Eine Arbeitshilfe für Trendsetter?

Liebe Leserin, lieber Leser, vor einigen Jahren beschäftigten wir uns intensiv mit dem Thema künstliche Intelligenz (KI). Wir haben damals einen Online-Kurs belegt und viele Bücher darüber gelesen. Uns wurde schnell klar, dass KI das Marketing der Zukunft sein wird. Aber was bedeutet KI im Marketing genau und welche Trends stehen 2023 an? In diesem Artikel erfahren Sie, was KI für das Marketing bedeutet, welche Chancen und Risiken es birgt und welche neuen Möglichkeiten sich für Unternehmen und Kunden bieten.

Diese Einleitung wurde von einer Maschine geschrieben. Die Erstellung des Briefings für diesen einleitenden Absatz hat exakt 30 Sekunden benötigt. Das Generieren verlangte der verantwortlichen KI gerade einmal zwölf Sekunden ab. Auch wenn die generisch anmutende Qualität des Einleitungstextes im ersten Moment daran zweifeln lässt: Die künstliche Intelligenz ist und bleibt ein technologischer Megatrend.

In Deutschland hat man das Potenzial von KI für die Wirtschaft frühzeitig erkannt, wie eine Untersuchung des McKinsey Global Institutes (MGI) 2020 feststellte. „Deutschland […] hat trotz des drohenden demografischen Wandels bei sauberer Implementierung von künstlicher Intelligenz die Möglichkeit, das BIP-Ziel für 2030 um vier Prozent zu übertreffen.“ Dabei könnten 30 Prozent der Aufgaben in 62 Prozent der Berufe automatisiert werden. Die freiwerdenden Kapazitäten könnten dabei laut MGI wertschöpfender eingesetzt werden.

Was war noch mal eine KI?

Eine allgemeingültige Definition für künstliche Intelligenz gibt es, Stand heute, nicht. Nicht einmal Intelligenz lässt sich eindeutig definieren. Grob kann man sagen, dass KI sich mit der Automatisierung von intelligentem Verhalten und dem Lernen von Maschinen beschäftigt. Das Ziel: Entscheidungsstrukturen der Menschen nachbilden und das Verhalten von Maschinen so weit entwickeln, als verfügten sie über Intelligenz – das beschrieb der KI-Pionier und Informatiker John McCarthy schon 1955.

Es ist grundsätzlich zwischen sogenannter schwacher und starker KI zu unterscheiden. Schwache KI handelt nach durch Menschen festgelegte Regeln und arbeitet somit eher unterstützend. Sie kann mit gezieltem Training von Erkennungsmustern klar definierte und repetitive Aufgaben automatisieren. Als führendes Modell und zur konkreten Implementierung werden dabei neuronale Netze eingesetzt. Sie bilden die komplexen Entscheidungsprozesse von Menschen ab und funktionieren dabei wie ein modellhaftes Gehirn. Das Konzept der starken KI hingegen ist der Stoff aus dem bisher nur Science-Fiction-Filme gemacht werden. Eine starke KI erledigt kognitiv betrachtet Aufgaben auf Augenhöhe mit Menschen oder geht sogar darüber hinaus. Sie kann komplexe Probleme analysieren und lösen. Hierfür wird Kreativität benötigt. In diesem Bereich wird intensiv geforscht.

KI im Marketing 2023

Das zitierte MGI hat drei Kernbereiche für die Potenziale der KI in Deutschland identifiziert:

  1. Produkte und Dienstleistungen
    Darunter fallen zum Beispiel selbstfahrende Autos, die Auto-Experten vorantreiben können.
  2. Herstellungsprozesse
    Hier sind beispielsweise kommunizierende Fertigungsroboter für die Produktion, die automatisierte Qualitätssicherung oder „Predictive Maintenance“ zu nennen, mit deren Hilfe Ausfallzeiten optimiert werden können.
  3. Geschäftsprozesse
    Neben Vorhersagen für den Ein- und Verkauf von Waren und der Beschleunigung von Forschungsprozessen werden auch Hilfsprozesse wie Marketing und IT stark von KI profitieren. Das Potenzial von KI für Marketingabteilungen ist riesig und findet schon vielfach Anwendung. Ob in E-Commerce-Shops, Magazinen oder auf Social-Media-Plattformen: In großen Teilen der Werbewelt kommen Kund*innen mittlerweile mit KI bzw. Algorithmen in Kontakt. Grund genug, sich die aktuellen Entwicklungen, Einsatzmöglichkeiten und Zukunftsprojekte einmal genauer anzuschauen.

