Unternehmen haben es dieser Tage nicht leicht. Gestiegene Kosten, veränderte Rahmenbedingungen und Fachkräftemangel, wohin man schaut. Auch im Bereich Ausbildung kämpfen viele Firmen um Nachwuchs. Laut dem Berufsbildungsbericht für das Jahr 2022 hat der Ausbildungsmarkt „im Jahr 2020 im Zuge der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen erhebliche Einbußen zu verkraften.“ Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge sei um ganze 11 Prozent zurückgegangen und auch im Jahr 2021 habe sich die Lage nur leicht entspannt. Durch den Wegfall vieler Informationsmöglichkeiten und -veranstaltungen hatten viele Jugendliche weniger Möglichkeit, sich über ihre Berufswünsche klarzuwerden. Aber mal ehrlich, an Informationen mangelt es nicht – jedenfalls nicht online. Im Gegenteil, es prasselt täglich eine nie gekannte Informationsflut auf die potenziellen Azubis und begehrten Arbeitskräfte ein.

Benefits, die keine sind

Umso wichtiger ist es jetzt, nicht bloß auf den richtigen Kanälen, die richtigen potenziellen Bewerberinnen und Bewerber anzusprechen, sondern auch die eigenen Arbeitgebervorteile bzw. Benefits kritisch unter die Lupe zu nehmen. Doch warum an einem fertigen, stabilen Bereich herumbohren, fragen Sie sich vielleicht. Weil Benefits altern. Viele sogenannte Vorteile sind spätestens im Jahr 2023 veraltet und daher gar keine echten Vorteile mehr. „Moderne Arbeitsplätze“ oder „kostenloses Mineralwasser“ gehören heute zum Standardrepertoire und werden häufig vorausgesetzt. Benefits können außerdem das entscheidende Ass im Ärmel von Unternehmen und das ausschlaggebende Entscheidungskriterium von Fachkräften sein: Laut einer Befragung von Kununu und der Managementberatung Kienbaum würden 11,1 Prozent der Befragten sogar auf einen Teil ihres Gehalt verzichten, um attraktive Benefits nutzen zu können. Die Bereitschaft zum Verzicht ist bei Jüngeren höher.

Neue Benefits braucht das Land

Unternehmen sollten ihre Benefits einer selbstkritischen Überprüfung unterziehen und sich fragen: Sind unsere Benefits noch zeitgemäß? Entsprechen sie den Wünschen der Zielgruppe? Werden angebotene Benefits nicht oder nur wenig genutzt, wird es Zeit, sie zu den Akten zu legen und neue zu etablieren. Das zeigt auch der Benefits Trends Survey von Willis Towers Watson, für den u.a. 72 deutsche Unternehmen mit insgesamt 400.000 Angestellten befragt wurden. Demnach sind psychische Probleme, Stress und Burnout aus Sicht von Unternehmen die größten Sorgen der Arbeitskräfte. 80 Prozent der befragten Unternehmen planen daher, ihre Benefits stärker auf die Optimierung der Employer Experience auszurichten. Menschen arbeiten dann langfristig produktiv, wenn sie gesund sind, soziale Kontakte pflegen und sich sicher fühlen – emotional, finanziell und physisch. Das haben auch 56 Prozent erkannt und wollen Gesundheit, Sozialkontakte und finanzielle Stabilität ihrer Teammitglieder verbessern.

Ohne Benefit-Strategie – ohne Plan

Doch laut der Benefits Trends Survey haben drei von fünf Unternehmen keine klare Benefits-Strategie. Und noch mehr kennen gar nicht die tatsächlichen Bedürfnisse ihrer (potenziellen) Fachkräfte. Dabei ist es in Zeiten von Fachkräftemangel, Krisen und Inflation (Gehaltserhöhungen als Benefit dürften für viele nicht infrage kommen) überlebenswichtig, bei kompetenten und qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern zu punkten. Wer seine Benefits weise wählt und kommuniziert, kann von der Situation sogar profitieren. Laut der WTW Global Benefits Attitudes Survey 2021/2022 sind fast ein Drittel der Angestellten aktiv auf der Suche nach einem neuen Job – je jünger desto mehr. Ganze 46 Prozent der Generation Z sieht sich nach einem neuen Arbeitgeber um. Aber Achtung: Entspricht das Angebot nicht ihren Erwartungen, sind sie schnell wieder weg.

