Mehr als fragwürdig dagegen ist die App Peeple, mit der Menschen andere Menschen einfach so bewerten können. Doch darum geht es mir heute nicht. Ich bin nämlich über ein neues Bewertungsportal gestolpert. Nicht von Usern für User, sondern von Nichtregierungsorganisationen für Konsumenten.
Das Portal Fair Finance Guide ist der deutsche Ableger des gleichnamigen Zusammenschlusses verschiedener NGOs. Die Initiative bewertet dort Banken. Und zwar nach der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Soll heißen: Es wurden die öffentlich einsehbaren Richtlinien von Banken daraufhin untersucht, ob sie dem Praxistest standhalten. Das Ergebnis der Untersuchung ist für jede der Banken notiert: Abweichungen von den Richtlinien werden explizit genannt.
Manch einer fragt sich sicherlich: „Was macht meine Bank eigentlich mit meinem Geld?“ Dem einen mag es egal sein, anderen nicht, ob damit Menschenrechtsverletzungen, Waffen, Umweltzerstörung oder anderes Schlechtes finanziert wird. Fair Finance Guide nimmt die selbstauferlegten Richtlinien der Banken in genau diese Richtung unter die Lupe und schafft Transparenz. Das Angebot ist noch ganz neu und entsprechend schwach befüllt. Nur acht Geldinstitute wurden bislang bewertet. Es bleibt zu wünschen, dass diese Zahl noch deutlich anwächst, ansonsten wäre das Portal ziemlich sinnlos.
Die Reputation von Banken und ihren Protagonisten hat ja nicht erst mit der Finanzkrise gelitten. Seitdem haben die Banken zuerst einmal eingesehen, dass die Devise „Rendite um jeden Preis“ (und wenn man sich verzockt, wird’s der Steuerzahler schon ausbaden) ein ganz gewichtiger Teil des Reputationsschadens ist. Der nächste Schritt war, sich einen Kodex zu geben, eine CSR-Policy könnte man sagen, um Vertrauen (zurück) zu gewinnen. So weist Fair Finance Guide in der zugehörigen Pressemeldung darauf hin, dass gut 60% der Deutschen ihre Bank wechseln würden wenn sie wüssten, dass diese zum Beispiel mit Nahrungsmitteln spekuliert oder in Rüstungsunternehmen investiert bzw. diese finanziert.
Das Angebot liegt damit ganz auf der Linie der Zeit. Gerade erst hat Havas Worldwide eine Studie veröffentlicht, die das Verhalten von Konsumenten in Verbindung mit ethischem Verhalten von Unternehmen untersucht hat. Verbraucher erwarten demnach von Marken, dass sie sich der sozialen Probleme der Welt annehmen. (Einhergehend ist ein Verlust von Vertrauen in die Politik.) Dabei zeigen sich hohe Umfragewerte für Unternehmen, die Verantwortung übernehmen. Die eine aktive(re) Rolle spielen bei der Lösung sozialer Probleme. Die sich sozial und ökologisch engagieren. Kurz: Die etwas für Menschen tun (tatsächlich, außerhalb des eigentlichen Geschäftsmodells!), „make the world a better place“.
Diese Haltung – und auch die Erkenntnis, dass Konsum ein Schlüssel dazu sein kann – ist laut Studie in Deutschland besonders ausgeprägt: 58 % geben an, dass sie mit ihren Kaufentscheidungen entsprechend Einfluss nehmen können. International liegt der Wert bei gerade einmal 23 %. Dazu gehört auch das Wissen um die Geschäftspraktiken, das immer stärker in den Vordergrund rückt. Diesem Wunsch nach Transparanz tragen Plattformen wie z.B. Fair Finance Guide Rechnung. Allerdings, so gibt Havas auch zu bedenken, sei eine Positionierung via CSR-Policy allein sei nicht ausreichend. Entscheidend sei es, den individuellen Nutzen mit sozialer und ökologischer Verantwortung zu verknüpfen. Denn wenn es beim individuellen Nutzen hapert, dann hilft auch eine vorbildliche Corporate Responsibility nicht viel. Ohne eine solche werden Unternehmen allerdings über kurz oder lang Einbußen zu vermelden haben, da nicht nur Prosumenten, sondern auch Konsumenten abspringen werden. Derzeit ist nämlich keine Umkehr des Trends „Verantwortung zeigen und ausüben findet Unterstützung“ in Sicht.
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