Die Idee: disruptiv ist nicht gleich interessant

Damit die Idee einer Werbekampagne in jeder Kultur funktioniert, sollte bereits bei der Konzeption an die zukünftigen Märkte gedacht und Humor, Redewendungen, gesellschaftliche Werte, Traditionen usw. berücksichtigt werden. Wird eine zentral entwickelte Idee ohne Rücksicht auf diese Aspekte einfach für alle Märkte einheitlich übertragen, kann dies zu teilweise skurrilen Adaptionen kommen.

Die Werbekampagne „got milk?“ des Kalifornischen Milk Processor Boards hat in den 1990er-Jahren in Spanien für Aufregung gesorgt, als die Übersetzung des Claims wörtlich in „laktierst du?“ (¿Tienes leche?) übersetzte, was zur Schadensbegrenzung dann in “Familia, Amor y Leche,” (Familie, Liebe und Milch) geändert wurde.

Die Sprache: Translation vs. Transcreation

Während in der Mehrzahl aller Länder die Weltsprache Englisch verstanden wird, muss die Sprache einer Werbekampagne auch immer in den kulturellen und zeitlichen Kontext gesetzt werden. So hat sich etwa Getränkeriese Coca-Cola in den 90er-Jahren für die Adaption ihres Markenclaims „Always Coca-Cola“ in einigen Märkten für eine Übersetzung entschieden, um sprachlich mehr Relevanz im Alltag der Zielgruppe zu haben.

In Italien, Frankreich und Spanien wurde 1993 so mit „Sempre Coca-Cola“, „Siempre Coca-Cola“ bzw. „Toujours Coca-Cola“ geworben, während bspw. in Japan, das der westlichen Welt und den westlichen Werten gerade im Konsum sehr zugewandt war, bereits mit dem englischen Werbeclaim geworben wurde.

Dass eine reine Übersetzung der Werbebotschaft nicht immer ausreichend ist und nicht jede Werbebotschaft übersetzt auch gut funktioniert, zeigt ein Beispiel von HSBC. Im Rahmen einer weltweiten Kampagne hat die Bank ihren englischen Slogan „Assume nothing“ übersetzen lassen. In einigen Märkten wurde daraus „Tue nichts“.

Und auch Produktnamen sollten dringend mit Sorgfalt gewählt werden, um global erfolgreich werden zu können. Ford musste seinen Pinto für den brasilianischen Markt umbenennen, da das Wort „Pinto“ auf Portugiesisch umgangssprachlich als „kleiner Penis“ verstanden wird. Die potenziellen Märkte bereits in der Produktkonzeption mitzudenken, kann also durchaus sinnvoll sein.

Eine Translation meint hier eine reine Übersetzung in die jeweilige Landessprache. Nimmt man aber die inhaltliche Bedeutung der Werbebotschaft und übersetzt sie unter Berücksichtigung des kulturellen Kontextes, handelt es sich um eine sogenannte Transcreation.

Local Insights: das kulturelle Einfühlungsvermögen

Religion, Politik, Strukturen und Hierarchien, Historie, Konsumverhalten, Lebensweisen, Humor und viele weitere Faktoren formen die vielen Werte einer Kultur. All dies sollte berücksichtigt werden, wenn eine Werbekampagne für einen Markt adaptiert wird. Kulturelle Insights bringen Relevanz für die Zielgruppe und vermitteln Werte, die die Zielgruppe idealerweise teilt. Denn nur so kann eine Identifikation mit der Marke stattfinden.

Procter & Gamble hat mit ihrer Marke Pampers bei der Expansion in den japanischen Markt das Packaging nur sprachlich adaptiert und die Abbildung eines Babys, das von einem Storch gebracht wird, nicht hinterfragt. Die Idee, dass der Storch die Kinder zu Eltern bringt, funktioniert in Amerika und Europa, aber nicht in Asien, wo Kinder von großen Pfirsichen zu ihren Eltern gebracht werden, und hatte so direkte Auswirkungen auf das Kaufverhalten des Publikums in Japan.

Der Sportartikelhersteller Reebok hat 2011 in seiner globalen Werbekampagne für einen Turnschuh explizit marktspezifische Motive entwickelt, die das Schönheitsideal der jeweiligen Regionen/Märkte aufgreifen. So zeigten die Motive für den nordamerikanischen Markt die Models beim Joggen, während die europäischen Motive Mütter und andere junge Frauen in Alltagssituationen in den Fokus rückten. Hier hatten Zielgruppenanalysen der jeweiligen Märkte einen großen Beitrag geleistet, Relevanz der Produkte in der Zielgruppe zu schaffen und den USP in der Anwendung zu zeigen. Auch interessant: Alle Motive lenkten die Aufmerksamkeit auf die Rückseite der Models, vor allem auf den Po, der durch Tragen des Schuhs geformt werden soll. Das Motiv für den asiatischen Markt hingegen setzt den Fokus auf die Waden der Models. Ein kultureller Insight, der in anderen Märkten/Kulturen so nicht funktionieren würde.

Das Produkt: Jetzt mit veränderter Rezeptur

Nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Akzeptanz und Kaufbereitschaft für ein bestimmtes Produkt sollte in den anvisierten Expansionsmärkten unbedingt analysiert werden. Was bei Sportartikelherstellern durch verschiedene Materialien und Farben sichtbar wird, ist auch in anderen Produktkategorien durchaus sinnvoll. Am Beispiel von Coca-Colas Fanta Orange kann man gut sehen, wie ein Produkt bereits marktspezifisch adaptiert werden kann. Fanta ist nicht gleich Fanta. Oder wie der Konzern selbst sagt: „In vielen südlichen Ländern mögen die Menschen ihre Fanta Orange etwas fruchtiger oder prickelnder. Manche Länder haben einen höheren Fruchtsaftanteil als Deutschland, andere mehr oder weniger Kohlensäure.“

Fazit

Eine reine Übersetzung kann sich ein global agierendes Unternehmen heutzutage in der Kommunikation nicht mehr erlauben. Ein globaler Markt bedeutet auch globale Konkurrenz. Der kritische Konsument erwartet mindestens, dass Werbung Verständnis für seine Bedürfnisse suggeriert und so Teil des Alltags werden kann. Hier hilft eine sogenannte Transcreation, bei der die Idee und der kreative Gedanke einer Werbekampagne durch Cultural Consultation (eine Beratung durch eine*n Übersetzer*in oder Texter*in, die tieferes Wissen über Sprache und Kultur des jeweiligen Marktes verfügt) auf Markttauglichkeit überprüft werden.

Quellen:

wordstream.com

businessnewsdaily.com

babbel.com

businessinsider.com

business2community.com

cotelangues.com

coca-cola-deutschland.de

Laura ist Beraterin für klassische und digitale Kommunikation. Und auch wenn man es ihr nicht ansieht: Laura ist ein alter Hase in der Werbebranche. Die Gute ist ordentlich rumgekommen – und hat schon fast überall gelebt und gearbeitet. Nach Stationen in Bremen, Berlin, Brooklyn und Brüssel ist die Beratung in der besten Agentur Schleswig-Holsteins allerdings nur der nächstlogische Schritt gewesen, oder? Großartig jedenfalls, dass sie bei uns endlich eine Heimat gefunden hat, die Laura.

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