KI in Bild und Visualisierung

Prominente und äußerst visuelle Vertreter der aktuellen Entwicklung der KI und neuronaler Netze sind zweifelsohne die Bildgeneratoren. Die Flut der erstellten Bilder ist enorm. Um ein Bild zu generieren, muss eine KI Verständnis von dem Gegenstand des Bildes haben. Dafür wird das jeweils der KI zugrunde liegende Modell mit umfangreichen Bilddatenbanken trainiert. Aktuelle KI-Modelle beinhalten (quasi) ALLES. Sie haben an Bildern aus dem Internet und ihren Beschreibungen gelernt.

Gibt man nun einen sogenannten Prompt ein, verbildlicht die KI ihr Verständnis im iterativen Prozess. Was für Bilder gilt, kann auf andere Medienformen ausgeweitet werden. Zukünftig wird die Darth-Vader-Stimme (James Earl Jones) durch Sprach-KI generiert. Diese hat an früheren Aufzeichnungen gelernt.

Beinahe täglich werden Tools vorgestellt, die z. B. Videos mit KI-Sprechern erstellen (Synthesia.io, Designs.ai) oder Clips aus eigenen Aufnahmen erstellen (GoPro Quik). Die KI-gestützten Mediatools sind voll im Endkundensegment angekommen und werden dort bereits eingesetzt.

KI in Text und Kommunikation

„Tut mir leid, das habe ich nicht verstanden.“ Tools wie ChatGPT, Neuroflash und Mindverse machen es recht einfach, Textschnippsel für die verschiedensten Einsatzzwecke zu generieren. Schnippsel, weil sich die Generierung größtenteils auf Textfragmente bzw. kurze Texte eingrenzen lässt.

Alles, was es braucht, ist ein kurzes und sinnvolles Briefing für die Erstellung der Texte. Pulitzer-Preise werden sich mit den Ergebnissen bisher trotzdem nicht gewinnen lassen. Wenn es auf kreativen und ansprechenden Text ankommt, siegt also der Mensch. Werden massenweise Anzeigentitel, Produktbeschreibungen oder Social Media Captions für ein A/BTesting benötigt, so kann die KI aber bereits jetzt eine sinnvolle Erweiterung sein. Aber Achtung: Wird eine KI erstmalig eingesetzt, führt das anfangs noch zu vielen Fehlern, die korrigiert werden müssen. Diese Korrekturen, muss die KI lernen, um besser zu werden. Das mündet zunächst in einen höheren Aufwand.

Chatbots unterstützen bereits seit einigen Jahren assistierend auf diversen Webseiten. Als eine Art Vorsortierung der Anliegen beantworten sie häufig vorkommende Fragen und leiten nur Kund*innen mit Sonderfällen an menschliche Berater* innen weiter. Dieser Trend wird sich mit immer besser trainierten Antwortbäumen weiter verschärfen. Interessant: Eine Studie hat gezeigt, dass Menschen in gewissen Kontexten Chatbots eher anlügen als menschliche Kundendienstmitarbeitende. Durch das Verdrehen der Wahrheit haben sie im Schnitt häufiger versucht, höhere Rabatte zu erschleichen.

Auch Sprachassistenten haben Einzug in unsere Wohnungen, Autos und Leben gehalten. Da wundert es nicht, dass Unternehmen an dieser Entwicklung partizipieren wollen. Die weiter steigende Nutzung von Voice Search sorgt dafür, dass die Websuche immer häufiger über Smart-Home-Geräte gestartet wird. Amazons Alexa kann bereits seit 2019 Artikel per Sprachbefehl in den Warenkorb legen. Wenn Nutzer*innen diese Funktionen verinnerlicht haben, kann die Erwartungshaltung auch auf andere Shops übertragen werden.

KI für datengetriebene Marketingkanäle

Die KI lernt uns also immer weiter kennen. Sie versteht uns mit jeder Anfrage immer besser. Manchmal weiß die KI sogar besser um unseren Geschmack als wir selbst. Der absolute und unangefochtene Shootingstar der letzten Jahre auf dem Himmel der Social-Media-Plattformen ist TikTok. Der entscheidende Wettbewerbsvorteil der App ist der ausgeklügelte Empfehlungsalgorithmus. TikTok erkennt den Content auf der Plattform mit Hilfe von Computer Vision, Spracherkennung und Metadatenanalyse. Diese Daten werden mit dem Verständnis des Nutzerprofils abgeglichen und der Algorithmus verfeinert dann die Empfehlungen. Jede Interaktion mit einem Video wird ausgewertet und so wird der Feed von einfach nur passenden populären Videos zu immer besser zugeschnittenen ausgestaltet.

