Events und Messen mit digitalen Elementen existieren nicht erst seit gestern. Prominente Beispiele für Antworten auf die Digitalisierung der Branche gibt es viele. Sei es die Computer- und Videospielmesse Gamescom, die 2019 erstmals 600 Millionen Menschen weltweit via Livestream online eine hautnahe Teilnahme ermöglichte. Oder die Cobot Exference, die mit virtuellen Messeständen eine digitale Konferenz- und Ausstellungserfahrung verwirklichte.
Was sich lange angekündigt hatte, hat die Coronapandemie schlagartig beschleunigt. Über den ganzen Globus hinweg wurden geplante Events und B2B-Veranstaltungen erst verschoben, dann abgesagt oder direkt gestrichen. Gesundheitsschutz stand und steht wirtschaftlichen Einbrüchen gegenüber. Es ist undenkbar, ein Event nur aus finanziellen Gründen durchzuführen. Schon wegen des Imageschadens – vom Gesundheitsrisiko ganz zu schweigen. Die Verlegung auf einen Ausweichtermin ist nicht immer möglich. Alternativen müssen her.
Und die sind da und nehmen gerade exponentiell zu. Nicht nur digitale Plattformen wie LinkedIn oder Xing ermöglichen Begegnungen durch Digital Substitutes und können Umsatzeinbrüche so zumindest teilweise kompensieren. Überall werden Veranstalter* innen und Agenturen mutig und kreativ. Technologien und verschiedene multimediale Tools bieten die Möglichkeit, kleinere Events, aber auch ganze Messen zu virtualisieren. Unternehmen können in Kontakt mit Kund*innen gebracht werden. Menschen bleiben gesund. Und das Geschäft läuft weiter.
Ganz nebenbei wird die Umwelt geschont. Denn wo weniger gereist wird, fallen entsprechend auch weniger CO2-Emissionen an. Der Präsident des Expo-Event-Verbandes Eugen Brunner ist sich sicher: „Nachhaltigkeitsüberlegungen werden zu Recht auch im Rahmen der Auftragsvergabe immer mehr ins Gewicht fallen.“ Er ermutigt Unternehmen, sich mit dem Thema genauer zu beschäftigen.
Spagat zwischen digital und analog
Neben Zeit- und Kostenersparnissen bieten virtuelle Events vor allem eines: mehr Content. Inhalte sind online sofort und jederzeit verfügbar und können das ganze Jahr über individuell auf User*innen ausgerichtet werden. Darüber hinaus ermöglicht die Virtualisierung von Events eine enorme Reichweitensteigerung über Unternehmensund Ländergrenzen hinweg. Auch räumlich entfernte oder verhinderte Interessent*innen haben die Möglichkeit, zu partizipieren.
Wozu also noch die Mehrkosten von Präsenz-Veranstaltungen auf sich nehmen? Gerade im Hinblick auf den erhöhten Bedarf an Sicherheit und Planung, der auch nach der Coronapandemie bleiben wird. Es ist zudem nicht auszuschließen, dass auch in Zukunft ein Großteil der Geschäftsreisen entfallen wird. So gaben in einer von dem Contact Center Network e. V. (CCN) durchgeführten Studie gut 70 Prozent der teilnehmenden Führungskräfte an, Businessreisen künftig zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Über 67 Prozent berichteten zudem, an Onlineevents und virtuellen Messen teilnehmen zu wollen. Ist das der Vorgeschmack auf das allmähliche Ende analoger Veranstaltungen?
Das wäre wohl ein bisschen vorschnell geurteilt. Eine Vielzahl von Events, die ins Digitale verlegt worden sind, verzeichneten deutlich weniger Besucher*innen als im Vorjahr zu Präsenzzeiten. Social Distancing verdeutlichte, wie groß das Bedürfnis nach persönlichen Begegnungen ist. Außerdem können die verfügbaren digitalen Tools das Eventerlebnis – bislang – nur eingeschränkt ersetzen.
Insbesondere Emotionalisierung und haptische Erlebnisse, die Live-Events ermöglichen, können in der Form nicht in den virtuellen Raum übertragen werden. Auch spontane persönliche Fachgespräche, Networking und Neukundengewinnung funktionieren in F2F-Formaten immer noch besser. Darüber hinaus gaben rund die Hälfte der Teilnehmenden der CCN-Studie an, Eventverläufe seien oftmals „monoton“ gestaltet und der präsentierte Content nicht an den digitalen Kontext angepasst.
Hier besteht also Potenzial und Raum für Kreativität. Virtuelle Veranstaltungen müssen und werden analoge nicht ausschließen. Ganz im Gegenteil: Der Trend geht in Richtung Hybridisierung. Das Zusammenspiel innovativer Technologien mit altbekannten Tools wird in Zukunft den Unterschied machen. Für Unternehmen bedeutet das: Ausprobieren! Inspirieren lassen, handeln und lernen. Denn künftig wird es zwei Zielgruppen geben: die digitalen Messe- und Veranstaltungsbesucher*innen, die aus Gründen der Effizienz und Nachhaltigkeit nur noch digitale Treffen bevorzugen. Und die Gruppe derjenigen, die Präsenztreffen als effiziente Plattformen der Beziehungspflege und Neukundenansprache weiterhin nutzen werden.
Die größte Herausforderung wird es sein, künftig konsequent hybrid zu denken und zu agieren. Analoge Events werden nicht aussterben. Vielmehr werden sie unter den veränderten Umständen neu aufleben. Gelingt es, die Vorteile von Face-to-Face- Veranstaltungen mit dem Potenzial multimedialer Funktionen zu ergänzen, werden hybride Events die Zukunft darstellen.