Gehalt und Sicherheit des Arbeitsplatzes sind die wichtigsten Themen für Fachkräfte, jedoch sind gerade bei den Jüngeren Flexibilität und Weiterentwicklung bedeutend. Betriebliche Altersvorsorge bleibt das bevorzugte Benefit (52 Prozent). Unterstützung bei psychischer (27 Prozent) und körperlicher Gesundheit (24 Prozent) rangiert ebenfalls an prominenter Stelle. Immerhin war das Gesundheitsprogramm für 55 Prozent der Befragten ein Grund, zum aktuellen Arbeitgeber zu wechseln. Galt das Thema Gesundheit lange als Privatsache, erkennen immer mehr Unternehmen, dass der Bedarf an Gesundheitsförderung nicht nur gestiegen, sondern ein wichtiger Faktor bei der langfristigen Zusammenarbeit ist.

Benefits strategisch denken

Statt beliebige Benefits anzubieten, sollten Unternehmen diese strategisch angehen und nutzen. Denn eine Strategie ist – wie in so vielen Bereichen – auch hier ein wesentlicher Faktor für langfristigen Erfolg. Der erste Schritt zu einer Benefit-Strategie lautet daher: Finden Sie heraus, wie Ihre Angestellten die aktuellen Benefits finden und was sie sich wünschen. Formulieren Sie im nächsten Schritt klar Ihre Ziele. Wollen Sie Ihre Arbeitgebermarke stärken, Krankmeldungen reduzieren oder neue Fachkräfte gewinnen? Von hier aus sollte klar werden, was zu tun ist: Vorhandene Benefits prüfen und wenn nötig durch neue, passendere ersetzten. Sind die Benefits überarbeitet und implementiert, müssen sie aktiv kommuniziert werden: sowohl intern an die Belegschaft als auch im Rahmen des Employer Bandings und konkreter Personalmarketing-Kampagnen.

Mut zur Einzigartigkeit

Dass „Wasser satt“ oder „moderne Arbeitsplätze“ zum Standardrepertoire gehören und niemanden mehr beeindrucken, sollte einleuchten. Aber wie findet man wirklich individuelle Benefits? Gehen Sie bei Ihrer Suche nach passenden und sinnvollen Benefits methodisch vor. Hier einige Tipps und Inspirationen.
 

Inspiration #1: Aus Standard wird Outstanding

Nehmen Sie sich unverzichtbare, aber gewöhnliche Benefits vor und überlegen Sie wie Sie ihnen das gewisse Etwas verpassen. Fitnessangebote zum Beispiel sind beliebt. Doch vergessen wir die geistige Fitness nicht. Life Coaching, psychologische Unterstützung oder mentales Training können sinnvoll in diesen Bereich integriert werden.

Homeoffice und dezentrales Arbeiten sind gerade für Jüngere ein Muss. Warum nicht die „Kaffee-Ration für Zuhause“ anbieten? Fair Trade Kaffee, vertrieben von einem regionalen Anbieter, ist da die perfekte Verbindung zwischen Benefit und Werten wie Regionalität und Nachhaltigkeit.

Altersvorsorge und andere finanzielle Zuschüsse gehören ebenfalls zu den sehr gefragten Benefits. Dem Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit können Sie darüber hinaus mit einer kostenfreien Finanzberatung oder einem Finanz-Coaching entgegenkommen.
 

Inspiration #2: Regionalität ist Trumpf

Viele Unternehmen geben an, mit ihrer Region verbunden zu sein. Doch was genau bedeutet das? Folgt hierauf kein konkreter Beleg, bleibt die Verbundenheit reine Poesie. Eine Möglichkeit, dies zum Ausdruck zu bringen, sind kreative Benefits. Schauen Sie sich in Ihrer Region um: Gibt es bekannte Events, die regelmäßig stattfinden? Eine begehrte Eintrittskarte könnte ein ungewöhnliches und attraktives Benefit sein. Vielleicht ist Ihre Region bekannt für ein bestimmtes Produkt wie Käse, Wein, Marzipan, Technik? Integrieren Sie die in Ihre Benefits.
 

