Metaphern beeindrucken gewaltig. Wort-Schöpfungen wie Fresskoma, Wirbelwind oder kalte Schulter malen Bilder in unsere Köpfe. Sie veranschaulichen eine Botschaft. Wecken Emotionen und Assoziationen. Bleiben uns lange im Gedächtnis. Und beeinflussen unser Denken und Handeln. Das bestätigen nationale und internationale Untersuchungen von Sprachwissenschaftlern.

Metaphern verkaufen

Klug gewählte Worte lösen gezielt Sinnes-Wahrnehmungen aus. Das zeigt ein Experiment der Hochschule Harz. Testpersonen probierten 2 Tees mit den Namen „Tropical Feeling“ und „Vor dem Kamin“. Ihr Urteil: „Tropical Feeling“ schmeckt exotischer, fruchtiger und erfrischender als „Vor dem Kamin“.

Der Clou: Beide Tees waren identisch. Allein der Name entschied also über das Geschmackserlebnis der Tester. Metaphorische Produktnamen unterstützen folglich das Produkt-Versprechen und sind ein wichtiger Faktor für den Produkterfolg.

Metaphern bewerten

Politiker nutzen Sprachbilder, um für ihre Sache zu werben oder Positionen des politischen Gegners abzuwerten. Prof. Hans-Jörg Schmid von der Ludwig-Maximilians-Universität München erklärt die Macht von Metaphern am Beispiel des Euro-Rettungsschirms.

Diese Metapher suggeriert, ein Staat sei schuldlos in eine finanzielle Schlechtwetter-Lage geraten. Im Englischen dagegen spricht man nicht von einem Rettungsschirm, sondern von einem Bail-out. Das bedeutet „jemandem aus der Klemme helfen“ oder „jemanden gegen Kaution aus dem Gefängnis holen“. Die englische Metapher impliziert also, der Staat selbst sei für die missliche Finanz-Situation verantwortlich – und womöglich sogar kriminell.

Die deutsche und englische Metapher bewerten das Stabilitätsprogramm zur Eurokrise also völlig gegensätzlich.

Metaphern machen Meinungen

Linda Boroditsky, Psychologin an der Stanford University in den USA, erforscht die Macht der Worte. Sie gab ihren Testpersonen 2 unterschiedliche Texte über Kriminalität in einer fiktiven Stadt zu lesen. Der eine Text beschrieb das Kriminalitätsproblem als wildes Tier, der andere als Virus. Die Leser sollten Lösungen des Problems vorschlagen.

Diejenigen, die über das „wilde Tier Kriminalität“ lasen, wollten Verbrecher erbarmungslos jagen, einsperren und die Gesetze verschärfen. Die Leser des Berichtes über den „Kriminalitätsvirus“ schlugen etwas anderes vor. Sie wollten die Ursachen ermitteln, gegen Armut kämpfen und Bildungsangebote optimieren. Beide Gruppen begründeten ihre Vorschläge mit der Kriminalitätsstatistik, die der Text lieferte. Das Beunruhigende: Die Zahlen waren identisch, die Lösungsansätze völlig konträr.

Metaphern können töten

Davon ist Linguistik-Guru George Lakoff überzeugt. Er bezieht sich auf den Krieg gegen den Terror.  Die Regierung der USA wählte die Worte „war on terror“ nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Die Toten nannte sie bewusst nicht Opfer, sondern Verluste. Mit diesen Worten erklärte sie das Attentat zu einer kriegerischen Handlung. Kriegsgegner waren nicht die Terroristen, sondern der Terror, also die Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewalt. Was folgte, waren die Kriege im Irak und Afghanistan mit tausenden Toten.

Metaphern bleiben im Kopf

Starke Sprachbilder verankern Werbe-Slogans und Produktnamen in den Köpfen der Konsumenten.  Mitunter wirken sie jahrzehntelang. Gründe dafür liefert die Hirnforschung. Studien beweisen: Metaphern aktivieren nicht nur ein Areal, sondern mehrere Bereiche unseres Gehirns. Lesen wir Wörter wie Parfüm oder Kaffee, wird der Hirnbereich angesteuert, der Gerüche verarbeitet. Beschreibt ein Text Bewegungen, aktiviert er den Motorkortex. Metaphern verbinden sinnliche Erfahrungen mit Emotionen. Und wirken damit länger und effektiver.

Das erklärt womöglich auch den Erfolg eines der beliebtesten deutschen Werbeklassiker. Eine Studie des Marktforschungsinstituts Innofact ergab: Noch heute erinnern sich viele Menschen an den metaphorischen Slogan „Wer wird denn gleich in die Luft gehen?“ British American Tobacco warb damit von 1957 bis 1984 für die Zigarettenmarke HB.

Entmachtung der Metaphern

Metaphern sind mächtig. Kann man sich gegen sie überhaupt wehren? Vor allem, wenn sie unerwünschte Botschaften verbreiten? Man kann, weiß die Linguistin Elisabeth Wehling.

Beispielhaft nennt sie den „Schießbefehl“, den Rechtspopulisten in der Flüchtlingsdebatte propagieren. Wehlings Tipp für eine erfolgreiche rhetorische Distanzierung: Die Metapher auf keinen Fall verneinen! Denn unser Gehirn kann Verneinungen nicht verarbeiten – die Metapher „Schießbefehl“ wäre weiterhin präsent.

Das beste Gegenmittel: Eigene neue Metaphern schaffen! Und diese immer wieder klar und deutlich vermitteln. Also statt „Nein zum Schießbefehl“ besser „Ja zu offenen Grenzen“.

Fazit

Metaphern transportieren unbewusste Schlussfolgerungen über einen Sachverhalt. Ihre bildhafte Sprache polarisiert. Verurteilt. Reißt mit. Oder macht neugierig. Sie bleibt uns in Erinnerung. Metaphern gehören damit zu den fundamentalen Werkzeugen der Kommunikation in Politik, PR und Produktwerbung.

Quellen:

Stefanie Schramm, Claudia Wüstenhagen. Sprachpsychologie: Die Macht der Worte. zeitonline.de

Stefanie Schramm, Claudia Wüstenhagen. Das Alphabet des Denkens. 3. Aufl. März 2015.

Johanna Bruckner. Sprache in der Flüchtlingsdebatte. Interview mit Linguistin Elisabeth Wehling. 17.2.2016, sueddeutsche.de

Top Ten der Werbeslogans: Diese Sprüche lieben die Deutschen. 16.3.2013. t-online.de

Interview mit George Lakoff, UC Berkely News. berkeley.edu

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