Viele Unternehmen haben verstanden, dass sie (potenziellen) Mitarbeitenden mehr bieten müssen, um im Kampf um die besten Arbeitskräfte bestehen zu können. Neben Gehaltsfragen und spannenden Aufgabenprofilen rücken mittlerweile allerdings andere Fragen in den Fokus von Bewerber*innen. Passt das Unternehmen zu mir? Teilen wir dieselben Werte? Kann ich mir vorstellen, mit den vorhandenen Mitarbeiter*innen zusammen zu arbeiten?

Laut einer Studie von Glassdoor geben 77 % der Arbeitssuchenden an, dass die Unternehmenskultur für sie ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für oder gegen eine Stelle ist. Ob Fachkraft und Unternehmen zueinander passen, wird zur Kulturfrage. Und der „Cultural Fit“ ein essenzielles Kriterium für das Finden und Binden der richtigen Leute.

Was ist der „Cultural Fit“?

Zahlreiche Studien belegen, dass ein starker Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit des Teams und der Identifikation mit der Unternehmenskultur besteht. Der Cultural Fit beschreibt den Grad der „kulturellen Übereinstimmung“ von Unternehmen und Bewerber*innen und Mitarbeitenden. Diese Übereinstimmung bezieht sich vorrangig auf gemeinsame Werte, Ziele und Einstellungen. Je höher also der Cultural Fit, desto eher entscheiden sich Bewerber*innen für den neuen Arbeitgeber. Das Unternehmensleitbild, die Vision und Strategie, formulierte Werte und Richtlinien sind allerdings nur die sichtbaren Elemente, die ein Unternehmen ausmachen. Unternehmen sind verschieden. Und natürlich gibt es kein einheitliches Modell von Unternehmenskulturen. Wie gut Menschen in ein bestimmtes Arbeitsumfeld passen, hängt daher von vielen Faktoren ab:

  • Führungsstil und Hierarchien
  • Prozesse und Strukturen
  • Fehlerkultur und Wertschätzung
  • Regeln und Traditionen
  • Zusammenarbeit und Team-Atmosphäre
  • Teamkommunikation und -events
  • Purpose

Wer nach Cultural Fit rekrutieren will, sollte die eigene Kultur grundsätzlich gut kennen. Es ist daher empfehlenswert, dass jedes Unternehmen die eigene Unternehmenskultur identifiziert, definiert und dabei Missstände, die zu Unzufriedenheit führen können, gezielt korrigiert. Denn eine Diskrepanz der Wertvorstellungen zwischen einem Unternehmen und (neuen) Mitarbeitenden kann nicht nur kostspielig sein, sondern auch die Energie und Motivation der Kolleg*innen negativ beeinflussen.

Schlüsselrolle: Führung

Die Kultur einer Organisation wird von vielen Faktoren geprägt, insbesondere aber von den handelnden Personen. Das Verhalten und die Einstellungen der Führungskräfte haben einen erheblichen Einfluss auf die Kultur, da sie Impulse setzen und durch ihr Verhalten Vorbildcharakter haben. Als Führungskraft ist es von zentraler Bedeutung zu erkennen, dass der Cultural Fit nicht darauf abzielt, alle Mitglieder des Teams „auf Linie zu bringen“ oder zu uniformieren. Vielmehr soll er auf der Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses von Grundwerten dazu dienen, dass jedes Teammitglied individuell und unterschiedlich an Aufgaben und Themen herangehen kann und sollte.

Auch die Mitarbeitenden spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Kultur, da sie als "Träger der Alltagskultur" aktiv daran teilnehmen. Allerdings können sie eine Kultur nicht leben, die von der Führungsebene nicht gewollt wird. Daher ist es entscheidend, die Perspektive der Mitarbeitenden z. B. durch ausführliche Befragungen einzubeziehen.

Wenn’s passt, macht’s glücklich

Der Cultural Fit ist nicht nur ein wesentlicher Faktor für Bewerber*innen bei der Auswahl eines neuen Arbeitgebers. Er bietet Unternehmen auch langfristig zahlreiche Vorteile.

Schnelleres Onbarding
Ein Teammitglied, das sich von Anfang an im Job wie zuhause fühlt und gut in die Unternehmenskultur passt, benötigt keine zusätzliche Einarbeitung in die Kultur. Dadurch wird das Onboarding schneller und die Einarbeitungszeit verkürzt, was wiederum zu einer gesteigerten Produktivität führt.

Höhere Zufriedenheit
Ein Cultural Fit kann dazu beitragen, dass neue Mitarbeitende sich besser mit anderen Kolleg*innen verstehen, effektiver kommunizieren und besser in das Team integriert sind. Dies kann wiederum zu einer höheren Zufriedenheit am Arbeitsplatz führen. Und wirkt sich meist positiv auf den Krankenstand aus.

Mehr Engagement
Die Identifikation mit dem Arbeitgeber, Arbeitsinhalten und eine gute Arbeitsatmosphäre steigern automatisch die Motivation. Arbeitnehmer*innen fühlen sich angekommen, gehen neue Aufgaben anders an und sind bereit, sich stärker einzubringen.

Weniger Fluktuation
Wer gerne zur Arbeit geht, hat weniger Motivation den Job zu wechseln. Durch eine geringe Fluktuation können Unternehmen sicherstellen, dass der Betriebsablauf reibungslos funktioniert und somit erhebliche Kosten eingespart werden können.

Letztlich wirkt sich ein hoher Cultural Fit zwischen Unternehmen und Belegschaft auch auf die Arbeitgebermarke aus. Glückliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prägen ein positives Erscheinungsbild nach innen und außen – und steigern damit wiederum die Arbeitgeberattraktivität.

