Wir Menschen hören am liebsten Geschichten – von und über Menschen. Es scheint nicht übertrieben zu sagen: Geschichten liegen in unserer Natur. Geschichten durch das gesprochene Wort sind älter als Schrift und Bücher, älter als modernde Staatlichkeit und vielleicht älter als Religionen. Geschichten liefern ein Abbild unserer Welt, enthalten Wissen, geben Orientierung. Über Geschichten fällt es uns nicht nur leichter, Informationen aufzunehmen, sondern es bedarf eines persönlichen emotionalen Engagements in der Auseinandersetzung mit dem Gesprochenen. Storytelling ist nicht umsonst ein mächtiges Instrument – auch, aber nicht nur im Marketing. Vor allem über den Audiokanal, der direkt unsere Emotionen anspricht. Der Podcast, der von Geschichten, Storys, Erfahrungen und persönlichem Charakter lebt, ist damit ein ideales Medium, um Botschaften in den Köpfen und Herzen zu platzieren.

Vorausgesetzt man geht respektvoll und sehr bewusst mit dem gebildeten, wählerischen Konsumenten um und hat dabei stets die Prämisse vor Augen, mit dem Hörer eine Beziehung aufzubauen, die auf Ehrlichkeit und Vertrauen basiert. Denn die Podcast-Hörerschaft ist zu über 70 Prozent zwischen 21 und 35 Jahre alt und hat einen höheren Bildungsabschluss (89,8 Prozent Abitur oder akademischer Abschluss). Doch auch die älteren Zielgruppen und breitere Bevölkerungsschichten entdecken das Medium Podcast zunehmend für sich.

Corona als Podcast-Katalysator

2020 gaben 33 Prozent der Befragten einer Bitcom-Studie an, hin und wieder Podcasts zu hören. 2016 waren es gerade einmal 14 Prozent. Mit dem Lockdown änderte sich abermals einiges. Havas Media untersuchte Konsumverhalten und Mediennutzung während dieser Zeit. Insbesondere die Mediennutzung stieg wenig überraschend in den ersten vier Wochen stark an. Doch obwohl sich die Nutzungszeit seit Beginn der Lockerungen wieder normalisiert, gilt das nicht für Podcasts. Diese werden weiterhin überdurchschnittlich viel gehört, vor allem unter den 14-29-Jährigen. Diese haben laut Studie unter anderem ihre Vorliebe für Podcasts entdeckt und wollen ihren Podcast-Konsum nicht wieder an die Zeit vor Corona anpassen, sondern sogar noch steigern, so 21 Prozent der Befragten.

(Werbe-)Botschaften, die ins Ohr gehen

Der Podcast-Markt wächst und auch die Prognosen für den Werbeumsatz weltweit sind vielversprechend: Laut einer Erhebung durch Horizont und WARC Global Advertising Trends in 2019 werden für das Jahr 2022 Werbeumsätze in Höhe von 1,6 Milliarden US-Dollar erwartet. 2019 waren es 885 Millionen US-Dollar.

Der klare Vorteil der Podcast-Ads: Unternehmen erreichen spitze Zielgruppen in einem optimalen Umfeld, die Werbebotschaft geht sprichwörtlich direkt ins Ohr und erreicht die Zielgruppe in einer privaten und entspannten Situation. Laut einer YouGov-Studie hören die Deutschen vor allem abends zu Hause (46 Prozent) Podcasts, und das am liebsten auf dem Sofa (50 Prozent) oder gar im Bett (44 Prozent).

Hohe Werbeakzeptanz bei Podcasthörern

Zudem ist die Werbebotschaft glaubwürdig, da der Host (Sprecher) sie meist direkt einspricht (Host-Read-Ad) und sie somit zu einem nativen Teil seiner Sendung macht. Podcasthörer sind besonders loyal gegenüber ihren Lieblingspodcasts und hören die Werbeblöcke, ohne vorzuspulen (39 Prozent laut Statista). Laut einer OMR-Umfrage von 2018 sind sogar 81,3 Prozent der Podcasthörer bereit, Werbung zu akzeptieren, die vom Host eingesprochen wird. Sie wissen: Podcasten bedeutet Arbeit und haben Verständnis für die Monetarisierung. 12,9 Prozent haben auf Basis von Podcast-Werbung sogar einen Kauf getätigt. Die Kaufaffinität ist dabei besonders im Podcast-Genre Business groß. Audiospots hingegen empfinden laut OMR-Studie 58,2 Prozent als störend oder gar sehr störend. Die BBC-Studie „Audio: Activated“ zeigt aber, dass Podcast-Werbung sogar die „Werbevermeider“ erreicht – und dass Hörer nebenbei gern anderen Aktivitäten nachgehen, zum Beispiel Einkaufen, Autofahren, Sport oder Hausarbeit. Das Interessante daran: Diese Aktivitäten machen Hörer ausgabebereiter.

Doch das Vertrauen der Zuhörerschaft darf nicht ausgenutzt werden. Denn Podcasts sind vor allem Quellen für Information, Unterhaltung und wertvolle und nützliche Inhalte. Wer hinter einem Podcast eine offenkundige Verkaufssendung wittert, ist schnell weg.