Inspiration #3: Wahre Unternehmenswerte

Nachhaltigkeit, Diversität, Transparenz und Co. – das sind wichtige Werte. Doch finden sie sich heute in nahezu jeder Branche und bei sehr vielen Unternehmen. Ein weiteres Problem: Viele von ihnen geben Werte an, die unbelegt bleiben. Eine Möglichkeit, zu beweisen, dass die verkündeten Werte eine reale Rolle im Unternehmensalltag spielen, sind wiederum kreative Benefits. Ihr Unternehmen ist kulturell besonders divers? Die Kombination aus Sprachvielfalt, Förderung von Spracherwerb sowie Sprach-Tandems innerhalb der Belegschaft könnte ein hervorragender, interessanter und einzigartiger Benefit sein. Nachhaltigkeit ist Ihnen wirklich wichtig? Bieten Sie Nachhaltigkeitsseminare an, spedieren Sie einen zusätzlichen Klimademo-Urlaubstag, bieten Sie Jobrad und Job-E-Scooter an.
 

Inspiration #4: Bedürfnisse der Belegschaft

Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen am besten, was sie wollen und brauchen. Fragen Sie sie und sich selbst also wie Sie deren Alltag erleichtern können. So sind etwa Frauchen und Herrchen, die viel arbeiten, darauf angewiesen, sich auch zwischendurch um ihre Fellnase kümmern zu können. Für sie ist „Hundefreundlicher Arbeitsplatz“ also ein begehrter Benefit. Auch freuen sich Tier und Mensch sicher über Hundekörbe, Leckerlis oder Hundespielsachen.

Ist der Job mal stressig, hilft natürlich nicht nur ein kurzer Hundespaziergang. Sondern auch ein Powernap. Wie wäre es mit einem abgedunkelten Ruheraum mit Liegen oder Hängematten? Das, auch in der Kombination mit dem Angebot von Achtsamkeits- oder autogenem -Training, kann wahre Wunder für Leistungsfähigkeit, Wohlbefinden und Konzentration wirken. Und klingt als Benefit nebenbei auch ganz schön cool.
 

Inspiration #5: Empowerment

Viele interessante Benefits stecken im Weiterbildungsangebot. Dieses geht in sich schnell ändernden Zeiten oft über das rein Fachliche hinaus. Und das sollte es auch. Heute ist Kompetenzerwerb gefragt: Wie erkenne ich Phishing? Wie lebe ich nachhaltiger? Wie halte ich Schritt mit der rasanten digitalen Entwicklung? Diese Kompetenzen stärken die Teammitglieder nicht nur im Job, sondern auch persönlich. Investieren Sie in Kompetenzen und in die Digitalfähigkeit Ihres Teams. Schulen Sie neue Tools, zeigen Sie die Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten. Und helfen Sie allen, den digitalen Wandel mitzugehen. Benefits wie „Digital Literacy“, „Empowerment“ oder „Life Hacks“ dürfen natürlich auch klar benannt und kommuniziert werden.

 

Fazit

Mit einer klaren Benefit-Strategie profitieren Unternehmen gleich mehrfach: Sie sichern sich einen Vorsprung im Wettbewerb um Fachkräfte, stellen ihre Unternehmenswerte unter Beweis und tun ihren Angestellten etwas Gutes. Zudem ist es sinnvoll, die eigenen Benefits in sich schnell verändernden Zeiten zu hinterfragen, ihre Aktualität und ihren Nutzen zu prüfen. Und auch wenn Benefits Geld kosten – eine hohe Fluktuation im Team sowie fehlende Fachkräfte kosten langfristig mehr. Machen Sie also richtig gute, kreative und einzigartige Benefits zu Ihrem Benefit.

 

Quellen:

zdf.de
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Kununu
haufe.de
personalwirtschaft.de
wtwco.com
benify.de

Nelly ist Expertin für Corporate Language, Publikationen und Public Relations bei New Communication. Außerdem ist die ausgebildete Journalistin Pressesprecherin der Agentur. Theoretisch könnte Nelly ihre Pressekonferenzen auch auf Englisch, Russisch oder Spanisch halten. Spricht sie nämlich alles. Theoretisch könnte sie dabei auch singen und tanzen. Kann sie nämlich auch. Natürlich wäre das albern. Aber wir wollten einfach nur mal kurz damit angeben, wie toll unsere Nelly ist.

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