Jeder kennt mindestens einen Trend. In Lifestyle-Illustrierten und Celebrity-Klatschblättern werden neue gefühlt sogar monatlich ausgerufen. Aber auch hochtrabende Einrichtungs-Magazine und seriöse Wirtschafts-Zeitschriften sind nicht davor gefeit, in jeder aktuellen Entwicklung einen neuen Trend entdecken zu wollen. Wo ist nun der Unterschied zwischen dem hipsten Shit vom Ponyhof und einem soliden Trend, der in die Mitte der Gesellschaft wurzelt? Welche Trends haben Zukunft – welche haben Bedeutung für das Marketing? Werfen Sie mit uns einen Blick auf die Trend-Forschung.
Hype, Mode oder Trend?
Ist in Einrichtungs- oder Mode-Magazinen von Trends die Rede, sind meist Modewellen gemeint. Sie unterscheiden sich von Trends durch ihre Kurz-Lebigkeit: Ohnehin saisonal ausgerichtet haben sie selten länger als ein halbes Jahr Bestand.
Hypes schaffen oft nicht mal das. Sie sind die Eintagsfliegen unter den Trends. Und sind so schnell vergessen wie sie gekommen sind.
Konsum- und Zeitgeist-Trends dagegen sind in der Gesellschaft verankert und halten sich 5–8 Jahre. Dazu gehören Entwicklungen wie „Geiz ist geil“, auf die vielerorts Bezug genommen wird.
Soziokulturelle Trends hingegen spiegeln z. B. das Lebensgefühl einer Generation wider und dauern daher wie Konjunktur-Wellen gute 10 Jahre. Der Wandel von Wellness zur Selfness (…) etwa ist so ein Trend.
Dann gibt es noch die Klasse der Megatrends: Sie sind so umfassend und tief greifend, dass sie sich auf alle Lebensbereichen auswirken. Definitionsgemäß haben sie globalen Charakter, wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt. Megatrends entwickeln sich über 25–30 Jahre und äußern sich in zahlreichen soziokulturellen, Konsum- und Zeitgeist-Trends. Mobile Commerce ist so eine Facette des Megatrends „Mobilität“. Er hat z. B. auch die ländlichen Räume Afrikas erfasst: Dort werden Geschäfte nicht nur aus Sicherheitsgründen vorzugsweise bargeldlos per Smartphone erledigt.
Anatomie eines Trends
Um zu entscheiden, wann man von einem Trend und nicht von einer Mode-Erscheinung sprechen kann, schauen wir uns die Definition an:
A trend is a direction of change in values and needs which is driven by forces and manifests itself already in various ways within certain groups.
Els Dragt „How to research trends“
Direction of change
Eine Richtungs-Änderung deutet auf beginnendes, gesteigertes oder nachlassendes Interesse. Google Trends visualisiert solche Kurven eindrucksvoll: Was mit einem Flackern beginnt, kann sich zu einem veritablen Trend entwickeln. Manchmal ist es aber auch nur ein kurzer Hype.
Werte und Bedürfnisse
Trends basieren auf individuellen Werten und Bedürfnissen. Der Psychologe Milton Rokeach identifizierte bereits 1973 insgesamt 36 globale Werte (18 Lebensziele und 18 instrumentelle Werte), nach denen Menschen handeln. Diese sind auch die Triebfedern für Trends: Hilft ein Produkt oder eine Dienstleistung auf neue oder einfache Weise, eines oder mehrere dieser individuellen Lebensziele zu erreichen, wird es bzw. sie sich verbreiten.
Gleichermaßen verhält es sich mit den Bedürfnissen aus der bekannten Maslow-Pyramide: Ist ein neues Produkt oder eine Dienstleistung geeignet, meine Bedürfnisse (besser, schneller, zufriedenstellender …) zu erfüllen, wird es sich verbreiten. Die Kenntnis ggf. veränderter Werte und Bedürfnisse ist daher ein wichtiger Pfeiler für die Beurteilung und Nutzung von z. B. Konsumtrends.
Treiber
In jeder Gesellschaft gibt es Einfluss-Größen, die die Verbreitung einer Entwicklung antreiben oder bremsen: soziale, technologische, ökonomische, ökologische, politische – englisch „S.T.E.E.P.“ abgekürzt. Jüngstes Beispiel ist die Datenschutz-Grundverordnung, die derzeit eine ganze Branche in Bewegung bringt. Der zugrundeliegende Wert ist „Freiheit“, das Bedürfnis „Sicherheit“.
