen ist der Lohn zwar nicht egal, Geld spielt aber eine deutlich geringere Rolle als bei Vorgängergenerationen. Überzeugen Sie mit finanziellen Pluspunkten daher lieber auf den zweiten Blick – zum Beispiel auf Ihrer Karriere-Website.

Auf Sinnsuche

Ihr Unternehmen trägt dazu bei, die Welt gerechter, einfacher oder nachhaltiger zu machen? Dann wissen Sie wahrscheinlich bereits, dass Sie einen echten Trumpf im Arbeitgebermarketing in der Hand halten. 9 von 10 Mitarbeiter*innen würden laut einer Harvard Business Studie auf Gehalt verzichten, wenn sie dafür im Gegenzug mehr Sinn in ihrer Arbeit erfahren dürften1. Und 43 Prozent der Deutschen geben als Kündigungsgrund an, dass sie keinen Sinn mehr in ihrem Job sehen2. Purpose ist also nicht nur ein wichtiges Instrument bei der Rekrutierung von Fachkräften, sondern auch bei der Mitarbeiterbindung. Auch wenn ein Job bei Ihnen nicht die Welt verändert, lohnt es sich, nach dem tieferen Sinn einer Tätigkeit zu suchen. Bringen Ihre Mitarbeiter*innen Licht in komplizierte Zusammenhänge? Tragen Sie zu einem schöneren Stadtbild bei? Oder retten Sie gar die Olympische Spiele? Diesen Blickwinkel nutzte der internationale Marktführer für Entwässerungsanlagen ACO. In Stellenanzeigen beschrieb das Unternehmen bedeutende Events, die ohne die ACO-Mitarbeiter*innen buchstäblich ins Wasser gefallen wären.

Die wollen nur spielen

Die Grundregel in der Werbung und auch im Employer Branding lautet „Keep it simple“. Potenziellen Bewerber*innen Aufgaben und Rätsel zu stellen, klingt vor diesem Hintergrund nach einer viel zu komplizierten Idee. Wenn es jedoch gelingt, auf clevere Art die Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu fesseln, ist Gamification ein vielversprechender Ansatz fürs Employer Branding. Unter dem Kampagnenclaim „Fulda, hast du’s drauf?“ forderte das IT-Unternehmen bytewerk dazu auf, kniffelige Fragen zu lösen. Den Gewinner*innen winkten hochwertige Preise – und bytewerk ein Image als cooles, innovatives Unternehmen. Weniger aufwändig ging Google die Suche nach neuen Programmierer*innen an. Das Unternehmen veröffentlichte einen Code, der nur mit IT-Skills gelöst werden konnte. Er führte die Bewerber*innen mit entsprechender Qualifikation auf eine Karriere-Website, auf der weitere Rätsel durch den Bewerbungsprozess führten.

Superlative sells

Unternehmen wie Porsche, Apple und Adidas bräuchten eigentlich kein Employer Branding. Allein der weltberühmte Name und das coole Image sorgen dafür, dass Bewerber*innen Schlange stehen. Auch in kleinerem Maßstab sind Superlative ein gutes Argument im Recruiting. Ihre Position als Weltmarktführer*in verheißt spannende Aufgaben und große Budgets – also wuchern Sie gern damit. Zertifikate, die Sie als besonders familienfreundlich oder als Top-Arbeitgeber auszeichnen, sind ein objektiver Beweis Ihrer Qualitäten. Sie sind sogar das einzige Unternehmen Ihrer Branche mit diesem Siegel? Umso besser! Ebenfalls wertvoll für Ihr Image sind positive Bewertungen auf kununu. Auch wenn Sie Pioniere in einem bestimmten Bereich sind, können daraus spannende Geschichten für Ihre Arbeitgebermarke entstehen.

Mit Lachern locken

Sie haben bis hierhin gelesen und Ihnen fallen weder besondere Benefits, sinnstiftende Tätigkeiten noch andere herausragende Arbeitgeber-Merkmale ein? Jedenfalls keine, die Ihre Mitbewerber*innen nicht ebenfalls bieten oder sogar übertrumpfen können? Da hilft nur eines: Humor. Gerade in Branchen, von denen man es nicht erwartet, ist lustige Werbung ein gutes Mittel, um Sympathiepunkte zu sammeln. Schließlich positionieren Sie sich damit als humorvolles Unternehmen. So suchte die Stadt Los Angeles mit einer absichtlich stümperhaft erstellten Anzeige nach Grafik-Designern. Die Berliner Stadtreinigung polierte mit unterhaltsamen Headlines wie „Drei Wetter tough“, „Matschos“ und „We kehr for you“ ihr eher unattraktives Jobangebot auf.

Wie bei allen Kampagnentechniken ist auch hier entscheidend, dass Sie die aufgebaute Erwartungshaltung im Recruitingprozess nicht enttäuschen: Wer in der Werbung locker und sympathisch auftritt, sollte diesen Eindruck beim Bewerbungsprozess nicht mit komplizierten Formularen und halbherzigem Onboarding verderben.

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