In der Schule sagte man uns noch, dass wir Kopfrechnen lernen sollen, weil wir nicht immer einen Taschenrechner dabeihaben werden. Smartphones sei Dank kam es anders. Neben Bruchrechnen können wir unterwegs alles ansehen, finden oder kaufen, was uns in den Sinn kommt. Ein Traum für Werbetreibende. Sie können mehr denn je die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Nachricht erreichen.

Das Smartphone ist zum hilfreichen Assistenten geworden. Vom Wecker bis zum Kochbuch, vom Navigationssystem zum Fotoalbum. Wir tracken damit unsere Aktivitätsdaten und lassen uns über den anstehenden Regenschauer informieren. Kontaktpflege über Messenger- Dienste und soziale Netzwerke nimmt durchschnittlich 100 Minuten unserer Smartphone-Nutzung pro Tag ein. Fast jeder dritte Einkauf im Internet findet inzwischen über ein mobiles Endgerät statt. Der Anteil der Käufe via Smartphone wächst seit Jahren konstant. Der Trend für Käufe über Tablets und Desktop-Rechner ist hingegen rückläufig. Damit finden auch immer mehr Momente, die eine konkrete Absicht verfolgen, auf dem Smartphone statt. Momente, in denen Internetnutzer nach Informationen suchen oder Neues entdecken möchten. Sogenannte „Momente der Entscheidung“ (engl. Micro Moments). Für Marken sind dies Schlüsselmomente. Denn in ihnen werden Vorlieben geprägt und Beschlüsse getroffen. Jeder kennt diese „Ich-will-mir-das-ansehen-Momente“, die „Ich-will-das-haben-Momente“, die „Ich-muss-das- finden- Momente“ oder die „Ich-will-das-machen-Momente“. Genau in diesen Momenten sind die Smartphone-Nutzer bereit, sofort aktiv zu werden.

Als ich aus meiner Wohnung auszog, wurde mir klar, dass im Arbeitszimmer vier Jahre lang nur eine traurige Glühbirne an der Decke hing. Das sollte mir in meiner neuen Wohnung nicht passieren. Als es jetzt draußen immer früher dunkel wurde, musste endlich eine Deckenlampe her. Es war klar, dass es keine Standard-IKEA-Lampe werden sollte. Ich wollte eine Hipster-Lampe mit Edison-Lights und Textilkabeln. Und es sollte ein DIY-Projekt werden – so schwer kann das ja nicht sein. Also fing ich an, das Internet nach Inspirationen und Informationen zu durchsuchen.

Ich will mir das jetzt ansehen

Für 71,7 Prozent der deutschen Internetbevölkerung ist das Netz die bevorzugte Informationsquelle, wenn sie sich über etwas näher und umfangreich informieren wollen3. In diesen Momenten sind Nutzer bereit, sich intensiv mit dem Content einer Marke auseinanderzusetzen. Es geht vorrangig nur um die Recherche und das Entdecken, nicht zwingend um den eigentlichen Kauf. 92 Prozent der Deutschen beginnen ihre Suche auf Google. Alternativ sucht man direkt in den sozialen Netzwerken. In einer Instagram-Nutzerumfrage geben 60 Prozent aller Personen an, dass sie auf Instagram von neuen Produkten erfahren. Eine gute Auffindbarkeit in den Suchergebnissen, sowohl durch organische als auch bezahlte Einträge, und Präsenz in sozialen Netzwerken sichern hier die Aufmerksamkeit der Nutzer.

Drei Edison-Lights an verschieden farbigen Textilkabeln. Das soll das Ergebnis sein. Dank meiner Recherchen war klar, dass ich also drei Fassungen benötige, verschiedenfarbige Textilkabel und Wago-Klemmen, um die drei Kabel mit dem Anschlusskabel zu verbinden.

Ich will das jetzt haben

In diesem Moment sind Kunden bereit, einen Kauf zu tätigen, und brauchen allenfalls nur ein wenig Unterstützung bei der Entscheidung, was genau und wo gekauft werden soll.

44 Prozent der deutschen Verbraucher geben an, dass sie bei der Produktrecherche auf dem Smartphone schon mal eine Marke in Betracht gezogen haben, die sonst für sie nicht infrage gekommen wäre, weil relevante Informationen verfügbar waren. 32 Prozent von ihnen kauften die Marke dann tatsächlich. Online-Shopping ist beliebter als der Gang in die Fußgängerzone. Auch im stationären Handel spielt das Smartphone eine immer größere Rolle. Viele Kunden informieren sich selbst im Laden via Smartphone über Produkte, Dienstleistungen, Preise und Angebote.

Inzwischen habe ich alle Einzelteile zusammen. Ich habe noch nie eine Fassung an ein Kabel angeschlossen. Geschweige denn mit einer Wago-Klemme mehrere Kabel an einen Anschluss angeschlossen.

Ich will das jetzt machen

Wer liest heute noch Handbücher, wenn es Erklärvideos oder Blog-Artikel gibt? Mit dem Smartphone können wir uns jederzeit weiterbilden oder selbst helfen. YouTube ist die zweitgrößte Suchmaschine weltweit. 70 Prozent der Videoviews stammen von mobilen Geräten. Über die Hälfte der YouTube-Nutzer gibt an, die Seite zu nutzen, um Dinge zu lernen, die sie noch nie gemacht haben. Suchen, die mit „How to“ beginnen, haben in den letzten Jahren um 140 Prozent zugenommen.

