Love Brand? Was ist das?

Spätestens seit der Erscheinung des Buches „Lovemarks: The future beyond brands“ von K. Roberts wissen wir, dass nicht nur zwischen Menschen Liebesbeziehungen existieren können, sondern auch zwischen Marken und Menschen. Solch eine Lovestory beginnt, sobald die Marke das Herz des Menschen berührt. Doch was heißt es, „in love“ mit einer Marke zu sein? Der Mensch muss sich nicht nur wohl fühlen mit dem Kauf der Marke, sondern sogar positive Emotionen verspüren. Spiegelt darüber hinaus die Markenidentität das Selbst der Verliebten wider, dann ist die Liebesbeziehung perfekt. Es entsteht eine echte emotionale Bindung, die keine bloße Transaktion darstellt. Vielmehr birgt die Liebesbindung größeres Potenzial

Denn Markenliebe ist ein äußerst vielversprechendes Konzept, welches sich durch die wohl intensivste Verbindung zwischen Marke und Konsument*in kennzeichnet. Konsument*innen bleiben ihrer Love Brand über Jahre oder gar das ganze Leben lang treu. Obendrein gehen einige Studien davon aus, dass Menschen ihren Love Brands den einen oder anderen Fehltritt verzeihen, gerne mit anderen Menschen über sie sprechen und dazu bereit sind, für ihre geliebte Marke einen höheren Preis zu zahlen.

Die Vorzüge dieser lohnenden Liebesbeziehung, geprägt durch Loyalität, dem positiven Word-of-Mouth und der höheren Zahlungsbereitschaft, sind äußerst erstrebenswert und sollten Ziel einer jeden Marke sein. Einen solchen Standard allerdings zu erreichen, scheint auf dem ersten Blick gar nicht mal so leicht zu sein. Denn es ist Vorsicht geboten: Liebe kann schnell vergehen. Missbraucht eine Marke das Vertrauen, sind die Gefühle weg. Und die Liebesbeziehung ist vorbei.

Wenn zum Beispiel eine Marke das intime Beziehungsabkommen bricht, indem sie sich unmoralisch verhält oder die gemeinsamen Werte nicht mehr respektiert, dann wendet sich der/die einstige Liebespartner*in einfach ab. Bei drastischen Vergehen gegen die Umwelt, gegen soziale Gerechtigkeit oder bei bloßer Ignoranz des Nachhaltigkeitsgedankens, entsteht eine Diskrepanz zwischen Marke und Konsument*in. Die Markenidentität stimmt mit der sozialen Identität Kund*innen nicht mehr überein, die Marke eignet sich nicht mehr als Liebespartner. An der nächsten Ecke wartet schon der neue Lover - eine Marke, die neben ihrem funktionalen Nutzen auch den symbolischen Nutzen von Nachhaltigkeit offeriert.

Warum Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist gefragter denn je. Angeheizt durch den aktuellen Paradigmenwechsel in der Gesellschaft. Weg von Plastik, exzessivem Fleischkonsum und Einwegprodukten, hin zu alternativen Produkten und Dienstleistungen, die mehr Klima- und Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und Verantwortung bieten. Die gegenwärtigen Anforderungen, Erwartungen und Wünsche, die Konsument*innen an Marken und ihre Love Brands stellen, sind klar definiert. Modernen Konsument*innen reicht der bloße Konsum nicht mehr - nein, sie wollen um ihre Identität wissen, wollen mit einer wertorientierten Gruppe verbunden sein. Ihre seelischen und emotionalen Bedürfnisse durch den Erwerb nachhaltiger Marken stillen. Dabei sind sie stets bemüht, Nachhaltigkeit in ihren Alltag zu integrieren. Der Konsum von nachhaltigen Marken soll ihnen dabei helfen. Tatsächlich achten die bewussten Konsument*innen bei Gütern des täglichen Bedarfs, sogenannten Fast Moving Consumer Goods (FMCG) ganz besonders auf Nachhaltigkeit. So haben in Deutschland bereits 14 Prozent aufgehört, ein bestimmtes Lebensmittel zu kaufen – aus Gründen fehlender Nachhaltigkeit.

