Hilfe, wo positioniere ich meine Marke?

Generell lässt sich feststellen: Immer mehr Marken beziehen Stellung zu gesellschaftlichen und politischen Themen und Fragestellungen. Früher waren es eher Gewerkschaften und NGOs, die sich mit ihrer Kritik an Unternehmen abarbeiteten. Heute gibt es eine immer aktiver werdende Gegenbewegung: Die Marken selbst rufen auf. Klagen an. Fordern. Kritisieren.

Marken mischen sich in den politischen Diskurs ein. Oftmals zu Themen wie Diversity, Klimaschutz oder Gleichstellung. Der Aufstieg der Johnsons und Trumps in die erste Liga des Weltgeschehens zwingt Markenmanager und Vermarkter, sich mit dem politischen Tagesgeschäft auseinanderzusetzen. Bei der Führung ihrer Marken müssen sie das politische Tagesgeschehen noch aufmerksamer im Auge behalten als je zuvor.

Die US- Marken New Balance und Under Armour beispielsweise spürten die Auswirkungen ihrer strategisch nicht zu Ende gedachten Handlungen – seziert und verbreitet in den sozialen Medien. Sie wurden zu Zielscheiben harscher und wütender Proteste. Schnell fanden sich Schuhe und Shirts dieser Marken brennend in Mülltonnen wieder.

Der Grund dafür? Die Verantwortlichen dieser Unternehmen hatten sich lobend über die Wirtschafts-Strategie Trumps geäußert und so den Zorn seiner Gegner auf sich gezogen. All dies passierte in vergleichsweisen ruhigen Zeiten – vor dem Amtsantritt des derzeitigen US-Präsidenten. Nun, fast 4 Jahre und nachweislich mehr als 20.000 ausgesprochener Lügen im Amt später, herrscht in der Endphase des Wahlkampfes eine vielfach explosivere Stimmung als damals.

Doch nicht nur für Trump zu sein, kann eine Marke in den Fokus rücken. Offene Kritik an seinem Kurs führt ebenfalls zu Gegenreaktionen. Das haben unter anderem Marken wie Nike und Goodyear erfahren. Der Sportartikel-Hersteller geriet durch die Unterstützung des offen gegen Rassismus eintretenden Football-Spielers Colin Kaepernick ins Visier des Präsidenten und dessen Sohns. Es folgte ein kurzer Social-Media-Exzess, in dem sich die beiden an der Marke abarbeiteten.

Gleiches gilt für den Reifenhersteller Goodyear. Dieser hatte in seinen Produktionsstätten das Tragen von Kopfbedeckungen mit dem Slogan „Make America Great Again“ verboten. Auch dort rief der Präsident offen zum Boykott auf. 

Die Liste der betroffenen Unternehmen lässt sich beliebig weiterführen. Festzuhalten bleibt: Das Ausspielen von Teilen der Gesellschaft gegeneinander lässt Marken in unruhigen Fahrwassern zurück. Es stellt sie vor neue Herausforderungen.

Muss ich mein Unternehmen politisch positionieren?

Eine spannende Frage, die nicht pauschal beantwortet werden kann. Sie muss immer im Kontext der Situation diskutiert werden. Dennoch gibt es spannende Entwicklungen – auch hierzulande. Umfragen zufolge würde es die Hälfte der Deutschen begrüßen, wenn sich Marken und Unternehmen politisch klar positionieren.

Doch wäre das für die Marke klug? Was ist mit den restlichen 50 %? Werden diese automatisch zu Nichtkunden? Das kann wohl nur jede Marke selbst anhand ihrer eigenen strategischen Ausrichtung und Zielgruppe beurteilen.

Die Marke New Balance hat dies getan. Auf ganz eigene Art und Weise. Knapp ein Jahr nach dem Shitstorm brachte das Unternehmen den „America First“-Sneaker heraus. Die PR-Kampagne dafür startete der Präsident selbst. Auf Twitter, versteht sich. Sein Tenor war gewohnt alles andere als zurückhaltend: „Make sneaker great again! Get your own New Balance „America First“ Sneaker next week. It´s going to be GREAT! Made in USA, no Chinese production!”

Auch bei Nike verlief die Konfrontation erfolgreich. Zwar brannten auch hier viele Produkte der Marke. Doch direkt nach der Bekanntgabe des Werbe-Deals mit Fußballer Colin Kaepernick, der sich aktiv gegen Rassismus einsetzt, stiegen die Onlineverkäufe um rund 31 % zum Vortag.

Ein weiteres Beispiel für politische Botschaften der weniger subtilen Sorte liefert aktuell die US-Outdoor-Marke Patagonia, seit Langem für ihr Umwelt-Engagement bekannt. Sie nähte ein Etikett mit den Worten „Vote the assholes out“ an die zur Wortwahl passende Stelle eines ihrer Hosenmodelle. Politisch korrekt ging früher anders. Aber die Zeiten haben sich offensichtlich geändert. In Deutschland gaben knapp 2/3 der Bürger an, dass sie wahrscheinlich keine Produkte eines Unternehmens kaufen würden, dessen politische Haltung sie nicht teilen.

Ausblick

Für Unternehmen und Marketer zeigen diese Beispiele und Entwicklungen: Man kann auch oder gerade durch extreme politische Aussagen erfolgreich sein. In Zukunft werden sich Marken verstärkt fragen, ob die Ablehnung oder sogar der Hass einer bestimmten Gruppe auf die eigenen formulierten und gelebten politischen Markenwerte ausreicht, um sich erfolgreich am Markt zu platzieren. Der Druck auf Unternehmen, politisch Stellung zu beziehen, wächst stetig. Zu glauben, dass dies ein US-Thema bleiben wird und nur mit Trump zu erklären ist, wäre in Zeiten von AFD und anderen „Querdenkern“ mehr als naiv.

Bevor man sich als Marke ungewollt zwischen den Fronten wiederfindet, sollte man das Thema schleunigst in seine strategische Planung aufnehmen. Sonst brennen irgendwann die eigenen Produkte in den Mülltonnen und auf den Displays dieser Welt. Und dann wäre es ganz und gar nicht „great“, wenn alle auf „like“ drücken.

Quellen:

politik-kommunikation.de

horizont.net

jnc-net.de

watson.ch

welt.de

handelsblatt.com

marketingdive.com

foodwatch.org

br.de

washingtonpost.com

zeit.de

Mats ist New Communications Fachmann für Handelsmarketing und 3D/CGI-Projekte. Der studierte Betriebswirt ist wie gemacht fürs turbulente Werbe-Leben. Denn Stress und Hektik perlen von dem leidenschaftlichen Surfer ab, wie Wassertropfen von Neopren. Gleichzeitig weiß Mats, wie man Erfolgswellen reitet und hat ein untrügliches Gespür dafür, woher der Wind weht. Klare Kiste, dass Mats damit an Bord vom Strategie-Team ist.

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