Unfassbar, wofür Menschen heutzutage alles Geld ausgeben, oder? Genervt von Werbung? Zahl für ein Abo und schon ist Ruhe im Karton. Jedenfalls so lange, bis auch dort Werbung geschaltet wird. Dann zahlt man gerne noch 0,40 € / Woche mehr, um weniger (nicht gar keine!) Werbung zu sehen oder nicht getrackt zu werden. Auch in sozialen Netzwerken gibt es mehr und mehr Werbung zu sehen.

Unterhaltung hinter der Schranke: Paid Content und Social Payment

Creators verdienen ihr Geld häufig durch Kooperationen mit Marken und Unternehmen. Das Geschäft läuft gut, aber es schränkt auch ein. Dabei weiß eigentlich jede*r, der/die sich mal intensiver mit Contentkreation und Community Management beschäftigt hat, dass das Erstellen von Inhalten durchaus viel Arbeit bedeutet. Beiträge wollen geplant, umgesetzt und gepostet, Kommentare und Direktnachrichten gepflegt und verwaltet werden.

Zeitgleich wünschen sich Nutzer*innen immer neue Inhalte – und nicht bei jedem Account die gleichen Werbebotschaften. Und auch wenn das Verständnis für diese Kooperationen vergleichsmäßig groß ist, so droht die Gefahr, dass die Individualität und die Kreativität auf der Strecke bleiben. Und genau da kommen Paid Content und Social Payments ins Spiel.

Als Social Payments werden Zahlungen bezeichnet, die über Apps oder online als Gegenleistungen für kreative Inhalte jeder Art getätigt werden. Die eigentliche Abwicklung der Zahlungen läuft dabei meist über PayPal, Apple Pay oder Google Wallet ab. Je nach Definition werden diese Dienste als solche auch der Bezeichnung Social Payment zugewiesen. Die Summen belaufen sich oft auf Cent-Beträge, bzw. fallen unter das Thema Micropayment – also Beträge bis 5,00 Euro. Bei Social Payments spielt die Freiwilligkeit der Abgaben eine entscheidende Rolle. Die Bezahlung ist vielmehr eine Form von Wertschätzung und Unterstützung für die Content-Creators. Eigene Abo-Modelle und Pay Walls zählen hingegen eher zum Bereich des Paid Contents, bei dem Inhalte exklusiv und nur gegen Geld zugänglich sind.

Anbieter und Plattformen

Das sind die bekanntesten Plattformen und Kanäle für diese Formen von Content. Bei diesen Online-Diensten können Nutzer*innen zusätzliche Inhalte von Creators erwerben.

Patreon

„Es dreht sich alles um Algorithmen und nicht um Ideen. Quantität steht über Qualität.“ Das schreibt die Plattform Patreon auf ihrer Startseite. Man wolle den Künstler*innen etwas zurückgeben – und erhalte dafür exklusive Inhalte und echte Kreativität. Patreon ist den meisten vermutlich schon irgendwie untergekommen, wenn sie sich regelmäßig im Internet herumtreiben. Es wird von Autor*innen, Musiker*innen, Podcaster*innen, Künstler*innen und YouTubern genutzt. Die Nutzer*innen können wählen, ob sie den Content-Produzent*innen einmalige Beträge oder auf monatlicher Basis zahlen. Und: Es gibt zusätzlich die Möglichkeit, je nach Höhe der Beträge den Umfang der bereitgestellten Inhalte zu erweitern. 

OnlyFans

Knapp schlidderte OnlyFans an einem Debakel vorbei, als sie ankündigten, nur noch jugendfreien Content zuzulassen. Dabei waren es doch insbesondere die sexuell expliziten Inhalte, die der Plattform zu Ruhm verhalfen. Grund für diese Ankündigung waren zögerliche Investor*innen sowie neue Regularien von Kreditkartenanbietern. Sexarbeiter*innen, die dort ihre Inhalte verbreiteten, beschwerten sich. Nur sechs Tage nach der Ankündigung entschied man sich um – sehr zur Freude der Creators und der Abonnent*innen. Bei OnlyFans können Nutzer*innen nicht nur Abos abschließen, sondern auch einmalige Zahlungen tätigen.

Scriber

Ganz neu im Abo-Universum: Scriber. Es funktioniert ausschließlich via SMS und erinnert etwas an das Jamba-Sparabo* aus den frühen 2000ern. Nutzer*innen schicken eine SMS an eine Nummer, die die Creators zuvor auf anderen Plattformen geteilt haben. Anschließend könne die Nutzer*innen ein Abo bspw. via ApplePay abschließen und so exklusive Inhalte erhalten. Von Anfang an dabei sind die Jonas Brothers. Um das Angebot nutzen zu können, müssen aber auch die Contentproduzenten zahlen, und zwar $1 pro Nutzer*in. Und auch die Verwaltungsgebühr von 2,9 %. Bisher ist Scriber nur in den USA verfügbar.

Fanhouse

Auf Fanhouse gibt es nur jugendfreien Content – anders als bei OnlyFans. Für einen monatlichen Betrag erhalten Nutzer*innen auch hier besondere Inhalte in Form von Text-, Foto-, Video- und Audiouploads. Recht neu ist auch die Verknüpfung zu Spotify, die es Nutzer*innen erlaubt, direkt über Fanhouse Bands und Künstler*innen zu hören. Wer die exklusiven Inhalte anderweitig verbreitet, bekommt Ärger. CEO der App Rosie Nguyen verspricht, dass das Fanhouse-Support-Team rigoros diese Nutzer*innen ausfindig machen wird. Möglich wird das durch spezielle Wasserzeichen, die den jeweiligen Abonnent*innen zugewiesen und mit den Inhalten verknüpft sind. Das lohnt sich für Creators. Sogar doppelt, denn im Vergleich zu OnlyFans, behält Fanhouse nur 10 % der Einnahmen ein. Das funktioniert vor allem durch eine In-App-Währung, die Nutzer*innen online kaufen können. Auf diese Weise umgeht Fanhouse auch Apple, die sonst 30 % einkassieren.

