Alternativ oder ergänzend können Sie diesen Artikel auch in Leichter Sprache lesen.

Niemand bekommt gern Steine in den Weg gelegt. Manchmal liegen diese Steine aber nur einigen wenigen im Weg. Andere hüpfen einfach darüber, ohne sie zu bemerken. Deutschland ist auf einem guten Weg, Barrieren einzureißen. Wo es einst nur Treppen gab, werden nun Rampen gebaut. Reicht der Platz dafür nicht, hilft ein Lift bewegungseingeschränkten Menschen, ihr Ziel zu erreichen. Auch digital werden immer mehr Rampen gebaut.

Richtige Technik und verständliche Sprache

Diese Rampen bestehen aus vier 4 Eigenschaften.

  1. Wahrnehmbar: Der Inhalt muss wahrnehmbar sein. Für Blinde sollten Audio-Dateien angeboten werden. Für Gehörlose sollten Videos Untertitel tragen.
  2. Bedienbar: Viele Nutzer können keine Maus bedienen. Daher sollte eine Webseite auch immer per Tastatur bedienbar sein.
  3. Robust: Die Inhalte müssen auf möglichst vielen Browsern und Hilfsmitteln darstellbar sein.
  4. Verständlich: Die Inhalte müssen verständlich sein.

Hierbei geht es sowohl um den Aufbau der Seite als auch um die Texte. Textverständlichkeit war schon immer mehr als nur eine Kür. Denn es spart Unternehmen effektiv Geld. Doch verständlich ist nicht dasselbe wie barrierearm. Dazu bedarf es mehr. Christiane Maaß hat in ihrem Buch „Leichte Sprache“ die wichtigsten Regeln zusammengestellt. Sie arbeitet am Institut für Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation der Universität Hildesheim. Der Lehrstuhl legt besonderen Fokus auf den Forschungsbereich Barrierefreie Kommunikation.

Ziel dieser Kommunikation ist es, dass Menschen sich selbstbestimmt mit anderen austauschen können. Das gelingt nur, wenn Texte leicht lesbar und gut verständlich sind. Menschen mit Behinderungen haben seit 2008 gesetzlich das Anrecht auf wahrnehmbare Inhalte. Rechtliche Grundlage sind das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) von 2002 und seine Umsetzungsverordnung, die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) von 2011. Diese berücksichtigt bereits teilweise die Beschlüsse der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2008 in Kraft ist. Eine erste Frist lief bereits am 22. März 2014 ab. Zu diesem Stichtag mussten alle Behörden ihren Online-Auftritt in leichter Sprache zugänglich machen. In der Realität ist dies oft bis heute nicht der Fall.

Was ist Leichte Sprache?

Leichte Sprache ist eine Varietät des Deutschen. Die Sprache wird dabei zum besseren Verständnis im Satzbau und Wortschatz systematisch reduziert. Zudem sollten Autoren davon ausgehen, dass die Leser kein bis sehr wenig Vorwissen haben. Schließlich werden in der Leichten Sprache – wann immer möglich – die Texte visuell aufbereitet.  Bislang gibt es keine festen Regeln für Leichte Sprache.

Informationen verteilen

In Leichter Sprache nutzt man kein Präteritum. Es heißt also „er hat geschrieben“ und nicht „er schrieb“. Ziel ist es, die Informationen auf mehrere Wörter aufzuteilen. Der Leser erkennt anhand mehrerer Wörter Person, Zeit und Verb. Gleiches gilt bei der Verneinung. Ob man ein Bild oder kein Bild gemalt hat, macht einen großen Unterschied. Textlich ist es nur der Buchstabe „k“. In der Leichten Sprache nutzt man daher das Wort „nicht“: „Sie hat heute nicht ein Bild gemalt.“ Eine weitere Hürde ist der Genitiv. Der Ausdruck „Nachbars Katze“ kann verwirren. Die Umschreibung „die Katze vom Nachbarn“ verteilt die Informationen auf mehrere Wörter und ist einfacher zu erfassen.

Baum vor Ahorn

Zentrale Kategorien haben Vorrang vor peripheren. So heißt es in der Fachsprache. Genau bedeutet das: Wir schreiben „Baum“. Denn diesen Begriff kennt jeder. Ahorn oder Kastanie verwenden wir nicht. Denn wir können nicht davon ausgehen, dass diese Begriffe gelernt sind. Ein weiterer elementarer Baustein ist die Handlungsorientierung. Die Texte sollen Ross und Reiter klar benennen. Es darf kein Rätselraten darum geben, wer was tut. Oft liest man in behördlichen Texten „Der Antrag wurde abgelehnt“. Durch diese Passivkonstruktion weiß man nicht, wer hier etwas abgelehnt. Besser: „Herr Meier hat den Antrag abgelehnt.“ Auch Genitivkonstruktionen in Nominalstil sind zu vermeiden.

Wichtiges betonen

Schließlich geht es darum, dass Informationen beim Empfänger ankommen. Dazu werden sie in der Leichten Sprache wie folgt betont:

  • Das Ende des Satzes wird sowohl mit einem Punkt als auch mit einem Absatzwechsel markiert.
  • Die Negativmarker „nicht“ werden mit Fettdruck gekennzeichnet.
  • Zentrale oder schwierige Konzepte werden mit Bildern, Grafiken oder Piktogrammen gestützt.
  • Erläuterungen schwieriger Wörter erscheinen nicht nur einmal im Text, sondern immer wieder.

Sprache, Ethik und mehr

Neben diesen Grundprinzipien des Sprachsystems gibt es weitere im Bereich der Ethik. Man spricht beispielsweise die Leser als Erwachsene an. Viele Schreiber verfallen oft in eine kindliche Sprache. Das ist nicht das Ziel der Leichten Sprache. Daneben hat die Verständlichkeit immer Vorrang. Aus diesem Grund wird bei Texten in Leichter Sprache auf eine geschlechtergerechte Sprache verzichtet.

Hilfe durch Technik

Das sind die Grundprinzipien der Leichten Sprache. So zu schreiben erfordert Übung und immer wieder einen wachen Blick auf den geschriebenen Text. Das Netzwerk Leichte Sprache hat als Richtschnur Regeln in Leichter Sprache erstellt. Hilfe bietet auch eine spezielle Software. Diese nutzt New Communication zur Erstellung von Texten innerhalb einer Corporate Language und zur Prüfung der Verständlichkeit. Aktuell arbeiten wir mit Communication Lab und der Uni Hildesheim an einer Verbesserung der Software. Ziel ist es aber sicherlich nicht, eine perfekte Software zu entwickeln. Wir wollen möglichst viele digitale Hürden einreißen und Menschen miteinander verbinden. Denn das ist der Kern jeder Kommunikation.

Quellen:

Leichte Sprache – Das Regelbuch von Christiane Maaß; Barrierefreie Kommunikation herausgegeben von der Forschungsstelle Leichte Sprache Universität Hildesheim; LIT VERLAG Dr. W. Hopf Berlin 2015

einfach-barrierefrei.net

Netzwerk Leichte Sprache

Das Büro für Leichte Sprache

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