Schlaflose Nächte. Schweißausbrüche. Zitternde Hände. Was sich anhört, wie die Symptome von Todesangst, erleben viele Menschen wenn sie vor Publikum sprechen müssen. In einer auf Statista veröffentlichten Befragung rangiert „öffentlich reden“ auf Platz 1 der häufigsten Ängste. Zum Vergleich: Krankheit und Tod landen auf Platz 6.
Eine Menge Menschen würden lieber sterben als eine Rede halten. In vielen Berufen gehören Präsentationen jedoch zum Alltag. Täglich kämpfen sich verzweifelte Sprecher an ihr Manuskript geklammert durch lieblose Vorträge – in der Hoffnung, das alles möge schnell vorübergehen. Das Ergebnis: Die Zuhörer wünschen sich dasselbe.
Das ist schade. Denn schlecht präsentiert hat auch die beste Idee keine Chance. Tragisch, wenn man bedenkt, wie viel Zeit und Liebe zum Detail oft in die Ideenfindung fließen. Dabei ist Präsentieren ein Handwerk wie jedes andere. Das bedeutet: Man kann es lernen. Und so ganz automatisch auch die Angst davor verlieren. Dabei helfen sechs Rollen, in die Sie für Ihre Präsentation schlüpfen sollten:
Der Menschenkenner
Die Angst vor öffentlichen Präsentationen entsteht oft, weil man nicht weiß, was einen erwartet. Zumindest darüber, WER Sie erwartet, können Sie im Vorfeld eine Menge in Erfahrung bringen. Sammeln Sie so viele Informationen wie möglich über Ihr Publikum. Was sind die Rollen im Unternehmen? Sind sie positiv oder negativ zum Projekt eingestellt? Wenn möglich, versuchen Sie auch private Details zu erfahren – über den kulturellen Hintergrund, Hobbys oder Familienstand Ihrer Zuhörer – und nutzen Sie die Informationen an passender Stelle, um das Eis zu brechen.
Der Star
Der Präsentator steht hinter seinen Notizen versteckt in der Ecke des Raumes. Alles blickt auf die Leinwand. Denn da ist die Action – in Form von bis an den Rand mit Text gefüllten Folien. Zur Sicherheit liest der Redner jedes Wort davon vor. Und macht sich damit überflüssig. Die Folien allein sagen alles.
Eine gute Präsentation funktioniert genau umgekehrt. Der Redner ist der Star. Die Folien dienen nur zur Unterstützung. Ohne seine Worte ergäben sie keinen Sinn. Idealerweise enthalten sie darum auch nur minimale Textanteile und bestechen hauptsächlich durch Bilder.
Der Bombenleger
Jedes gute Rockkonzert beginnt mit einer Rauchbombe. Der Bühnennebel packt die Aufmerksamkeit des Publikums und bereitet es auf den Star vor. Sorgen auch Sie mit einem ungewöhnlichen Auftakt dafür, dass Ihre Zuhörer von Anfang an gebannt lauschen. Das kann ein fesselndes Bild, ein starkes Statement oder eine Geschichte sein. Verzichten Sie auf 08/15-Einstiegs-Phrasen wie „Vielen Dank dass Sie sich heute die Zeit genommen haben“ und schüren Sie so die Vorfreude auf einen spannenden Vortrag.
Der Geschichtenerzähler
Geschichten sind emotional. Und Emotionen verkaufen. Verweben Sie das Thema Ihrer Präsentation also in eine packende Story. Zählen Sie Ihre Ideen nicht einfach auf, sondern ER-zählen Sie sie – anhand von Beispielen, Anekdoten, Zukunftsvisionen. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Zuhörer Ihre Entwürfe vor Augen sehen und als einzig logische Antwort auf die Aufgabenstellung erkennen. Dabei dürfen Sie ruhig zu Hilfsmitteln greifen – Musik, Lichteffekte oder eine Videobotschaft durchbrechen den starren Präsentationsrahmen und bleiben im Gedächtnis.
Der Zeichensetzer
Wer nervös ist, tendiert dazu, hastig und ohne differenzierte Betonung zu sprechen. Damit bringt man den Vortrag zwar schnell hinter sich, doch das Publikum schaltet in der Regel nach 5 Minuten resigniert ab.
Helfen Sie Ihren Zuhörern, bei der Stange zu bleiben. Gönnen Sie Ihnen nach einem wichtigen Statement ein paar Sekunden Stille. So haben Ihre Aussagen Raum, zu wirken. Einen ähnlichen Effekt erzielen Sie wenn Sie Ihre Sprech-Lautstärke variieren. Das bedeutet nicht, dass Sie wichtige Punkte besonders laut betonen müssen. Im Gegenteil – eine in gedämpfter Stimmlage ausgesprochene Lösung kann sehr überzeugend wirken.
Der Profi
Die schlechte Nachricht: Um eine gute Präsentation zu halten muss man üben. Oft. Und am besten vor Publikum. Die gute Nachricht: Es lohnt sich. Denn wer gut vorbereitet ist, hat weniger Angst. Das bedeutet nicht, dass Sie Ihre Präsentation Wort für Wort auswendig lernen sollen. Das ist der Todesstoß für jede Rede. Es klingt nicht nur steif und künstlich, sondern bringt Sie über kurz oder lang in Schwierigkeiten – wenn Sie ein wichtiges Wort vergessen und in panisch in Ihren Unterlagen blättern.
Lernen Sie stattdessen Ihre Ideen. Ihre Argumente. Und üben Sie so lang, bis Sie sich Ihrer Sache sicher sind. Das gilt umso mehr wenn Sie im Team präsentieren. Gemeinsame Proben sind Pflicht – wer sich die Zeit dazu nicht nimmt, riskiert die Arbeit aller.
Ist das alles?
Nein. Aber ein Anfang. Mehr Inspiration und richtig gute Präsentationen finden Sie zum Beispiel auf www.ted.com. Ein sehr empfehlenswertes Buch mit vielen Praxis-Tipps ist „The Art of the Pitch“ von Peter Coughter. Wer lieber auf Deutsch liest, findet in „So würde Hitchcock präsentieren“ von Michael Moesslang hilfreiche Anleitungen. Ansonsten gilt: Üben, üben, üben. Und den Mut haben, Neues auszuprobieren. Ihr Publikum wird es Ihnen danken.
Quellen:
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