Manifestationen und Phänomene
Ein verrücktes Design, ungewohnte Zahlungs-Modelle, Urlaubs-Unterkünfte von privat an privat (AirBnB), unorganisiert organisierte Events (BarCamp) – das alles sind keine Trends an sich, sondern lediglich Manifestationen oder Phänomene, in denen er sich äußert. Verschiedene Phänomene bilden gemeinsam die Anzeichen für einen Trend.
Gruppen
Kennen Sie Innovatoren oder sogenannte Early Adopters? Diese Gruppen mit hohem sozialen Ansehen, Risiko-Bereitschaft und hervorragenden finanziellen Möglichkeiten sollten Sie sich genauer ansehen. Denn sie sind Auslöser bzw. die Ersten, die einen Trend lostreten. Setzen Sie diese unbedingt auf Ihren Trendradar.
Trend Research
Die Trend-Forschung arbeitet mit einem 3-stufigen Prozess: entdecken, verstehen, handeln. Oder auf Englisch: scan, analyse, apply.
Scan
Die 1. Stufe widmet sich zunächst dem aufwendigen Trend-Spotting: Medien, Ereignisse, Abweichungen von der Normalität werden mit allen Sinnen und vor allem ergebnisoffen gesammelt und detektiert. Mit Feld-Forschung und Quellen-Studium wird eine aktuelle Karte der Gegenwart gezeichnet. Das chinesische Trendforschungs-Institut Youthology nutzt dafür ein eigenes Netzwerk von 3.000 nebenberuflichen Trendscouts. Andere (z. B. Trendwatching) setzen auf gut 100 ausgebildete Trendhunter.
In der anschließenden Selektions-Phase werden die bis zu 10.000 Spots rigoros gefiltert: Herausstechende Manifestationen werden erkannt, ggf. zeichnen sich jetzt bereits Muster ab. Alle Ergebnisse werden sorgfältig dokumentiert und verschlagwortet.
Analyse
Die wohl schwierigste und diskussionsintensivste Phase ist das Clustern der vorgefilterten Ergebnisse: Welche Spots adressieren die gleichen Werte und Bedürfnisse? Gibt es gemeinsame, übergreifende Themen, Gegenstände oder Leitmotive, Muster oder Verwandtschaften? Trendsignale werden in Bedeutungen gewandelt und mit Schlüssel-Begriffen umschrieben. Tools und Methoden sind z. B. Value Grids, Laddering oder C.I.P.H.E.R. Sie decken Widersprüche auf. Stellen Extremwerte heraus. Oder nehmen Raritäten unter die Lupe.
Nach der anschließenden nochmaligen intensiven Validierung und Filterung bedeutender Spots oder deren Cluster geht es an die Benennung: Mit einem aussagekräftigen Namen sowie einem knappen, konzentrierten, intensiven Beschreibungs-Text wird der Trend greifbar, verständlich und kommunizierbar.
Apply
Nicht unmittelbar Bestandteil der Trend-Forschung selbst ist die abschließende Frage, was man mit den so gewonnenen Trend-Informationen anstellt. Denn einerseits sind nicht alle Trends für alle Bereiche von Bedeutung. Andererseits gilt es, in Möglichkeiten zu denken.
Wie kann Ihr Unternehmen Trend-Einsichten nutzen? Wie führen diese zu neuen Produkten, Dienstleistungen, Marketing-Ideen oder Prozessen? Innovations-Management kennt, kommuniziert, moderiert, übersetzt und implementiert Trends: Scope, communicate, translate sind somit die abschließenden Phasen.
Trendspot von New Communication
Wir sind Future Circle Member des Zukunftsinstituts, arbeiten eng mit dem 40° Labor für Innovation zusammen und unsere jährliche Trend-Veranstaltung heißt nicht von ungefähr Trendspot. Wir halten permanent alle Sinne geschärft und stellen Ihnen Manifestationen, Cluster, Trends und praktische Anwendungen als Impulse für das nächste Marketing-Jahr vor.
Quellen
The Future Today Institute „Trend Report 2018“
Els Dragt, How to research trends
Abraham Maslow, Motivation and Personality
Martin Raymond, The trend forecasters handbook
Everett Rogers, Diffusion of innovations
Milton Rokeach, The nature of human values
Zukunftsinstitut, Megatrend Dokumentation
Zukunftsinstitut, Neugier Management
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