Wir sind, was wir tun

Wer Fachkräfte mit übereinstimmenden Wertevorstellungen sucht, sollte schon bei der Anwerbung und Einstellung neuer Mitarbeitenden auf eine authentische und stringente Kommunikation der Unternehmenskultur achten. So werden keine Versprechungen gemacht, die später nicht eingehalten werden können.

Viele Jobsuchende interessieren sich im Rahmen des Bewerbungsprozesses für das Führungsverhalten, Entscheidungswege innerhalb der Organisation, den Kommunikationsstil und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es liegt also nahe, diese kulturellen Aspekte an allen Touchpoints zu kommunizieren und Einblicke in das Unternehmen zu gewähren. Von der Karriere-Website über das Vorstellungsgespräch bis hin zum Onboarding-Prozess: Jede Phase der Candidate Journey zählt und kann dazu beitragen, sich einen Eindruck von der kulturellen Passung zu machen. Es ist daher wichtig für Unternehmen alle Touchpoints zu identifizieren, mit denen Bewerber*innen in Kontakt kommen. Entlang der Candidate Journey geht es ans Sammeln, Clustern, Priorisieren und Messen des Status Quo der Kontaktpunkte. Welche Touchpoints sind für Bewerber*innen relevant? Welchen Einfluss hat dieser Kontaktpunkt auf den weiteren Prozess? Und welche Maßnahmen können wir schlussendlich ableiten, um unsere Unternehmenskultur erlebbar zu machen und die Wahrnehmung positiv zu beeinflussen? Ziel ist dabei immer, ein authentisches Bild zu vermitteln. Schließlich geht es darum Menschen mit übereinstimmenden Ansichten, Wertvorstellungen, Einstellung und Ansprüchen zu finden.

Cultural Fit im Recruiting

Der Fachkräftemangel bzw. Geeignete Mitarbeiter*innen zu finden ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Cultural Fit Tests können die Suche nach Fachkräften spielerisch unterstützen. Eingesetzt auf Karriere-Websites können potenziellen Bewerberinnen und Bewerber damit herausfinden, inwiefern die Unternehmenskultur mit den eigenen Wertvorstellungen übereinstimmt. Dazu werden Fragen eingesetzt, die anhand einer Skala bewertet werden können (z. B. "In meinem Wunschunternehmen sind die Kollegen wie eine Familie"). Nach Abschluss des Tests haben die Kandidat*innen die Möglichkeit, mehr über das Unternehmen und seine Kultur zu erfahren und zu erkennen, inwieweit verschiedene Aspekte der Kultur ausgeprägt sind.

Sind also Persönlichkeitstests dieser Art das beste Mittel? Nur bedingt wie eine Studie von StepStone "Recruiting mit Persönlichkeit" herausgefunden hat. Obwohl 44 % der Kandidat*innen gerne einen solchen Test machen würden, finden knapp ein Drittel der Befragten den Einsatz von Persönlichkeitstests nicht gut. In der Tat würden 9 % von ihnen den Bewerbungsprozess sogar abbrechen, wenn ein Test ins Spiel kommt.

Unternehmen können nicht von Kandidat*innen verlangen, dass sie ihre Persönlichkeit bei der Jobsuche offenlegen. Daher liegt es an den Unternehmen, ihre Kultur transparent zu kommunizieren. Trotzdem können zwei Dinge im Recruiting helfen, das richtige Personal zu finden: Kluge Fragen und Empathie. „Was schätzen Sie an Teamarbeit und was nicht?“, „Beschreiben Sie Ihren idealen Vorgesetzten“ oder „Was schuldet ein Unternehmen seinen Mitarbeitern?“ sind mal mehr, mal weniger ungewöhnliche Fragen, die jedoch alle mehr Einblick in das Wertesystem und eine mögliche Passung zum Unternehmen liefern als Standardfragen, wie „Was sind Ihre Schwächen?“.

Fazit: Kultur am Puls der Zeit

Die Unternehmenskultur ist ein relevanter Faktor für Bewerber*innen und bei übereinstimmenden Werten, Zielen und Einstellungen mit einem Unternehmen eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Aber: Wertvorstellungen sind nicht starr. Sie verändern sich im Laufe der Zeit z. B. durch Anpassung an neue Lebensumstände. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Kriterien für einen passenden Cultural Fit von Zeit zu Zeit zu überprüfen. Zusätzlich können Unternehmen auch die Einschätzung neuer Mitarbeitenden bezüglich der Unternehmenskultur erfragen und gemeinsam mit ihnen besprechen. Auf diese Weise können sie ein besseres Verständnis dafür entwickeln, wie die Kultur des Unternehmens wahrgenommen wird. Und wo möglicherweise Anpassungen vorgenommen werden müssen, um auch in Zukunft engagierte Menschen zu finden und zu binden.

 

Quellen:

Karrierebibel
Stepstone
contec.de
Haufe
managerseminare.de
talention.de
Cultural Fit Evaluator

Mandy ist extrem flexibel. Kein Wunder – die studierte Online-Marketing-Fachwirtin hat 13 Jahre Kunstturn-Erfahrung. So wundert es nicht, dass sie den Spagat zwischen mehreren Experten-Rollen problemlos wuppt. Neben Unternehmenskommunikation und Personalmarketing ist Mandy bei New Communication auch für Marketing-Strategie und SEO-Projekte zuständig. Ganz nebenbei mischt sie noch im Management-Team mit. Sportlich, sportlich …

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