Für alle Newbies (so werden in der Fachsprache des E-Sport Menschen bezeichnet, die neu in das Gaming-Business einsteigen) fangen wir mit den Basics an. E-Sport (auch E-Sports, eSports oder e-Sport geschrieben) steht vereinfacht gesagt für elektronischen Sport. Dieser ist nur bedingt mit klassischem Sport zu vergleichen. Beim E-Sport schwitzt man nicht selbst auf dem Fußballfeld oder beim Gewichte heben. Im Gegenteil: E-Sportler*innen treten vom gemütlichen Gaming-Stuhl aus an. Statt Ball und Co. heißen die Spielgeräte Maus, Tastatur und Controller.
E-Sport und klassischer Sport haben aber auch Gemeinsamkeiten: Es gibt Wettkämpfe. Beim e-Sport treffen die Gegner*innen nicht physisch, sondern digital aufeinander. Auch Publikum ist dabei – meist über Streaming, immer häufiger, aber auch direkt vor Ort bei Events. Wie beim Realsport gibt es unterschiedliche Disziplinen. Zu den beliebtesten Kategorien hören First Person Shooter (FPS), Battle Royal Spiele, Multiplayer Online Battel Arena (MOBA), Player vs. Player (PvP), Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG), Real Time Strategy Spiele, Kampfspiele und Kartenspiele.
E-Sportler*innen sind zum Großteil männlich und zwischen 16 und 34 Jahren alt (bezogen auf rund drei Viertel der E-Sportler*innen weltweit). Wer denkt, dass E-Sportler*innen nur auf der faulen Haut liegen, liegt falsch. Für eine professionelle E-Sport-Karriere stehen häufig mehrere Jahre hartes und ausdauerndes Training auf dem Plan, wobei den Athlet*innen teilweise enorme körperliche und psychische Leistungen abverlangt werden.
Vom Nerdkram zum Volkssport
Innerhalb weniger Jahre hat sich der E-Sport von einem Nischenhobby zu einem internationalen Massenphänomen entwickelt. „Schuld“ hat wie so oft Corona: Seit dem Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 haben vor allem Live-Streaming-Plattformen einen enormen Zuwachs an Spieler*innen und Zuschauer*innen erfahren. Aber auch schon vorher verzeichneten hochklassige E-Sport-Events beeindruckende Zuschauer*innenzahlen.
- Im Jahr 2018 wurde sowohl das Finale der „League of Legends Championship“ (eines der erfolgreichsten Online-Battle-Arena-Computerspiele von 2009) als auch das der Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen. Während sich weltweit 163 Millionen Zuschauende auf den Fußball konzentrierten, schauten satte 205 Millionen Interessierte dem LoL-Wettkampf zu.
- Twitch gilt mittlerweile als eine der am meisten genutzten Live-Streaming-Videoplattformen der Welt. Sie wird zum Übertragen von Videospielen sowie zur Interkation mit Zuschauer*innen in einem Livechat genutzt. Im Zuge der Corona-Pandemie hat Twitch einen neuen Höhepunkt erreicht: Zum Ende des Jahres 2020 hat die Plattform ihre Viewerzahlen im Vergleich zum Q4 des Vorjahres verdoppeln können. Die Anzahl der „Watched Hours of Live Streaming“ stieg weltweit von 15,6 Milliarden Stunden (Q4 2019) auf 28 Milliarden (Q4 2020).
Der Esport-Boom ist ungebrochen. Die Corona-Pandemie hat zuletzt sogar noch für zusätzliche Aufmerksamkeit gesorgt.
Hans Christian Dürr, Riot Games
Zufall? Sicher nicht. Denn während Events von traditionellen Sportarten aufgrund der geltenden Corona-Vorsichtsmaßnahmen verschoben oder gar abgesagt werden mussten, erfreute sich der E-Sport immer mehr Anhänger*innen. Durch die vielen Stunden, die die Bevölkerung zuhause verbrachten, wuchs die E-Sport-Community zusehends. Tendenz steigend.
