81 % der Deutschen finden Humor in der Werbung sehr wichtig. Trotzdem arbeitet nur jede 5. Werbung hierzulande mit dem Stilmittel. Dabei beweisen Sendungen wie „Die witzigsten Werbespots der Welt“ und jede Menge Likes für humorvolle Spots, dass lustige Werbung gut ankommt.

Witz wirkt

Das erste Ziel von Werbung ist Aufmerksamkeit. Die ist Produkten sicher, die Menschen zum Lachen bringen. Unterhaltsame Werbung gilt als weniger nervig. Ganz im Gegenteil: Sie erzeugt Sympathie. Menschen fühlen sich weniger manipuliert als bei sachlichen Spots. Nach einer Studie der Freien Universität Berlin mögen Konsumenten die Marke umso mehr, je intensiver der Humor ist. Lustige Spots und Motive haben außerdem ein höheres virales Potenzial in sozialen Netzwerken und gewinnen mehr Branchenpreise.

Warum haben wir dann in Spots und auf Plakaten nicht viel häufiger gut lachen? Weil das zweite Ziel von Werbung verkaufen ist. Und der Witz dabei ganz schön nach hinten losgehen kann.

Achtung, Blutsauger!

Kennen Sie die Bierwerbung, in der sich Männer kreischend über einen begehbaren Kühlschrank freuen? Ich wette, die fanden Sie lustig. Ich wette auch, dass die Hälfte von Ihnen sich nicht an die Biermarke erinnern kann. Zu Ihrer Verteidigung: Ich dachte auch, es wäre Beck’s.

Mit der Bierkühlschrank-Werbung ist Heineken dem Vampir-Effekt zum Opfer gefallen. Der tritt auf, wenn der Witz das Produkt in den Hintergrund drängt – geradezu aussaugt. Die Zielgruppe erinnert sich dann zwar an den lustigen Spot, aber nicht, wofür geworben wurde.

Besser machen es Flensburger Pilsener und Astra. Die Werbung der Marken ist eng mit dem jeweiligen Produktimage verbunden. Flensburger steht für nordische Schlichtheit. Die typisch wortkargen Spots unterstützen das Image. Astra pachtet für sich das anrüchig-raue Klima Hamburgs. Und liefert passende Motive mit provozierendem Inhalt. Witz mit Wiedererkennungswert: Das ist eine der Erfolgsformeln humorvoller Werbung.

Das Produkt ist der Star

Die Königsklasse lustigen Marketings präsentiert das Produkt als Lösung für ein humorvoll inszeniertes Problem. Ikea gelingt dies mit einer Reihe Spots um ein junges Paar und dessen Alltagsprobleme. So landen Smilla und ihr Freund Bo nach einem eskalierten Rosenkrieg um die häusliche Unordnung beim Paarberater. Dessen Therapie – ein Ordnungssystem des schwedischen Möbelhauses – stellt die heile Welt wieder her.

Doch nicht jedes Produkt eignet sich für humorvolle Kommunikation. „People don’t buy from clowns“, warnte Werbefachmann Claude Hopkins schon in den 60er-Jahren. Die Gefahr, unseriös zu wirken, schreckt Anbieter von hochpreisigen oder erklärungsbedürftigen Produkten oder Dienstleistungen häufig von Witzeleien ab. Sie setzen eher auf sachliche Information. Noch seltener sieht man lustige Werbung für ernste oder sehr persönliche Themen wie Medikamente, Hygieneartikel oder Bestattungsunternehmen. Produkte des täglichen Gebrauchs bedienen sich dagegen häufiger aus der Witzekiste – vor allem, wenn es sich um Genussgüter wie Alkohol und Süßigkeiten handelt.

Fettnäpfchen vorprogrammiert

Was die einen zum Brüllen komisch finden, lässt andere kalt. Einige fühlen sich von vermeintlich lustiger Werbung sogar persönlich angegriffen. Und andere verstehen den Witz erst gar nicht. Wer witzig werben will, muss seine Zielgruppe darum genau unter die Lupe nehmen. Alter, Geschlecht, kulturelle Hintergründe und sozialer Status sollten immer mitbestimmende Faktoren sein. Am empfänglichsten für humorvolle Werbung gelten junge Männer mit gehobener Bildung.

Fazit: Witz komm raus

Ob lustige Werbung besser verkauft, ist schwer zu sagen. In jedem Fall sorgt sie für Aufmerksamkeit und punktet auf dem Sympathiekonto der Marke. Bei provokanten Kreationen sollten die Verantwortlichen das Risiko eines Shitstorms allerding einkalkulieren. Wenn mehr Menschen lachen als die Nase rümpfen, ist der Spaß es in der Regel wert. Das gilt auch für Branchen, in denen humorvolle Werbung noch eine Seltenheit ist – und die Chance, damit aufzufallen, besonders groß ist.

Das italienische Bestattungsunternehmen Taffo vervierfachte seinen Umsatz mit schwarzem Humor auf Facebook. Ein Berliner Bestatter, der mit dem Schriftzug „Kommen Sie doch näher“ an der U-Bahnsteigkante warb, kassierte dagegen eine Abmahnung vom Bundesverband und eine Rüge vom Werberat. Wer jetzt an das Klischee vom humorlosen Deutschen denkt, hat den Witz verstanden.

Quellen

Statista: Umfrage zu wichtigen Eigenschaften der Werbung für Verbraucher in Deutschland 2010
Julia Arnhold, Bachelorarbeit: Humor in der Werbung im interkulturellen Vergleich
Martin Eisend, FU Berlin: Wenn Witze werben

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