Retro ist immer noch Trend

Wie bereits in den vergangenen Jahren immer wieder festgestellt, so besteht auch weiterhin eine gestalterische Sehnsucht nach Farb- und Formsprache der 50er und 60er Jahre. Sowohl in der Typografie als auch in Illustrationen. Burger King hat mit seinem Redesign Anfang des Jahres für Aufsehen in der Designszene gesorgt, weil es den Retro-Charme gelungen mit den Anforderungen der digitalen Welt verbindet. Aber auch junge Unternehmen wie das Podcast-Studio „Realm Media“ greifen auf selbstbewusste Design-Elemente weit vergangener Jahrzehnte zurück und wirken gerade dadurch frisch und modern.

Neues aus der dritten Dimension

Neben der abstrakten 3D-Kunst, die vor einigen Jahren als Trend ausgemacht wurde, hat sich die konkrete 3D-Illustration als Gestaltungsmittel immer mehr in den Vordergrund geschoben. Besonders im Webdesign werden vermehrt illustrative Elemente eingesetzt, um die Eigenständigkeit der Seite zu betonen und verdrängen die zu Recht viel gescholtenen Stockfotografien. Doch neben handgezeichneten oder vektorisierten Visuals wird man auch in Zukunft mehr und mehr in 3D illustrierte Bildmotive finden. Begabte 3D-Künstler transformieren ungewöhnliche Illustrationsstile in den Raum und verleihen ihnen Plastizität. Auch Stock-Agenturen fangen diesen Trend auf und bieten 3D-Illustrationen in ihrem Portfolio an. Durch die technischen Möglichkeiten moderner 3D-Programme ist es nicht nur großen Studios vorbehalten, überzeugende menschliche Animationen in raffinierten Szenerien und realistischer Beleuchtung zu erstellen.

Digital Humans

Geradezu beängstigend wird es, wenn man sieht, welche Fortschritte in der hyperrealistischen Darstellung von Menschen erzielt wurden. Mit dem MetaHuman Creator der Unreal Engine soll es möglich sein, in Rekordgeschwindigkeit menschliche Charaktere zu erschaffen, die in Spielen, aber auch in VR-Anwendungen oder virtuellen Veranstaltungen zum Einsatz kommen könnten. Das „uncanny valley“ ist zwar immer noch präsent, d. h. die Figuren wirken immer noch seltsam künstlich, aber das Potenzial dessen, was bereits möglich ist, raubt einem schier den Atem.

Design-Systeme der Giganten

Der Trend zu Design-Systemen wurde von uns bereits vor drei Jahren erkannt. Design-Systeme sind digitale Bibliotheken und Nachschlagewerke für Designer und Entwickler, die die Design-Sprache eines Unternehmens beschreiben und Komponenten bereitstellen, um schnell und effektiv kohärente und stimmige digitale Produkte zu kreieren. Interessant wird es immer dann, wenn die großen Tonangeber Google und Microsoft mitmischen und das ist jetzt wieder der Fall.

Fluent Design System

Bereits seit 2017 entwickelt Microsoft das „Fluent Design System“ – angelegt als langjähriger Entwicklungsprozess. Ziel ist auch hier eine gemeinsame, plattformübergreifende Design-Sprache für alle digitalen Erzeugnisse – gar nicht so leicht bei diesem Riesen-Konzern. Neuestes Ergebnis ist die „Fluent UI“ – eine umfangreiche Sammlung von UX-Frameworks, Code-Snippets und Design-Assets.

Material You

Google hebt mit „Material You“ ganz frisch das bisherige „Material Design“ auf eine neue, emotionale Ebene. Form follows function and feelings. User*innnen werden zu Co-Creators, individuelle Farbpaletten halten Einzug, garniert mit spielerischen Elementen. Material You soll das maßgeschneiderte User-Interface für jeden Einzelnen und jede Einzelne bieten. Diversity auch in der Experience.

Diversität im Design

Keine Frage – das internationale Kommunikationsdesign ist von westlicher Ästhetik dominiert. Schrift und kulturelle Anspielungen sind auf europäischnordamerikanische Sehgewohnheiten abgestimmt. Künftig erwarten wir jedoch vermehrt Einflüsse vor allem aus dem Nahen Osten und Süden des Globus. Denn auch die visuelle Identität unserer Nachbar-Kulturräume ist mit dem arabischen Frühling neu erwacht. Das wird uns in Bildwelten und Illustrationen begegnen. Die dynamischen illustrativtypografischen Arbeiten werden uns ebenso inspirieren und beeinflussen, wie es japanischer Reduktion und polynesischen Tattoos bereits gelungen ist.

