Täglich grüßt die Stimme aus dem Smartphone

Alles beginnt mit einer freudestrahlenden Begrüßung wie „Heyyy Ihr Lieben!“. Darauf folgt der unauffällig auffällige Hinweis, so schnell wie möglich in den nächstgelegenen Drogeriemarkt zu gehen: „Mein neuer Proteinriegel, natürlich raw, vegan und super lecker, ist endlich auf dem Markt!“. So oder so ähnlich läuft eine Produktvermarktung auf sozialen Plattformen ab. Hängt ganz von der eigenen Bubble ab. Hier etwa am Beispiel einer der bekanntesten Influencerinnen Deutschlands, Pamela Reif (8,5 Mio. Follower auf Instagram im April 2022). Und es funktioniert.

Influencer*in zu sein bedeutet nicht mehr nur, Content zu veröffentlichen. Die Social-Media-Experten gelten nun mehr als Vorbilder vieler junger Leute. Sowohl menschlich als auch beruflich. Gleichermaßen wachsen sie als erfolgversprechende Kooperationspartner*innen vieler mittelständischer und großer Unternehmen heran. Sie fragen sich, warum?

Wo früher ausschließlich Printanzeigen abgedruckt wurden, spricht heute schon eine Influencer*in in eine Selfie-Kamera. In den vergangenen Jahren hat der Gebrauch von Influencer-Marketing enorm zugenommen, während Printwerbung einen herben Rückgang zu verzeichnen hat. Tendenz steigend.

Grafik erstellt mit Google Trends

Dieser Wandel mag vor allem eine Ursache haben: die Digitalisierung. Digitale Plattformen, Produkte und Vorgänge sind präsenter denn je. Ein eindringliches Indiz: Mehr als die Hälfte der 18-24-Jährigen hat den ersten Kontakt des Tages nicht (mehr) zu einem Mitmenschen, sondern zu einem sozialen Medium auf dem Smartphone. Eine neue Normalität, die neue Maßnahmen hervorruft. Hier kommt also das Influencer-Marketing ins Spiel, welches als Sonderform des sogenannten Content Marketings (also des Werbens mit Inhalten) gilt.

Vom Englischen „to influence“ (zu Deutsch „beeinflussen“) abgeleitet, werden Influencer*innen gezielt eingesetzt, um Produkte, Marken oder auch Unternehmen durch direktes Platzieren in ihrem Content oder indirektes Sponsoring zu vermarkten. Dadurch lässt sich eine Botschaft gezielt bei der gewünschten Zielgruppe etablieren. Die Ausgestaltung des Contents wird dabei zumeist der Influencer*in selbst überlassen, um die Glaubwürdigkeit zu erhalten und das Kaufverhalten der Zielgruppe somit positiv zu beeinflussen.

Früher belächelt, heute begehrt. Berufswunsch: Influencer*in

Den eigenen Lebensunterhalt mit Social-Media zu verdienen, wurde lange nicht sonderlich ernst genommen. Heute sieht das schon ganz anders aus. Schätzungen zufolge würden aktuell knapp 47 Millionen Amateure und 2 Millionen professionelle Influencer*innen, teilweise auch „Creators“ oder „Passion Entrepreneurs“ genannt, weltweit ihr Einkommen hauptsächlich mit dem Influencer-Dasein bestreiten (Schätzung von Signalfire im September 2020). Auch hierzulande sei bereits jeder elfte Mensch als Influencer*in tätig.

Grund genug, um ihnen aus Sicht eines Unternehmens zukünftig mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Zumal Influencer*innen heutzutage nicht mehr ausschließlich über „oberflächliche“ Themen wie Lifestyle und Food berichten. Ganz im Gegenteil: Die Varietät der Genres könnte kaum größer sein. Neben den beliebten Bereichen Mode, Ernährung, Musik oder Sport erleben auch journalistische Influencer*innen einen enormen Aufschwung. Die Accounts der Tagesschau (4,1 Mio. Follower auf Instagram im April 2022) oder „faktastisch“ (8,1 Mio. Follower auf Instagram im April 2022) machen es vor. Was wir daraus lernen? Influencer Marketing funktioniert durchaus für leichte, mittlerweile aber auch für seriöse, handfeste Themen und Branchen.

Beeinflussen Influencer*innen auch das Nutzungsverhalten auf sozialen Plattformen?

Definitiv! Influencer*innen sind zwar zunächst einmal Privatpersonen. Ihr Beruf findet jedoch primär in der digitalen Welt und vor der digitalen Öffentlichkeit statt. Aufgrund ihrer starken Präsenz in sozialen Netzwerken gelten sie als Markenbotschafter*innen für Unternehmen oder Produkte. Manchmal fungieren sie sogar als Experten und Meinungsvertreter einer gesamten Community. Diese kann ihnen oftmals jeden Tag zuhören und sie sehen – wodurch ein nahezu freundschaftliches Gefühl zu ihnen entsteht. Wer würde nicht gern täglich Gebrauch einer solchen „digitalen Bindung“ machen? 

Social-Media-Plattformen wie Instagram, TikTok, Facebook, YouTube oder Twitch ermöglichen es, dass mit dem stetigen Zutun der Influencer*innen folglich ein neuer, milliardenschwerer Industrie-Zweig entsteht. Es ist anzunehmen, dass sich dadurch langfristig gesehen ein komplettes Ökosystem an partizipierenden Dienstleistern und Tool-Anbietern bilden wird.

