State of Search

In kaum einem Jahr gab es so viele Algorithmus-Updates von Google wie 2023. Nicht ohne Grund, denn der Trend rund um KI-Chatbots und insbesondere ChatGPT, hat Google ordentlich unter Druck gesetzt. Diese graben der klassischen Suche mit den blauen Links Nutzerzahlen ab. Laut Gartner Inc. werden die klassischen Google-Suchen bis 2026 um 25 % abnehmen. Das bedeutet nicht nur ein neues Interface, sondern auch geändertes Suchverhalten, auf das wir Websitebetreiber*innen reagieren müssen.

Veränderungen im Zeichen von Gemini

Erst kürzlich wurde Gemini vorgestellt, die neueste Iteration von Googles Antwort auf ChatGPT von Microsoft und OpenAI. Zwar ist Gemini weiterhin in der Testphase und ein Launch in Europa bisher nicht absehbar. Das liegt vermutlich an noch ungeklärten Fragen im Bereich Datenschutz. Ein Launch ist aber wohl nur noch eine Frage der Zeit. Schließlich ist der Startschuss schon in über 120 anderen Ländern gefallen.

Parallel werkelt Google weiter am Sprachmodell und konkreten Anwendungen. Der kostenpflichtige Chatbot „Gemini Ultra“ steht in den Startlöchern und soll ähnlich wie ChatGPT Plus mehr Funktionen, bessere Performance, Multimodalität u. a. enthalten. Einige Auswirkungen des Launches in der Suche sind schon absehbar. Einerseits: Bessere Ergebnisse durch Zusammenfassen von Inhalten unterschiedlicher Websites. Andererseits: „Zurückdrängen“ der blauen Links und damit womöglich eine weniger prominente Platzierung von Websites und Markenauftritten.

Zusammenfassungen in der Google Suche sind keineswegs ein neues Phänomen, sondern gibt es in Form von „Rich Snippets“ schon etliche Jahre. Einfache W-Fragen werden mit generierten Akkordeon-Elementen direkt auf der Google Suchseite beantwortet. Die Suche nach Veranstaltungen in der Nähe führt auf den Google Event-Kalender, der Konzerte, Lesungen und Kinofilme praktisch zusammenführt. Die Google Suche wird sich also definitiv verändern. Aber wie wirken sich die Änderungen auf deine Website aus?

Search Generative Experience (SGE) und organischer Content

Laut Sundar Pichai (Google, CEO) bewährt sich der Einsatz von Gemini in der Suche schon jetzt. Von 40 % geringerer Latenz zwischen Suchanfrage und Antwort ist da etwa die Rede. Gerade bei komplexeren Anfragen wie im Bildungssektor, oder aber bei der Suche nach dem passenden Geschenk würde sich die kluge Suche bewähren. Die Bedenken von Website-Betreiber*innen, dass die eigenen Websites nicht mehr gefunden würden, weist Pichai zurück. Die Suchergebnisse würden mit Verlinkungen ausgestattet und weiterhin auf besonders relevante Websites führen. Aber klicken Nutzer*innen auf die Links, wenn sie ihre Antwort in der Zusammenfassung bereits erhalten haben? Unwahrscheinlich – jedenfalls für einfache Anfragen.

Die Devise lautet weiterhin: Relevanz gewinnt den Wettstreit um maximale Sichtbarkeit. Wie Relevanz im Bereich der organischen Suchergebnisse geschaffen wird, liest du hier:Weniger Inhalte für mehr Sichtbarkeit? Von Evergreen Content und begrenzten Crawl-Budgets

Wir glauben: Relevante und einzigartige Inhalte werden sichtbar bleiben. Entweder als Verlinkung in der KI-Zusammenfassung, oder als Top-Link unter der Zusammenfassung.

Geld gegen Sichtbarkeit – SGE und Werbung

Die Umstellung auf SGE wird sich auch auf bekannte Werbe- und Anzeigenformate auswirken. Wie das aussehen wird, ist allerdings noch unsicher. Klar ist, Google experimentiert mit Kampagnentypen und Anzeigenformaten sowie Placements, die sich im Zuge der Umstellung verändern müssen. Denkbar sind Placements unter- und oberhalb der SGE-Ausgabe von Suchergebnissen.

