#show.geschaeft

Wenn man nach Trends im Handel fragt, erhält man immer die gleiche Antwort: Der stationäre Handel muss sich digitalisieren und Erlebnisse schaffen. Der Ansatz ist also, stationäre Geschäfte zu sozialen Treffpunkten aufzuwerten.

Das Kaufen von Produkten reicht nicht mehr aus. Ein Mehrwert muss her. Erlebnisse sind gefragt, gern in einer Wohlfühl-Atmosphäre. Geschäfte könnten damit sogar die Stammkneipe, den Verein oder das Kino als Treffpunkt ablösen. Durch die Verschmelzung von stationärem Angebot, digitalen Diensten und Unterhaltung buhlen sie um die Gunst des Kunden.

Ziel des Ganzen? Die Zahl der Kundenbesuche steigern und damit einhergehend Kunden binden. Doch lohnt sich dieser Aufwand wirklich? Und wie lässt sich dies möglichst einfach umsetzen?

Showrooming = Schimpfwort? Das war gestern!

Das US-Unternehmen b8ta versteht Handel als Service und sich selbst als Dienstleister für Hersteller. Seine Läden wirken wie eine Galerie oder ein Museum. Verkäufer gibt es nicht. Stattdessen führen sogenannte Berater durch das trendige Sortiment. Bisher war der Begriff Showrooming eher negativ besetzt. Er stand für das Kundenverhalten, sich stationär beraten zu lassen und im Anschluss beim preisgünstigsten Onlinehändler zu kaufen.

Dieses Problem umschifft b8ta galant. Dem Unternehmen ist es sogar vollkommen egal, ob die Kunden im Laden kaufen oder nicht. Neben jedem Produkt liegen Tablets, mit denen sich die Kunden online weiter informieren oder Preise vergleichen können. Selbst bei getätigten Verkäufen fließen 100 % des Umsatzes an den Hersteller.

Wie funktioniert ein Einzelhandelsgeschäft ohne Marge?

Ganz einfach: Es vermietet seine Verkaufsfläche an verschiedene Hersteller. Diese profitieren von einem exklusiven Umfeld und den Abstrahlungseffekten der anderen angebotenen Waren. Zudem gibt es so gut wie keine konkurrierenden Produkte und die Berater sind aufgrund der schmalen und flachen Sortimentsstruktur sehr fachkundig.

Gleichzeitig liefert b8ta den Herstellern live sämtliche Daten über die Beratungs- und Verkaufsgespräche. Zahlreiche Kameras verfolgen jede Kundenaktion. Berater protokollieren jedes Gespräch. Und Bots melden jeden Verkauf umgehend an die entsprechende Stelle beim Hersteller. Bisher war der Handel für selbige in der Vergangenheit oftmals eine Black Box. Doch dieses Konzept gibt einen Echtzeit-Einblick in den Markt, der sich nicht nur auf Verkaufszahlen beschränkt.

Mittlerweile hat b8ta in den USA 80 Filialen oder Shop-in-Shop-Flächen. Warum es echte Chancen hat, noch erfolgreicher zu werden? Es kombiniert die Vorteile des stationären Handels mit denen des Onlinehandels. Da jedes Produkt nur einmal pro Geschäft vorhanden ist und der Verkauf nicht im Vordergrund steht, sind auch keine teuren Lagerflächen mehr nötig. Selbst 1-a-Lagen werden erschwinglich, da nur noch Bruchteile der Fläche klassischer Läden benötigt werden.

Bedürfnisbefriedigung im Schnelldurchgang: Fulfillment-Stationen

Ein weiterer Schritt in der Optimierung und Zusammenführung des Digital Commerce mit stationären Geschäften bietet die Eröffnung von Fulfillment-Centern. An ihnen können Kunden bestellte Waren rund um die Uhr abholen. Vollautomatisierte Kommissionierungs-Systeme geben die vorbestellten Waren innerhalb kürzester Zeit aus. Erste Vorstufen sind inzwischen weltweit zu sehen. 

Walmart setzt in seinen Superstores in den USA auf sogenannte Vending Machines. Kunden erhalten ihre Ware nach dem Scannen eines Barcodes. Die Befüllung der Terminals übernehmen allerdings noch Mitarbeiter. Selbiges ist auch schon in einigen Flagship-Stores der Modemarke Zara zu finden.