Dabei haben Influencer*innen eine enorme Wirkung auf ihre Zuhörerschaft, vor allem auf junge Leute im Alter von ca. 16-24 Jahren. Laut einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2019 gaben ganze 88 % dieser Zielgruppe an, mindestens wöchentlich Kontakt zu einem Influencer/einer Influencerin zu haben. Ganze 43 % davon würden durch diesen „Kontakt“ darüber hinaus zu einem Kauf einer Marke/eines Produktes „influenced“ werden.

Konventionelle Werbung vs. Influencer Marketing? Best of both worlds!

Sollte ein Unternehmen klassische Werbung nun komplett aus der Marketingstrategie streichen? Nein, nicht zwingend. Konventionelle Werbeformen gelten weiterhin als sachliche und solide Form der Vermarktung, die vom Werbetreibenden klar gesteuert werden kann. Nachteil sind oftmals jedoch hohe Streuverluste (und hohe Preise). Allgemein geschaltete Werbung wird oft auch Personen angezeigt, die keine Berührungspunkte mit dem Thema/Produkt haben. Ganz anders läuft es beim Influencer Marketing. Hier ist die Verbreitung einer Botschaft an eine gezielte Gruppe garantiert. Auf diese Weise verbucht das Influencer Marketing gleich mehrere Vorteile gegenüber konventioneller Werbung.

Zielgenauigkeit: Werbung wird vornehmlich an jene Personengruppen ausgespielt, die auch erreicht werden sollen.

Emotionalität: Neben Aufmerksamkeit und relevanter Reichweite bietet Influencer Marketing auch eine starke Interaktions- und Identifikationsfläche.

Ergänzung: Je nach Zielgruppe lassen sich mit Influencer-Marketing zusätzliche Demografien erschließen und Markenkontakte herstellen. Kampagnen übergreifend entsteht damit eine interessante Ergänzung zu den vorhandenen Marketing-Instrumenten.

Tipps für Ihren ersten Zugang zum Influencer Marketing

1. Influencer*in ist nicht gleich Influencer*in!

In einigen vorherigen Fachartikeln haben wir bereits über Mikro-Influencer berichtet. Es gibt aber noch mehr Arten von Influencer*innen. Aktuell wird zwischen folgenden Kategorien unterschieden:

  • Mega (mehr als eine Million Follower),
  • Makro (zwischen 100.00 und einer Million Follower),
  • Mid-Tier (50.000-100.000 Follower),
  • Mikro (10.000-50.000 Follower) und
  • Nano (weniger als 10.000 Follower).

Entscheidend für Agenturen und Unternehmen sind zumeist Nano- und Mikro-Influencer*innen. Makro-Influencer*innen haben zwar eine größere Reichweite, werden aber im wahrsten Sinne des Wortes „weniger erhört“. Das Engagement zwischen Influencer*in und Community ist deutlich geringer. Nano- und Mikro-Influencer hingegen konzentrieren sich oftmals auf eine bestimmte Nische und sprechen damit ihre Follower*innen unmittelbar an. Ihre Communitys gelten zumeist als loyal und sehr Themen-affin. Somit ist auch der Einfluss auf diese Peergroup zumeist sehr viel intensiver und der ROI entsprechend höher.

2. Authentizität ist der Schlüssel!

Bei der Suche nach den richtigen Influencer*innen für Ihr Marketing ist es wichtig, Menschen zu engagieren, die bereits eine Affinität zu Ihrem Unternehmen/Produkt haben. Der Content sollte bestenfalls bereits mit dem Ihrer Branche übereinstimmen. Denn wenn eine Influencer*in Ihr Unternehmen/Produkt bereits selbst kennt/nutzt, kann es zukünftig auch ganz authentisch an die Community weitervermittelt werden.

3. Kalkulieren Sie vorab, was Sie bereit sind, zu investieren!

Beim Influencer Marketing gibt es kein festes Budget, das man pauschalisieren kann. Faktoren wie die Art der Vergütung, die Bekanntheit oder die Reichweite des Influencers/der Influencerin ergeben stets individuelle Summen für die Bezahlung einer Kooperation. Erstellen Sie daher vorher einen Plan, welche Summe Sie beispielsweise pro Jahr für Influencer Marketing veranschlagen wollen.

4. Definieren Sie entsprechende Verantwortlichkeiten in Ihrem Unternehmen

Umfragen zufolge seien innerhalb der letzten drei Jahre bewusst mehr verantwortliche Mitarbeitende für Influencer Marketing in Unternehmen benannt und eingestellt worden. Ein Großteil der Befragten aus Agenturen und Unternehmen messen Influencer Marketing (auch durch den Einfluss der Corona-Pandemie) in Zukunft eine höhere Bedeutung bei. Influencer Marketing ist eindeutig ein langanhaltender Trend, der für immer mehr Werbetreibende relevant wird.

Quellen:

sem-deutschland.de

bvdw.org

omr.com

signalfire.com

internetworld.de

influencermarketinghub.com

de.statista.com

Tyadina wird von allen nur Dini genannt. Nach Erfahrungen in der Onlineredaktion und Videoproduktion berät die waschechte Sprotte jetzt bei New Communication im Bereich digitale Kommunikation. Privat kennt man Dini als Dauer-Sportlerin, Dauer-Optimistin und Dauer-Listenschreiberin. Wir finden: ganz schön viel Dauer-Power!