Bei Kaufentscheidungen und der Zufriedenheit mit Produkten und Händlern spielen die Meinungen anderer Kunden eine entscheidende Rolle. Betreiber von Online-Shops setzen diese Erkenntnis bereits um und binden Elemente wie Produktrezensionen, Händlerbewertungen, Empfehlungen und Wunschzettel in ihren Webauftritt ein. Das ist Social Commerce, wie man ihn kennt. Mit der Integration von sozialen Netzwerken wie Facebook in die Websites von Anbietern stehen diese Informationen jetzt aber nicht mehr nur passiv bereit, sondern finden aktiv den Weg zu potenziellen Interessenten.

Außerdem beginnen immer mehr Online-Shops damit, ihren Besuchern gezielt die Meinungen von deren Freunden und Bekannten zu präsentieren – und wem vertraut man mehr als seinen Freunden? Die Zeit des so genannten like-minded Shoppings hat begonnen.

Diese Entwicklung  beruht auf der Annahme, dass Freunde bei Facebook und in anderen sozialen Netzwerken mit hoher Wahrscheinlichkeit ähnlich sozial verortet sind, ähnliche Vorlieben und Interessen haben und ein ähnliches Konsumverhalten aufweisen. Mit Schnittstellen zu sozialen Netzwerken können Online-Händler künftig individuellere Käuferprofile erstellen und den Kunden als wichtigen Multiplikator mit massiver Reichweite nutzen.

Amazon startet Facebook-Integration

Vor kurzem hat Amazon auf seiner amerikanischen Seite mit der Integration von Facebook-Funktionen begonnen. Der Branchenprimus verwertet künftig die auf Facebook veröffentlichten Vorlieben eines Kunden und seiner Freunde, um ihm noch persönlichere Produktempfehlungen zu unterbreiten. Das Einkaufserlebnis werde deutlich verbessert, da man beim Stöbern quasi „seinen Freunden begegnet“, so der Online-Händler.

Die noch im Beta-Stadium befindliche Erweiterung des Online-Shops funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Der Kunde registriert sich mit den Zugangsdaten seines Facebook-Kontos bei Amazon. Daraufhin erhält er Produktempfehlungen, die auf den öffentlich zugänglichen Interessen seines eigenen Facebook-Profils beruhen – und auf denen seiner Freunde. Gleichzeitig verwertet Amazon die bisherigen Sympathiebekundungen des Kunden für Seiten, Inhalte und Produkte, also die Klicks auf den beliebten „gefällt mir“-Button.

Eine praktische Zusatzfunktion: Der Online-Riese zeigt dem Kunden beim Shoppen auch die anstehenden Geburtstage seiner Freunde an und gibt passende Geschenktipps  – ohne Frage ein nützlicher Mehrwert.

Automatische Empfehlungen an die Zielgruppe

Damit geht der Versandhändler im Bereich Social Commerce einen großen Schritt weiter. Zwar konnten Freunde sich schon in der Vergangenheit über die Wunschzettelfunktion von Amazon bei ihrer Geschenkauswahl inspirieren lassen. Doch durch die Einbindung von Schnittstellen zu Facebook kann der Onlinehändler seinen Kunden jetzt noch zielgerichteter Produkte empfehlen, ohne dass sie einen Wunschzettel pflegen müssen. Dabei verzichtet Amazon bewusst auf zahlreiche mögliche Funktionen, zum Beispiel auf die Veröffentlichung von Käufen auf der Pinnwand des Facebook-Users.

Seit April treibt auch Levi’s die Entwicklung des like-minded Shoppings weiter voran. Der Bekleidungshersteller ruft seine Kunden auf, beliebte Produkte über den „Like“-Button bei Facebook zu loben. Diese „Likes“ werden auch im Levi’s-Shop angezeigt. Über Facebook werden diese Sympathiebekundungen zusätzlich auch umgehend allen virtuellen Freunden der Kunden mitgeteilt. Die Empfehlung gelangt also automatisch zur Zielgruppe. Levi’s muss nicht mehr warten, bis neue Kunden den Shop entdecken und dort auf die guten Bewertungen stoßen. Per Facebook-Schnittstelle wird der Kunde zu einem bedeutenden Multiplikator.