E-Sport in Deutschland
E-Sport wird nur in wenigen Ländern, so z. B. Südkorea, USA, Brasilien, China, Frankreich, von den etablierten Sportverbänden als Sportart anerkannt. In Deutschland sieht die Lage noch anders aus: Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) stuft E-Sport (noch) nicht als Sportart ein.
Die deutsche E-Sport-Community lässt sich davon allerdings nicht unterkriegen. Aus den früher noch privat organisierten Treffen von Hobby-E-Sportler*innen über Foren und Communitys hat sich im Laufe der Jahre eine breite Range an Hobbyist*innen, Amateur*innen und Profis entwickelt. Längst haben sich eigenständige Vereine und Verbände gegründet. Auch selbstorganisierte Turniere mit integrierten virtuellen Ranglisten sind keine Seltenheit mehr.
Immer häufiger übertragen auch klassische TV-Sender wie ProSieben MAXX oder SPORT1 die großen E-Sport-Events im Free-TV. Anfang 2019 hat SPORT1 hierfür sogar den ersten eigenständigen E-Sport-Sender im deutschsprachigen Raum „eSPORTS1“ gelauncht. Über Online-Streaming-Plattformen wie Twitch oder YouTube, die sich auf E-Sport-Übertragungen spezialisiert haben und fester Bestandteil des E-Sport-Ökosystems sind, verfolgen Millionen Zuschauer*innen die Turniere und Ligen.
Wie beim klassischen Sport geht es dabei auch um Geld. Mit steigenden Fanzahlen klettern auch die Preisgelder in die Höhe: Der Sieger der Intergalaktischen Spacewar!-Olympiade (1972) erhielt ein Jahresabonnement der Zeitschrift Rolling Stone. Die Gewinner des ersten Nintendo World Championship-Finales (1990) gewannen 10.000 US-Dollar in Sparbriefen und zusätzliche materielle Preise. Beim The International (2019) wurde um ein Preisgeld von über 34 Millionen US-Dollar gespielt.
Spielarena fürs Marketing
In keiner anderen „realen“ Sportart ist es so einfach, über Ländergrenzen und Zeitzonen hinaus miteinander zu interagieren. Weltweit gibt es schätzungsweise 380 Mio. Menschen, die gelegentlich Spiele verfolgen. Davon sind etwa 165 Mio. selbst als E-Sportler*innen aktiv. Allein in Deutschland wird die E-Sport-Zielgruppe auf 6,4 Mio. Anhänger*innen geschätzt. Davon spielen etwa 3 Mio. selbst am PC, der Konsole oder am Handy und schauen mindestens einmal im Monat Spiele an.
Anzahl der eSports-Zuschauer weltweit in den Jahren 2019 bis 2021 und Prognose für 2022 und 2025 (in Millionen)
Damit bietet E-Sport ein enormes Potenzial für Ihr Marketing. Abgesehen von den zahllosen Flächen und Kanälen für Ihre Botschaft sind Messbarkeit und Effizienz die wichtigsten Argumente. Die Plattformen Twitch und YouTube bieten Tools, mit denen sich die aus dem Projekt generierte Reichweite messen lässt. Zu den Analysewerten gehören unter anderem die Streaming-Zeit, die Anzahl der Live-Ansichten, die durchschnittliche Betrachtungsdauer oder die Anzahl der Chat-Teilnehmer*innen. Die Erfolge einer vergleichbaren Offline-Kampagne sind ohne Tool definitiv schwieriger zu messen. Auch in Sachen Budget punkten Live-Streaming-Plattformen. Sie erreichen mit deutlich weniger Einsatz eine viel größere Zielgruppe als über klassische Werbung via Fernsehen oder Radio.