Die Kund*innen treffen direkt am Point-of-Sale (POS) Kaufentscheidungen, die auf einer hochemotionalen Ebene stattfinden. Daher muss ein emotionales Engagement von Marken beim Thema Nachhaltigkeit sichtbar sein. Nur dann nehmen Verbraucher*innen die Marke wahr, präferieren und lieben sie im besten Fall. Nachhaltigkeitskampagnen sind die gegenwärtigen Treiber, die es schaffen, positive Markenerlebnisse zu etablieren.

Dadurch, dass das Konstrukt Nachhaltigkeit aus ökologischen, ökonomischen oder sozialen Aspekten besteht, sollten Unternehmen sich in der Markenkommunikation mindestens auf eine der drei Säulen fokussieren. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Ruf nach konsequentem Engagement, sozialer Gerechtigkeit sowie Umwelt- und Klimaschutz in Zukunft nicht schwinden wird.

Nachhaltige Markenkommunikation wird belohnt

Nachhaltigkeitskommunikation ist ein echter Erfolgsgarant. Wird das Thema Nachhaltigkeit in Kommunikationskampagnen von Marken aufgegriffen, belohnen Konsument*innen dieses Vorgehen. So gestalten Marken, die einen höheren Sinn stiften, den nachhaltigen Wandel mit und bewerben diese Mission. Im Gegenzug honorieren Kund*innen das mit einer höheren Zahlungsbereitschaft. Die Bereitschaft mehr für Marken zu bezahlen, die Gutes tun, liegt beispielsweise bei 13,5 Prozent. Millenials und die Gen Z Generation würden sogar 16,8 Prozent mehr zahlen. Ergo ist eine nachhaltigere Markenstrategie besonders bei jüngeren Zielgruppen entscheidend. Die Markenwahl der Gen Z unterstützt diese These. Demnach lehnen knapp 1/4 der Befragten aus der Gen Z Generation Marken des Lebensmittelherstellers Nestlé ab, weil sie mit Marken des Herstellers schlechte Arbeitsbedingungen, unmoralisches Vorgehen sowie eine umweltschädliche Produktion verbinden.

Moralisches Handeln scheint demnach nicht nur sehr profitabel für Marken zu sein, sondern führt im Allgemeinen zu einer größeren Awareness in puncto Nachhaltigkeit. Diesen Zusammenhang nutzen momentan zahlreiche Marken im FMCG Bereich für sich, wie z. B. die Marken „Lycka“ und „Share“. Sie kämpfen für eine bessere Welt und spenden mit dem 1:1 Prinzip an gemeinnützige Projekte. So wird durch den Kauf eines Produktes der Marke „Lycka“ eine Spende in Form einer Mahlzeit, eines Pflegeproduktes, eines Getränkes etc. in sozial benachteiligte Länder weitergegeben. Ihre gemeinnützigen Projekte kommunizieren sie transparent im Internet und auf der Verpackung. Das kommt an. Die Marke „share“ hingegen verfolgt das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlicher auf soziale, ökologische und ökonomische Weise. Bei dem Kauf eines „share“-Produktes wird ein Teil des Geldes für soziale und ökologische Zwecke genutzt.

Fakt ist, dass Konsument*innen sich ihrer Eigenverantwortung bewusst sind und sie selbst nachhaltiger leben wollen. Produkte, die ihnen dabei helfen, eine nachhaltigere Identität umzusetzen, werden daher als hochgradig attraktiv wahrgenommen. Der/die bewusste Verbraucher*in nimmt die Reputation eines Unternehmens wahr, achtet auf Werbung, liest Produktetiketten und sucht nach Hinweisen auf Produktverpackungen. Kommunizieren Marken ihre nachhaltigen Auslobungen auf ihren Kommunikationsinstrumenten, ist dies von großem Wert. So verlassen sich Verbraucher*innen zunehmend auf nachhaltige Label auf Verpackungen, wie z. B. auf „vegane“ Lebensmittelsiegel. Solche Kennzeichnungen werden gemocht, weil sie eine Orientierungshilfe für einen nachhaltigeren Lebensstil darstellen.