Ein ähnlicher Ansatz kann und wird auch im Online-Marketing angewandt. Das zukünftige Kauferlebnis wird hyperpersonalisiert. KI unterstützt Unternehmen bereits in Media- und Spending-Planung, indem die Performance der Kampagnen überwacht wird und Anpassungen an Werbemaßnahmen in Echtzeit durchgeführt werden. Bei dynamischer Preisgestaltung und Demand Forecasting, die durch präzise Prognosen Umsätze steigern.

Vielfalt der KI-Modelle

Die vorgestellten Bildgeneratoren sind eindrucksvolle Beispiele der KI-Tools. Sie stellen sich Dinge vor, über die man selbst nie nachgedacht hat. Datenverarbeitende KI-Modelle reagieren fein und flexibel auf persönliche Vorlieben, Wünsche und Träume. Sie liefern Inhalte nach genauem Geschmack. Sprachassistenten helfen, wenn die Hände voll sind oder wenn die Sprache die einzige Möglichkeit für Kommunikation ist. Fleißige KI-Programme unterstützen den Menschen in der Medizin, im Weltraum, im Finanzsektor und bei der Städteplanung. Sie lassen Softwareentwickler*in in fast natürlicher Sprache komplexe Programmfunktionen schreiben. Sie ermöglichen es den Kreativen, sich auf die Gestaltung zu konzentrieren und übernehmen die mühseligen Aufgaben.

KI in der Gesellschaft

Maschinen werden innerhalb weniger Generationen einen Großteil der heute menschlich ausgeführten Arbeitstätigkeiten besser, schneller und kosteneffizienter vollbringen können. Allerdings birgt KI auch kulturelle Gefahren. Wie die Chat-KI von Microsoft eindrucksvoll zeigte, entwickelt KI Neigungen. So wurde Tay – so hieß die KI – in kürzester Zeit zu einer Holocaust leugnenden, menschenverachtenden Rassistin und daraufhin abgeschaltet. Sie hat auf Twitter gelernt. Das Potenzial für Fakes, verstörende und unangemessene Inhalte ist sehr hoch. Auch Midjourney und DALL·E zeichnen sich nicht durch inklusive und diverse Bildgenerierung aus und orientieren sich primär an westlicher Bildsprache.

Unbeantwortet bleiben bisher regulatorische und gesetzliche Fragen. Dürfen die Bilder einfach so für die Modelle verwendet werden? Und wer ist der Urheber der entstandenen Werke? Dürfen sie uneingeschränkt kommerziell genutzt werden? Dürfen Künstler*innen die Nachahmung ihrer Stile untersagen? Als Gesellschaft werden wir diese Fragen zwingend beantworten müssen. Die Maschinen können keine Verantwortung für ihr Tun übernehmen, denn sie sind für sich genommen weder gut noch böse. Verantwortlich ist darum nach wie vor der Mensch. KI ist ein unendlich komplexer Spiegel der Gesellschaft.

Fazit

„Einige Leute nennen es künstliche Intelligenz, aber in Wirklichkeit wird uns diese Technologie verbessern. Ich denke also, dass wir statt künstlicher Intelligenz, unsere Intelligenz erweitern werden.“ Wir unterschreiben diese Aussage von Virginia Rometty, der ehemaligen Präsidentin und CEO von IBM. Mit Fingerspitzengefühl und kreativ eingesetzt, erweitern die KI-gestützten Tools die Möglichkeiten unserer Agentur.

Artyom Tokarev

Artyom ist Art Director für AR, VR und Bewegtbild bei New Communication – und wird von allen nur Arti genannt. Der studierte Multimedia Producer hat schon so einigen Kunden mit seinen Mixed Reality Kunststücken die Köpfe verdreht. So überzeugend, dass er unserer Meinung nach eigentlich Sm-Arti heißen müsste. Oder Einzig-Arti. Kurz gesagt: Wir lieben ihn einfach, unseren Arti Director.

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