Die möglichen Vorteile für Online-Händler liegen auf der Hand:

  • Verbesserung der Online-Reputation
  • Die Vielzahl der (wenn auch nicht näher spezifizierten) positiven Kundenmeinungen prägen das Erscheinungsbild einer Marke im Internet mit.
  • Steigerung der Reichweite
  • Durch die Verbreitung der „gefällt mir“- oder „Like“-Bewertungen in sozialen Netzwerken werden sehr viele potenzielle Kunden auf Angebote oder den Shop selbst aufmerksam.
  • Anheben des durchschnittlichen Bestellwerts
  • Die richtigen Empfehlungen zum richtigen Zeitpunkt generieren erwiesenermaßen Zusatzkäufe.
  • Kundenbindung
  • Individuellere Empfehlungen und ein persönliches Einkaufserlebnis führen dazu, dass Kunden einen Shop in guter Erinnerung behalten und gern wieder besuchen.

Reaktionen auf Kundenseite

Eine Frage stellt sich in Sachen like-minded Shopping noch: Wollen die Menschen das? Überzeugen der Mehrwert einer persönlicheren  Kaufberatung und der Spaßfaktor beim Online-Shoppen? Oder überwiegen die Bedenken, das eigene Konsumverhalten könne restlos offengelegt werden? Immerhin sagt der individuelle Medienkonsum eine Menge über eine Person aus.

Amazon weiß um diese Besorgnis. Der Online-Riese stellt auf seiner Website klar, dass er keine Informationen über seine Kunden an das soziale Netzwerk Facebook weitergibt. Auch werde man niemals Facebook-Freunden eines Kunden Angebote unterbreiten. Ob Amazon-Kunden diesen Aussagen vertrauen, wird die Zukunft zeigen.

Im Fall von Levi`s ist die Integration von Facebook-Funktionen erfolgreich. Allein in der ersten Woche wurden im Shop über 4.000 „Likes“ gesammelt – ein großer Gewinn für die Online-Reputation des Unternehmens.

Chancen für kleine Online-Shops

Nach Einschätzung von New Communication bieten die neuen Schnittstellen zwischen sozialen Netzwerken und Online-Shops vor allem kleinen und mittelgroßen Online-Händlern gute Chancen, ihren Ruf im Internet zu verbessern und ihre Reichweite zu erhöhen. Auf anderen Wegen müssten sie sehr große Anstrengungen unternehmen, um eine ähnlich relevante Zahl von Empfehlungen zu generieren.

Shoppen in sozialen Netzwerken

Ganz mutig geht der US-amerikanische Bekleidungsanbieter StyleQ vor, der gleich seinen kompletten Shop in seine Fanpage bei Facebook integriert hat. Dabei nutzt er einerseits das virale Potenzial und die Reichweite des sozialen Netzwerks, begibt sich andererseits aber auch in eine starke Abhängigkeit von der Plattform. Angesichts der diversifizierten Social-Network-Landschaft in Deutschland ist fraglich, ob dieses Konzept hierzulande erfolgversprechend wäre.

Das Erfolgspotenzial von Shop-Integrationen in soziale Netzwerke ist groß. Nach einer Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen verbrachten deutsche Internetnutzer bereits Ende 2009 durchschnittlich mehr Zeit in sozialen Netzwerken als mit ihrer E-Mail-Korrespondenz. Diese Entwicklung wird langfristig bestehen bleiben, wie eine Untersuchung der Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers aus dem April 2010 prognostiziert. Danach beabsichtigen 70 Prozent der Online-Nutzer, ihrem sozialen Netzwerk „für immer“ treu zu bleiben.

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