Werbung in Podcasts sollte daher mit Bedacht eingesetzt werden und exakt zu den Interessen der Zielgruppe passen. Das gilt umso mehr für den Corporate-Podcast.

Der Corporate-Podcast: Dem Unternehmen eine Stimme geben

Der Business-Podcast, oder Corporate-Podcast, ist in Deutschland vergleichsweise wenig verbreitet. Noch. Ein Grund mehr, sich genau jetzt dem Corporate-Podcast zuzuwenden und dem Unternehmen eine Stimme zu geben.

Doch Unternehmen sollten den Corporate-Podcast keinesfalls als Werbeform sehen. Vielmehr sind Podcasts eine Möglichkeit, sich mit Wissen als Experte zu positionieren und der Zielgruppe wertvolle Inhalte zu bieten – zu den Themen, die sie bewegen. Nochmal: wer eine Verkaufssendung hinter dem Podcast vermutet, hört nicht lange hin.

Die Häufigkeit und das Format bestimmt der Absender selbst, allzu starre Regeln gibt es bei diesem kreativen Audioformat glücklicherweise (noch) nicht. Ob Diskussionsrunde zu gesellschaftlichen Themen, eine Miniserie zum Berufseinstieg, Camping, Beautytipps – ob ein oder zwei Hosts, die ihre persönlichen Erfahrungen und Storys teilen, wechselnde Gäste, oder die One-Man/Woman-Show. Worauf es stets ankommt, ist es, die Schnittmenge der Kompetenz im Unternehmen und den Interessen der Zielgruppe zu finden.

Das Reichweitenpotenzial ist dabei riesig: Über Social Media, Newsletter, Blog, Website lässt sich der Podcast verbreiten. Zudem können Unternehmen mit ihrer Zielgruppe interagieren: Sei es über Kommentare, Fragen seitens der Hörer oder auch Fragen an die Hörer.

Die wortreiche Revolution

Abgesehen von den Marketing-Potenzialen, die in Podcasts schlummern, ist die Macht von Podcasts auch gesamtgesellschaftlich kaum zu bemessen. Folgender Vergleich macht die Wirkung greifbarer: Die Erfindung des Buchdrucks stellte eine Revolution dar und machte Wissen zugänglich. Vorausgesetzt man konnte lesen. Jahrhunderte später initiierte die flächendeckende Internetanbindung eine ähnliche Revolution. Vor allem durch die Formate Video und Audio. Mit YouTube bekam prinzipiell jeder die Möglichkeit, Wissen zu verbreiten und aufzunehmen. Durch Audioformate ist das noch einfacher und zugänglicher. Denn Lesen kann anspruchsvoll sein, Videoformate verlangen schon weniger ab. Das Zuhören hingegen erfordert weitaus weniger Mühe und lässt sich in deutlich mehr Lebenssituationen bewerkstelligen.

Demokratisierung von Wissen

Podcasts tragen maßgeblich zur Demokratisierung von Wissen bei. Nicht nur im Hinblick auf die Zugänglichkeit dessen. Waren Medienanstalten und Verlagshäuser ehemals die Vermittler von Informationen und die meinungsbildenden Instanzen, hatten Schulen und Universitäten einst das Monopol der Wissensvermittlung, markiert der Siegeszug der Podcasts einen großen Entwicklungsschritt weg von dieser traditionellen und längst nicht mehr uneingeschränkt gültigen Verteilung von Wissen, Wissensvermittlung und Meinung. Was für YouTube und soziale Medien gilt, gilt umso mehr für Podcasts.

Beim Podcast hat sich der Stellenwert des Senders weiter zugunsten des Inhalts verschoben. Wer seiner Zielgruppe Relevantes und Interessantes bietet, genießt Aufmerksamkeit und Vertrauen.

Verlässliche Aussagen zum Bereich Podcast gibt es allerdings nicht. Noch nicht. Dazu ist diese Disziplin einfach noch zu jung. Erste Studien liegen vor, liefern aber aufgrund unterschiedlicher Methoden und Formate keine eindeutigen Ergebnisse. Es müssen über längere Zeiträume Erkenntnisse über Nutzer, Präferenzen und Themen gesammelt werden, Studien müssen wiederholt und verglichen werden.

Vieles deutet aber schon jetzt darauf hin, dass der Podcast sich seinen Platz im Marketingmix erobert. Und er wird nicht nur eine Ergänzung im Marketingmix bleiben, sondern zur Königsdisziplin des Content Marketing aufsteigen. Und unser kollektives Wissensmanagement auf den Kopf stellen. Und davon werden wir noch viel…hören.

Quellen

horizont.net

statista.de

podstars.de

bbc.co.uk

ard-werbung.de

Nelly ist Expertin für Corporate Language, Publikationen und Public Relations bei New Communication. Außerdem ist die ausgebildete Journalistin Pressesprecherin der Agentur. Theoretisch könnte Nelly ihre Pressekonferenzen auch auf Englisch, Russisch oder Spanisch halten. Spricht sie nämlich alles. Theoretisch könnte sie dabei auch singen und tanzen. Kann sie nämlich auch. Natürlich wäre das albern. Aber wir wollten einfach nur mal kurz damit angeben, wie toll unsere Nelly ist.

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