Meine Kolleg*innen und ich tauschen uns gern und regelmäßig über Neuigkeiten und Aktuelles aus der Welt des Marketings, der Technologie und des Digitalen aus. Intern in unserem Firmen-Chat inspirieren wir uns permanent mit Tipps, Impulsen, Trends und Innovationen. Wöchentlich gibt es eine interne Schulung oder Aktion zu irgendeinem Spezialthema, außerdem schreibt nahezu jede Woche jemand einen umfassenderen Artikel wie diesen hier. Und etwa jeden zweiten Monat organisieren wir das Format „Innovation/Evolution-Day“, um uns mit Themen auseinandersetzen, die uns gerade brennend außerhalb des Tagesgeschäfts interessieren. Zwischendrin gibts jede Menge Kreativsessions.
Heute und am liebsten morgen auch
Für Erfolg im Markt benötigen Unternehmen zuallererst effiziente und effektive Produkte und Dienstleistungen für das Tagesgeschäft. Das liefert eine sichere Auftragslage, die Gehälter der Mitarbeitenden und – in Zeiten hoher Nachfrage – vielleicht auch die Mittel für Expansion. Daneben benötigt ein Unternehmen aber auch kreative und wandlungsfähige Innovationen und Ziele für den Erfolg von morgen. Denn eins ist sicher: Die Zukunft kommt – mit oder ohne euer Unternehmen.
Organisationale Ambidextrie
Ambidextrie bedeutet wörtlich übersetzt „Beidhändigkeit“, das ist die Fähigkeit, eine Aufgabe sowohl mit der rechten als auch mit der linken Hand zu lösen. Organisationale Ambidextrie überträgt dieses Bild auf Unternehmen und Institutionen. Sie beschreibt die Fähigkeit, gleichzeitig Bestehendes effizient auszunutzen (Exploitation) als auch flexibel mit Neuem umzugehen (Exploration).
Exploitation
Exploitation – das hier mit Verwertung und Nutzbarmachung übersetzt sein soll – setzt auf inkrementelle Verbesserungen, auf Effizienz in Kosten, Margen, Profit, Produktivität, Zeit, Stabilität und Risikominimierung. Also alles, was Bestehendes noch ein wenig attraktiver macht.
Exploration
Exploration – also das Erkunden – hingegen setzt auf Agilität, radikale Brüche, Visionen, Experimente, gänzlich Neues für das Unternehmen und nimmt dabei durchaus auch Risiken in Kauf. Das können Dienstleistungen von bisherigen Produktanbietern sein und umgekehrt. Hier hilft z.B. ein Ecosystem-Scan, um Innovationspotenzialen auf die Spur zu kommen.
In der Elektromobilität ist das derzeit gut zu beobachten: Fahrzeughersteller handeln beidhändig und setzen auf reife und junge Technologien gleichermaßen.
Wie kann ich Ambidextrie umsetzen?
Als Innovationsmanager komme ich regelmäßig in fremde Unternehmen, mit dem Auftrag, eine Form von systematischer Kreativität zu installieren. Die Erwartungshaltung ist im Vorwege oft: „Sie kommen für einen Tag und danach sind wir kreativ und innovativ.“ Meine lachende Zusage ist dann immer an zwei Bedingungen geknüpft:
Mindset – die persönliche Ebene
Innovation ist von der Kreativität der Mitarbeitenden abhängig. Ihre Fähigkeit, Dinge anders wahrzunehmen, alternative Denkwege einzuschlagen oder disruptiv zu konzipieren, ist dafür maßgeblich – und vor allem: trainierbar.
Bei New Communication stellen wir zum Beispiel mit Vorliebe Menschen ein, die eine natürliche Kreativ-Haltung aufweisen. Aber: Wir sorgen mit einem ausführlichen Kreativ-Onboarding auch dafür, dass alle neuen Kolleg*innen die Spielregeln, Methoden, Techniken und Formate kennen, mit denen wir effizient kreativ im Team arbeiten. Und mit „alle“ sind wirklich alle gemeint: Designer*innen, Auszubildende, Kaufleute, Projektmanager*innen, Social-Media-Fachleute, Texter*innen, Entwickler*innen. Eben einfach alle.
Wichtig ist, dass alle wissen, worauf es in der Kreation ankommt, welche Fallen und Fehler lauern und wie man sie umgeht. Grundlegend dabei: effiziente Kommunikation. Diese ist unweigerlich absolut offen und immer auf Augenhöhe.
Innovationskultur – die unternehmerische Ebene
Kreative Mitarbeitende sind nur die eine Hälfte der Gleichung. Die Organisation muss Freiräume und Formate bieten, damit Kreativität und Innovationsfreude gelebt werden können. Mit Freiraum ist jedoch kein originell möbliertes Spielzimmer mit Tischkicker gemeint, auch wenn das den neuen Wind bis zum baldigen Abnutzungseffekt gut inszenieren kann.
Freiräume bedeuten vor allem, in Potenzialen, statt in potenziellen Gefahren oder Misserfolgen zu denken. Mut statt Angst, Multidisziplinarität statt Fach-Silos. Freiräume sind regelmäßige Kreativsessions, in denen zunächst völlig urteilsfrei nach Herzenslust herumgesponnen werden darf. Es sind turnusmäßige Termine für ergebnisoffene Recherchen und Experimente. Es sind feste Zeit- und Ressourcenkontingente für Innovationsprojekte. Das braucht Vertrauen und Enablement ohne Micromanagement. Und: Das ist machbar.
Und jetzt?
Wo steht euer Unternehmen? Kennt ihr mögliche Herausforderungen der Zukunft und wie begegnet ihr ihnen? Wollt ihr nur reagieren oder proaktiv Innovationen angehen und entwickeln? Ist euer Team kreativ und kann es im Unternehmensumfeld auch Innovationsansätze effizient hervorbringen und umsetzen? Die Kombination aus individuellem Mindset und Freiräumen im Unternehmen ist jedenfalls ein unschlagbares Duo sowohl für Exploitation als auch für Exploration.
Übrigens: Aus unseren laufenden Beobachtungen fassen wir einmal im Jahr alle Phänomene, Innovationen, Strömungen, Trends, Hypes, Impulse und Veränderungen zusammen, leiten daraus Trends für den jeweils kommenden Marketingzeitraum ab und publizieren es in einem eigenen Magazin: dem Trendspot. So wissen wir und ihr, worauf sich in den nächsten 12-18 Monaten einzustellen ist. Ambidextrie können wir – von Ankunft bis Zukunft.
Quellen:
- Innov8! – Magazin für Innovation & Change, 05.2024 „Ambidextrie“
- J.-P. Hagmann „Hört auf, Innovationstheater zu spielen“, Vahlen 2018
- C.Junker, T.Baaken, „Disruptive Innovation und Ambidextrie“, Springer 2021
- L.Lungershausen, „Innovation plug & play“, mitp 2021
- C.Frey, G.Töpfer, „Ambidextrie in Organisationen“, Schäffer-Poeschel 2021
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