Das menschliche Verhalten dahinter

Der Einfluss persönlicher und gesellschaftlicher Normen auf die Produktwahl nimmt zu. So spielen altruistische Züge bei der Kaufentscheidung mehr denn je eine Rolle. Menschen sind durch die vielen Krisen (Klimakrise, Corona-Krise) nicht nur auf den Eigennutzen zentriert, sondern behalten die Gemeinschaft im Auge. Sie möchten ihrem moralischen Kompass treu bleiben und Kaufentscheidungen treffen, mit denen sie ihr Gewissen befriedigen, sich wohl fühlen.

Die Erklärung hierfür liegt im menschlichen Verhalten, welches stark von Emotionen beeinflusst wird. Konsument*innen sind oft emotional und intuitiv bei der Markenentscheidung. Sie fällen diese vorrangig mit ihrem „Herz“ oder ihrem „Bauchgefühl“. Dies bestätigen Erkenntnisse aus der Konsumentenpsychologie, die davon ausgehen, dass alltägliche Entscheidungen von Menschen primär mit Hilfe von Heuristiken getroffen werden. Getreu der Affekt-Heuristik, eine schnelle Urteilsbildung, die sich auf Gefühle verlässt (fühlt sich etwas gut an, dann muss es auch gut sein), greifen Käufer*innen am POS zu Marken, die mit ihrem Gewissen übereinstimmen oder ihre Einstellungen und Werte teilen. Nachhaltige Marken erfüllen dies. Dadurch werden sie eher wahrgenommen und präferiert. Sie erzielen Aufmerksamkeit und werden geliebt, weil sie helfen, die Welt ein Stück besser zu machen. Letzteres evoziert ein Gefühl von Markenliebe in Menschen, unabhängig davon, ob eine ethische oder philanthropische Markenhandlung realisiert wurde.

Fazit

Nachhaltigkeit ist heute der Bereich, der die Bedürfnisse und Wünsche gegenwärtiger und zukünftiger Generationen befriedigt. Marken müssen es aus diesem Grund schaffen, authentisch nachhaltige Themen zu kommunizieren und Konsument*innen mit Botschaften und glaubwürdigen Taten zu erreichen. Love Brands müssen die Fähigkeit besitzen, die tatsächliche und gewünschte Identität der Verbraucher*innen auszudrücken, aber auch die wichtigen Werte des Lebens zu benennen. Eine Liebesbeziehung kann schnell zu Ende gehen, wenn grundlegende Bedürfnisse und Wünsche nicht mehr erfüllt werden und die gelebten Werte nicht mehr übereinstimmen. Wenn es die Marke versäumt, neben den grundlegenden Basismerkmalen, nachhaltige Ambitionen zu kommunizieren, dann kann die Ebene einer Liebesbeziehung nie erreicht werden.

Quellen:

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Jessica ist strategische Beraterin und somit auch unsere statistische Kennzahlenfee und Marktforschungsagentin. Neben einem Studienabschluss in Ökotrophologie hat sie auch noch einen Master in Agrarwissenschaften und einen in Ernährungs- und Verbraucherökonomie vorzuweisen. Wer so viel studiert hat, kann ja wohl kaum noch Zeit für ein Privatleben haben, oder? Nicht mit Jessica, die neben ihren Abenteuer-Urlauben auch noch Power Yoga Kurse in Kiel gibt. Eine echte Powerfrau also. Und eine, die nicht nur alles im Griff hat, sondern auch noch berechnen kann, warum. Wir haben für sie nur eine Kennzahl in petto: Sie ist zu 100 % richtig bei uns.

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