Der französische Lebensmittel- und Einzelhändler E.Leclerc bietet seinen Kunden seit Jahren an über 650 Standorten einen gratis Drive-in-Abholservice. 2 Stunden nach dem Eingang der Online-Bestellung kann der Kunde seinen Einkauf abholen. Die Kommissionierung geschieht mittlerweile fast vollständig automatisiert. Das Drive-in-Geschäft boomt. E.Leclerc gibt einen Umsatz von 3,5 Mio. Euro an – pro Standort!

Ob sich dies lohnt? 27 % der Click-&-Collect-Nutzer in Europa kauften beim Abholen ihrer Bestellung mindestens einen weiteren Artikel.

Zeitungskiosk 3.0

50 % Ladengeschäft, 50 % App. Klingt komisch, funktioniert aber. In New Yorks U-Bahn-Stationen wurde der Zeitungskiosk neu erfunden. Ein realer Verkaufsraum trifft dort auf eine digitale Plattform.

Statt Pendler mit Zeitungen und Einheits-Snacks zu bedienen, setzen die Betreiber von New Stand auf ein ständig wechselndes Sortiment aus Zeitungen, Magazinen, Büchern und hochwertigen Leckereien zum Mitnehmen. Der gesamte Innenraum des Kiosks ist modular und flexibel aufgebaut. Das Erscheinungsbild wandelt sich stätig. Unterstützt wird dies durch eine kostenlose App, die die Konsumenten jeden Morgen mit neuem Content wie News, Playlisten und GIFs versorgt und zum Mitmachen animiert.

Amazon Storefronts – die Onlineriesen-Manufaktur von nebenan

Auch Amazon sieht mittlerweile die Notwendigkeit, sich nahbarer zu geben und die Menschen hinter den Produkten in den Fokus zu rücken. Mit Storefronts bietet der Internetgigant jetzt eine Plattform für kleine und mittelständige Händler und präsentiert ihren Werdegang sowie ihre Handelskonzepte und Ideen. Videos und Kurzportraits geben einen Blick hinter die Kulissen und dem Kunden ein Gefühl von Nähe. Gezeigt werden diese auf der Amazon-Webseite und in TV-Spots.

Ob sich die Storefronts durchsetzen werden? Eigentlich ist die Idee, den auf Amazon tätigen Händlern ein eigenes Profil zu geben, nicht schlecht. In der aktuellen Umsetzung mangelt es jedoch an Sichtbarkeit auf der Amazon-Seite. Kunden müssen noch aktiv nach dieser Sparte suchen. Woher das Interesse der KMUs kommt? Sie haben 2017 weltweit die Hälfte aller bei Amazon im Marketplace verkauften Produkte angeboten. Allein deutsche Unternehmen exportierten dabei Waren für mehr als 2 Mrd. Euro. Sie schafften in den letzten Jahren über 75.000 Arbeitsplätze in diesem Bereich.

Nach dem Aus von DaWanda zeigt Amazons Engagement, dass es im Onlinehandel in Zukunft darum geht, mehr Persönlichkeit in den Einkaufsprozess zu bringen.

Fazit

Die ausgewählten Beispiele zeigen: In Zukunft reicht es nicht mehr aus, nur irgendwie digital zu sein oder Erlebnisse zu schaffen. Handelskonzepte müssen wie im Beispiel von b8ta komplett hinterfragt und neu gedacht werden. Online wie offline geht es darum, Persönlichkeit zu zeigen. Nebenbei gilt es, die Prozesse rund ums Einkaufen einfacher zu gestalten. Den Kunden müssen zeit- und nervenraubende Aufgaben wie die Erledigung des Wocheneinkaufs erleichtert und schrittweise abgenommen werden.

Quellen:

retailtechnology.de
zukunftdeseinkaufens.de
brandeins.de
leclercdrive.fr
interroll.de
heise.de
Novum 10/18
newstand.com
t3n.de/handel-zukunft-konzepte-einzelhandel
t3n.de/amazon-go-jd-auchan-konkurrenten
b8ta.com/products

Mats ist New Communications Fachmann für Handelsmarketing und 3D/CGI-Projekte. Der studierte Betriebswirt ist wie gemacht fürs turbulente Werbe-Leben. Denn Stress und Hektik perlen von dem leidenschaftlichen Surfer ab, wie Wassertropfen von Neopren. Gleichzeitig weiß Mats, wie man Erfolgswellen reitet und hat ein untrügliches Gespür dafür, woher der Wind weht. Klare Kiste, dass Mats damit an Bord vom Strategie-Team ist.

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