Die verschiedenen Marketingflächen im E-Sport
Offline
Merchandise
Die Vermarktung von E-Sport-Fanartikeln ist mittlerweile zu einem eigenständigen Geschäft geworden. Ähnlich wie bei klassischen Sportarten werden unter anderem Trikots, Caps oder Schals der bekanntesten Teams verkauft.
Des Weiteren gibt es spezielle Peripheriegeräte, die je nach Spielgenre bzw. -ebene eingesetzt werden. Dazu gehören leistungsstarke Computermäuse, Tastaturen, Headsets, Webcams und Gamepads. Eine perfekte Platzierung für Ihr Logo oder Ihren Claim.
Werbung während eines Events
E-Sport-Turniere werden nicht nur live gestreamt, sondern auch mit Publikum vor Ort ausgetragen. Dazu dienen teilweise riesige Events mit internationalen Gästen. Mit Displays, Bannern und kreativen Ideen sichern Sie sich die Aufmerksamkeit der Besucher*innen.
Online
Werbung während eines Events
Seien Sie vor, während und nach dem Event auf Social-Media-Kanälen oder auf der Website des Veranstalters präsent und sprechen Sie die Zielgruppe mit speziell auf das Event zugeschnittenen Botschaften an.
Product Placement
Produkte in Videospielen selbst oder auf Veranstaltungen zu platzieren, ist eine besonders elegante Form des Marketings. Nike sponsert beispielsweise die Teamkleidung von League of Legends Pro League (kurz LPL) in China und kreierte sogar eigene LPL-Trikots. Durch diese clevere, auf die junge Zielgruppe ausgerichtete Marketingstrategie verzeichnete der Sportbekleidungsriese einen enormen (Verkaufs-)Erfolg.
Programmatic Advertising
Werden Sie Teil des Games: Platzieren Sie digitale Plakate auf speziell dafür ausgerichteten Werbeflächen innerhalb von Spielen. Alles, was Sie dazu brauchen, ist Ihr wohlformulierter Claim und eine optisch ansprechende Grafikgestaltung.
Sponsoring von Teams/Spielern
Unternehmen wie Mercedes-Benz, Red Bull, Master-Card, Axe, Bose, Cisco und Spotify tun es schon: Sie sponsern E-Sport-Teams oder einzelne Spieler*innen. Wie im klassischen Sport ist der durch Sponsoring erzielte Umsatz auch bei digitalen Sportevents ausgesprochen hoch.
Influencer Marketing durch Kooperationen
E-Sportler*innen haben eine große Netzpräsenz und teilweise astronomische Followerzahlen. Ideale Voraussetzungen für eine Kooperation. Als Testimonial für Ihre Marke profitieren Sie von der Bekanntheit und Glaubwürdigkeit der E-Sportler*innen.
Fazit
In seiner fast 70-jährigen Geschichte hat sich das Computerspiel-Business der E-Sport rasant entwickelt und in vielen Ländern der Welt etabliert. Es gibt immer mehr E-Sport-Veranstaltungen, eine wachsende Community, Leute, die damit hauptberuflich ihr Geld verdienen und wiederum andere, die damit ihren Marketingumsatz steigern.
E-Sport bietet für Marketing großes Potenzial. Wie immer gilt es dabei, die Zielgruppe genau zu kennen. Ein einzelner Tierarzt oder ein lokales Gartencenter wird im Bereich des E-Sport weniger erfolgreich sein als beispielsweise ein internationaler Auto-Konzern oder eine weltweit gefeierte Getränke-Marke. Wem es jedoch gelingt, Publikum und Gamer*innen mit glaubwürdigen Botschaften zu erreichen, hat gute Chancen auf einen Kultstatus in der Community.
Wer sich intensiv mit Esport beschäftigt, beschäftigt sich nicht nur mit Teams, Ligen und Plattformen, sondern vor allem mit einem: Kultur!
Toan Nguyen, Executive Director und Partner bei Jung von Matt/SPORTS
Quellen
game.de 2