Auch hier gibt es lokale Angebote, die Nutzer in ihrem „Ich-will-das-jetzt-machen-Moment“ abholen können. FabLabs und Makerspaces gewinnen immer größere Beliebtheit. Auch Repair-Cafés in der Nähe bieten konkrete Hilfestellungen an. Die Angebote müssen nur gut auffindbar für die Nutzer sein, um auch als Lösung in Betracht gezogen zu werden.

Ich habe alle Einzelteile zusammengebaut. Jetzt nur noch die Lampe an der Decke anbringen und anschließen. Es hätte so einfach sein können. Im Prozess hat sich aber ein kleiner Konstruktionsfehler eingeschlichen: Ein Kabel ist ca. 20 cm zu kurz, und ich kann die Lampe nicht mit dem Anschluss verbinden. Ich brauche jetzt also ein längeres Textilkabel.

Ich muss das jetzt finden

Momente, in denen Nutzer schon sehr genau wissen, was sie wollen und brauchen. Der Interessent sucht nach einem Ort, Produkt oder einer Dienstleistung in seiner unmittelbaren Nähe. Mehr als drei Viertel der Teilnehmer einer Studie geben an, in diesem Moment zum Smartphone zu greifen, um eine Umkreissuche durchzuführen. 72 Prozent überprüfen Öffnungszeiten mit dem Smartphone, bevor sie in ein lokales Geschäft gehen. Marken müssen sich dort finden lassen, wo diese Momente passieren. Lokales Suchmaschinenmarketing hilft, in den relevanten Schlüsselmomenten präsent zu sein.

Der Baumarkt in der Nähe führt Textilkabel und hat noch eine Stunde geöffnet. Ich kaufe ein neues, längeres Kabel. Ich schließe das Kabel an und will es mit dem Anschluss verbinden.

Momente der Entscheidung nutzen

Durchschnittlich gucken wir 88-mal am Tag auf unser Handy-Display. Geht man von 16 Stunden aus, in denen wir wach sind, unterbrechen wir unsere eigentliche Tätigkeit also alle 18 Minuten12. Daraus ergeben sich zig Momente der Entscheidung für Smartphone-Nutzer und Chancen für Marken, ihre Zielgruppe im richtigen Moment zu erreichen.

Aus diesen Momenten entstehen Signale, die nicht nur einen faktischen Kontext haben (z. B. den Standort oder die Uhrzeit), sondern auch eine Absicht. Marken müssen den Kontext und die Absicht kombinieren, um basierend auf den gesamten Signalen den relevanten Content für Nutzer bereitzustellen. Zwei identische Anfragen können zwei unterschiedliche Anzeigen aktivieren. Eine Person sucht am späten Nachmittag über einen Desktop-Rechner nach „Indisches Essen“. Wahrscheinlich sucht diese Person nach Rezepten, die sie abends nachkochen kann. Die gleiche Suchanfrage an einem Samstagabend in der Stadtmitte: Der Kontext deutet daraufhin, dass die Person jetzt indisch Essen möchte und ein Restaurant in der Nähe wahrscheinlich die passende Antwort auf die Suchanfrage ist. 

Identifikation der relevanten Entscheidungsmomente

Um den richtigen Content zum richtigen Zeitpunkt bereitzustellen, müssen Suchabsichten und potenzielle Themen der Nutzer bekannt sein, die im Zusammenhang mit einem Produkt oder einer Marke auftreten. Wie sieht der Weg eines Kunden aus? Welche Fragen hat er? Wenn Marken die Chancen identifiziert haben, in denen Nutzer mit ihnen in Berührung kommen sollen, kann man darauf aufbauend die Inhalte für jeden Moment der Entscheidung bereitstellen. Eine gute SEO-Strategie und bezahlte Anzeigen helfen Marken, in den Suchergebnissen präsent zu sein, wenn der Nutzer sie braucht. 

Erwartungshaltung sofort erfüllen

Relevanter Content bezieht sowohl kontextbasierte Signale (Tageszeit, Standort, Gerätetyp) als auch absichtsbasierte Signale (Suchanfragen, Interaktionen mit der Marke) mit ein. Big Data und Marketing Automation machen es möglich, den Nutzern personalisierte und ausgewählte Angebote auszuspielen. Und das in Echtzeit. Die Konkurrenz hat sich wahrscheinlich bereits darauf vorbereitet, den Nutzern relevante Inhalte auszuspielen. Jetzt geht es darum, schneller zu sein und Interessenten in Konsumenten zu verwandeln.

Eigentlich gilt ja die Regel: Gleiche Farben verbindet man über die Lüsterklemme miteinander. Da stehe ich also auf der Leiter und stelle fest, dass die Kabel, die aus der Decke kommen, andere Farben als die Leitungen in meinem Textilkabel haben. Ich frage meinen Google-Home-Assistenten „Okay, Google, meine Lampenkabel haben unterschiedliche Farben. Wie schließe ich die an?“ – und Google antwortet: „Entschuldigung, ich weiß nicht, wie ich da helfen kann.“ Ich steige also wieder von der Leiter runter, nehme mein Smartphone in die Hand und recherchiere nach der Antwort. Wenn ich das nächste Mal umziehe und eine neue Lampe baue, kann mir mein Sprachassistent hoffentlich behilflicher sein.

Quellen:

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