Ugly Design

Regeln sind dazu da, gebrochen zu werden – das gilt gerade wieder im Kommunikationsdesign. Unharmonische Farbkombinationen, schlecht gesetzte Schriften mit nahezu unlesbarem Kontrast, rabiater Stilmix, inkonsistente Piktogramme, rüde bearbeitete Fotos, gänzlich fehlende Gestaltungsraster, u. s. w., die Liste der bewussten Ignoranz guter Gestaltung lässt sich beliebig erweitern. Wurden in den vergangenen Jahren einzelne Ugly-Elemente bewusst als Stilbruch eingesetzt, so ist „Ugliness“ jetzt das Grundkonzept.

UX Writing und Microcopy

Digitalisierung hält weiter Einzug in jeden noch so kleinen Winkel unseres Alltags und Benutzeroberflächen werden Cockpits immer ähnlicher. Schon auf der Fernbedienung eines Smart-TV befinden sich mittlerweile mehr Buttons und Icons als man ratend zuordnen kann. Und während Piktogramme für gängige Funktionen wie Lautstärke oder Kanalwahl noch gelernt sind, so lassen sich neuere und komplexere Funktionen kaum noch über ein einfaches Symbol intuitiv erklären. Muss man auch nicht, denn unsere Sprache bietet reichlich Möglichkeiten, User Interfaces einfach und korrekt bedienbar zu machen: Durch eine zugleich kompakte, sowie maximal präzise und verständliche Beschreibung der ausgelösten Funktion, dem Writing für die User Experience – kurz UX Writing. Im Idealfall mit einem Wort: Microcopy.

Single Style Editorial Design

Magazingestaltung ist neben Corporate Design die Königsdisziplin des Designs. Hier trifft alles aufeinander, was Kommunikationsdesign zu bieten hat: ein präzises Auge für Typografie und der bedachte Umgang mit Farben, Formen, Fotografien und Illustrationen, die zu ausgewogenen Strecken verbunden werden. Funktionale und dekorative Aspekte sind fein ausbalanciert. Redaktionelle Inhalte erfahren durch ein sorgfältiges Design eine enorme Aufwertung in ihrer Aussagekraft. Zudem ist jeder Artikel und jede Rubrik leicht unterschiedlich gestaltet – bis jetzt. Denn zunehmend beobachten wir, dass einzelne Ausgaben von Magazinen stilistisch durchgehend gestaltet sind. Das können farbliche Schwerpunkte sein, die innerhalb des Heftes in Intensität oder Proportionen variieren. Oftmals ist es ein illustrativer Stil, der sich durch die gesamte Ausgabe zieht oder gleichartige grafische Artikelaufmacher wie im vorliegenden Trendspot-Magazin – und auch schon seinen vorangegangenen Ausgaben. Herausragendes Beispiel ist das Wirtschaftsmagazin „Neue Narrative“, das inhaltliche Schwerpunkte auch visuell abbildet.

Responsive Identity

Früher prangten Logos auf Briefköpfen, posierten majestätisch von Hausdächern oder zwängten sich in die Ecke einer Visitenkarte. Und heute? Wird der ohnehin beschränkte Raum auf Visitenkarten noch von schmalen Website-Köpfen, mobilen Devices und in Form von App-Icons deutlich unterboten. Um dennoch Identity zu zeigen, sind moderne Logos nicht nur formal, sondern auch inhaltlich skalierbar. Dabei wird deren Komplexität stufenweise verringert: von der vollständigen Wort-Bildmarke über eine abgespeckte bzw. platzsparendere Variante und der Beschränkung auf die reine Wort- oder Bildmarke bis zur maximalen Reduktion auf das typischste Designdetail. Wie sieht Ihr Logo in der Ultra-Kompaktversion aus?

Society Centered Design

Bei der Entwicklung von Websites, Apps, Softwares aber auch sonstigen Services standen in den letzten Jahren erfreulicherweise häufig Nutzer*innen im Mittelpunkt. Der Ansatz des sogenannten „User Centered Design“ hilft, (nicht nur) digitale Dienstleistungen an den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Nutzer*innen zu orientieren. Dabei stehen jedoch fast immer nur sehr individuelle, wenn nicht gar egoistische Interessen im Zentrum. Ein erweiterter Ansatz bringt nun „Society Centered Design“ auf die Agenda. Denn was gut für mich ist, sollte idealerweise auch gut für die Gesellschaft sein. Hier werden auch Non-Human-Stakeholder einbezogen: Umwelt, Tiere und natürliche Ressourcen. Das kann in der Praxis eines Online-Shops heißen: keine Kleinstbestellungen zulassen, Bestellungen in möglichst einer Lieferung zustellen und Verpackungen wiederverwenden. Für Routenplaner bedeutet dies beispielsweise auch, neben der kürzesten, schnellsten und landschaftlich schönsten Strecke auch die mit dem geringsten CO2-Fußabdruck vorzuschlagen. www.societycentered.design