Twitch

Twitch ist einer DER Orte im Internet, wenn es um das Teilen von Gaming-Inhalten geht. Auf der von Amazon betriebenen Plattform tummeln sich nämlich hauptsächlich Gamer*innen, denen – vereinfacht gesagt – andere Menschen via Livestream beim Spielen zuschauen können. Die Creators können über den Chat dabei nicht nur mit der eigenen Community interagieren, sondern auch direkt Geldspenden im Livestream kassieren. Mittlerweile ist die Plattform so beliebt, dass ganze eSport-Wettbewerbe und -events direkt dort übertragen werden.

Flattr

Bei Flattr erhalten die Nutzer*innen keine zusätzlichen Inhalte. Sie zeigen durch einmalige Beträge oder Abos viel mehr ihren Support für bestimmte Creators – und Unternehmen. Denn auf Flattr kann man auch Open-Source-Projekte wie Gimp, LibreOffice oder OpenStreetMap unterstützen. Die Beträge sind dabei komplett frei wählbar.

Instagram

Auch Instagram testete bereits eine Abo-Funktion, mit der Nutzer*innen besondere Inhalte von ihren liebsten Accounts sehen konnten. Inhalte wohlgemerkt, die nicht-zahlenden Nutzer*innen vorenthalten blieben. Und damit nicht genug – sogar ein besonderes Badge in den Kommentarspalten dieser zahlenden Nutzer*innen erhöht die Chance, von den Contentproduzent*innen zwischen der Flut an Nachrichten erblickt zu werden. Die Kosten für ein Abo können laut Angaben stark variieren. Zwischen 0,99 und 99,99 US-Dollar pro Monat ist alles dabei – abhängig davon, wie viel Wert ein Creator dem eigenen Content zumisst. Für die Creators sollen bis 2023 keine Kosten entstehen. Ob sich dieses Experiment aber durchsetzt, bleibt abzuwarten.

Die Liste der Paid-Content-Plattformen lässt sich problemlos fortsetzen. Weitere sind:

  • Steady
  • Tipee
  • Ko-fi
  • Buy Me a Coffee

Rentiert sich das?

So viele Möglichkeiten, neues Einkommen zu generieren. Aber lohnt sich das? Die Wahrheit ist: vermutlich nicht. Zwar lässt sich nicht leugnen, dass für erfolgreiche Creators durch Paid-Content-Modelle ein (teilweise durchaus nettes) Zubrot verdienen lässt. Der Patreon-Creator-Census ergab, dass für Creators auf der Plattform die Patreon-Einnahmen nur rund 41 % ihres Einkommens ausmachen. Die übrigen 59 % ergeben sich aus Werbeeinnahmen, Auftragsarbeiten, Merch-Verkauf, Coachings … Schnell wird deutlich: Es braucht eine Menge Arbeit, um überhaupt diesen Punkt zu erreichen. Sprich: Der Erfolg muss bereits da sein, ehe die Freiheit über den Content auch nur ansatzweise rentabel werden kann. Es gilt also abzuwägen, ob man besonderen Content für zahlende Nutzer*innen kreieren will, oder ob man sich schon über ein Trinkgeld oder einen virtuellen Kaffee freut.

Fazit

Instagram ist noch in der Testphase. Man munkelt, dass diese nicht so erfolgreich läuft, wie erhofft. Patreon und Co zeigen jedoch, dass die Bereitschaft der Nutzer*innen, für exklusive Inhalte zu zahlen durchaus besteht. Ob sich die neuen Anbieter gegen die bestehenden durchsetzen werden, wird sich zeigen. Vorstellbar ist, dass sich die Anbieter ihre Nische suchen – also OnlyFans für die Erotik-Branche, Twitch eher für Games, Patreon für journalistische Inhalte und Insta und Co für Promi-Content.

Sorgen sollten sich Unternehmen jedoch nicht – zwar bieten Paid-Content-Dienste kreativen Freiraum für Influencer und Co. Von Kooperationen werden sich viele dennoch nicht abwenden. Im Gegenteil. Laut Schätzungen wird die Reichweite künftig sogar zunehmen.

*Natürlich interessiert es auch die Autorin brennend, was aus Jamba geworden ist. Eine kleine Recherche ergab: Das Unternehmen hinter der Marke Jamba wechselte mehrfach die Eigentümer, ehe es schließlich 2014 komplett von der freenet AG übernommen wurde. Insgesamt sollen die Klingeltöne des Crazy Frog mehr als 15 Mio. Euro Umsatz eingebracht haben. Das macht betroffen.

Quellen:

thebalancesmb.com

t3n.de

techcrunch.com 1

techcrunch.com 2

businessinsider.com

influencermarketinghub.com

de.statista.com

businesstimes.com.sg

blog.patreon.com

Jana sorgt als ausgebildete Social-Media-Managerin und Expertin für Public Relations und Newsletter-Marketing bei New Communication dafür, dass ihre Kunden im Rampenlicht stehen. Als Fachfrau für Krisenkommunikation, Influencer Relations und Investor-Relations trifft sie immer den richtigen Ton. Kein Wunder, dass die studierte Anglistin und Skandinavistin privat dem medialen Getöse gern mal den Rücken kehrt und in Norwegen Schnee- statt Shitstorms die Stirn bietet.

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