Schnell geladen – nachhaltige und CO2-reduzierte Websites

Was im Print-Design recyceltes Papier und ökologische Farben sind, ist im Online-Bereich grüner Strom, eine geringe Datenmenge und eine niedrige Arbeitslast. Denn jede aufgerufene Website verbraucht Strom – beim Hoster, Provider, Router, dem Modem und im Endgerät selbst. Eine schnell geladene Website ist also nicht nur gut für das SEO-Ranking, sondern auch für das Klima. Wie viel CO₂ eine Website verbraucht, kann z. B. auf dieser Seite geprüft werden: websitecarbon.com. Demnach erzeugt die durchschnittlich getestete Seite „1,76 Gramm CO₂ pro Seitenaufruf“. Eine Leistungsoptimierung ist jedoch nicht nur Aufgabe der Technologie und Programmierung – auch das Design nimmt einen großen Einfluss auf die Performance. Können Bilder eingespart oder durch alternative Darstellungen ausgetauscht werden? Gibt es eine Alternative zum Fullscreen-Video-Hero? Kann ein simpleres Layout die Information genauso gut transportieren? Gibt es sekundäre Informationen, die nur bei Abruf nachgeladen werden? Hier gilt die alte Regel „Less is more“. Als Konsequenz daraus werden wuchtige Seiten mit komplexen Layouts durch minimalistischere Designs abgelöst. Überladene bildgewaltige Aufbauten mit vielen Videos und aufwändigen Widgets werden durch schlankere Vektor-Illustrationen, geometrische Formen, monochrome Bilder und typografische Raffinessen ersetzt. Ein umweltbewusstes Unternehmen wird seinen Fokus in Zukunft auch auf nachhaltige Websites setzen müssen, um authentisch zu bleiben.

Ob handgeschrieben, mit Struktur versehen oder einfach nur riesig – hier kommen die aktuellen Typografie-Trends.

Handgeschrieben

Handgeschriebene Headlines und Texte sind immer noch ein Dauerbrenner. Gerade in Zeiten, in denen Nachhaltigkeit und ökologisches Engagement eine große Rolle spielen, wird handgeschrieben, gekritzelt oder kalligrafiert, was das Zeug hält. Unsere Prognose: Das bleibt so. Auch 2022 und darüber hinaus werden wir häufig organisches, handgemachtes Design sehen. Mit dem iPad und Illustrations-Apps wie Procreate wird es auch zunehmend leichter, schnell tolle Handcrafted-Designs digital zu erstellen.

Schriften mit Struktur

Ob Streifen, Punkte oder ganze Illustrationen – strukturierte Schriften sind ein weiterer Trend in der Typografie. Eigentlich logisch, dass es zu den cleanen, fast schon sterilen Flat-Design- Logos und -Schriften, die ebenfalls aktuell angesagt sind (siehe Bahlsen und Kellogg‘s), auch eine Gegenbewegung gibt: Und hier kommt sie.

Riesentypo

Im Packaging-Design ein großer Trend: Schriften und Logos, die auf das volle Format oder darüber hinaus gebracht werden. Kraftvoll inszeniert laufen die Schriftzüge bei Kellogg's, Bahlsen und Co. derzeit sogar im Großformat über alle Seiten der Verpackung hinaus.

Christian Klose

Christian ist Creative Director für Screendesign bei New Communication. Und trägt einen Nachnamen, der eine Menge über sein Talent aussagt. So gilt er in den Bereichen Website-Konzeption und User Experience als wahrer „Virtu-Klose“ und seine Entwürfe als „Klose to perfection“. Dafür, dass der gebürtige Bayer trotz des ganzen Lobs nur geografische Höhenflüge erlebt, sorgen seine drei Kinder. Die ziehen Papa an seinem langen Zopf nämlich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

Lutz ist Creative Director und Innovationsmanager bei New Communication. Seit Agentur-Gründung sorgt er für öffentliches Aufsehen mit wegweisenden Designs und Interfaces. Nebenbei lebt er seine Typographie-Leidenschaft aus. Definiert Corporate Designs. Leitet Kreativ-und Innovationsworkshops. Ist mehrfacher Fachbuch-Autor. Und generiert systematisch Ideen im Sekundentakt. Während Sie diesen Text lesen, waren es übrigens 15 neue.

Patrick Wilkens

Patrick ist Creative Director für Kommunikationsdesign bei New Communication. Und sowas wie unsere kreative Allzweckwaffe. Während andere noch ihren ersten Kaffee schlürfen, rappeln Patricks Synapsen bereits auf Hochtouren. Weil so viel Energie ansteckend ist, lassen wir ihn als Mentor regelmäßig auf unsere Design-Azubis los. Am liebsten morgens. Solange wir Normalos noch Kaffee trinken.

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