Erste Entwicklungen in diese Richtung sind die neuen Kampagnentypen „Demand Gen“ und „Performance Max“, die Daten- und Conversion-getrieben manuellen Optimierungsbedarf verringern. Aber gleichzeitig auch die Möglichkeiten zur Auswertung der Kampagnenperformance einschränken. Auch hier gilt: Relevanz siegt. Die Werbemittel erfordern weiterhin gewissenhafte Recherche und Analyse von Zielgruppe, Wettbewerb und Suchverhalten. Nur so entstehen einzigartige, emotionale und interessante Werbekampagnen, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Mission: Zielgruppenansprache

Ändert sich das Suchverhalten, ändert sich auch die Strategie. Prompts fallen spezifischer und damit länger aus. Ein Suchbegriff lautet dann nicht:
 

Herren-Sneaker Größe 45 kaufen in Kiel 

 

sondern eher:
 

Ich suche einen Herrenschuh, Typ Sneaker, Größe 45 in Kiel und Umgebung. Ich habe eine Fehlstellung und trage Einlagen, die in den neuen Schuh passen sollen. Bitte suche passende Schuhe sowie Geschäfte in meiner Umgebung. Vergleiche außerdem die Preise. Mir gefallen Schuhe der Marke Reebok, Adidas und New Balance, bin aber auch für Schuhe anderer Marken offen. 


In der Suchmaschinenoptimierung heißen längere Keywords Longtail-Keywords und meinen besonders spezifische Suchanfragen. Prompts fallen noch wesentlich länger aus. Das hat den Vorteil, dass Suchverhalten und -bedürfnisse noch genauer analysiert werden können. Jedenfalls in der Theorie.

Praktisch erhalten SEOs keinen Zugriff auf die Suchdaten von Google und OpenAI. Spannend wird der mögliche Einbezug von First-Party-Suchdaten auf der eigenen Website. Das spiegelt unter Umständen die konventionelle Suche wider, weil sich schlicht das Suchverhalten durch die Nutzung Chatbots verändert. Spätestens aber dann, wenn Webmaster KI-basierte Suchtechnologien einsetzen. Aus Nutzersicht müssen Suchanfragen noch genauer formuliert werden. Oder dialogisch mit der Maschine entwickelt werden.

Wenn aber schon so viele Inhalte direkt in Googles SGE abgebildet werden, was ist dann noch relevanter Content? Das entscheidet weiterhin Google und im Umkehrschluss die Nutzer*innen. Also: Was will Google? Die kurze Antwort: Googles E-EAT-Modell wird weiterhin für die Bewertung relevanten Contents entscheidend sein. E-EAT berücksichtigt die folgenden Qualitätskriterien: 

E – Experience:

Content soll die persönliche Erfahrung der Autor*innen widerspiegeln. Das können Anekdoten, Use Cases o. Ä. sein.

E – Expertise:

Content zeigt, dass Autor*innen nachweisbar Expert*innen auf dem jeweiligen Fachgebiet sind. Davon zeugen Steckbriefe mit akademischen oder anderen Titeln, Berufsbezeichnungen, Zertifizierungen, Fachartikel etc.

A – Authoritativeness:

Autor*innen zeichnen sich durch herausragende Stellung im jeweiligen Fachbereich aus. Google ermittelt das etwa durch Backlinks bzw. Erwähnungen anderer Websites und anderer Fachleute.

T – Trustworthiness:

Autor*innen sind vertrauenswürdig, wenn auf die Seriosität geschlossen werden kann. Dabei helfen positive Bewertungen der Person oder des Unternehmens, eine Über-Uns-Seite, Auszeichnungen etc.

 

Über allem steht die Frage nach der Relevanz. Websites und auch die Google Suche werden für echte Menschen mit echten Bedürfnissen gemacht. Und diese wollen schnell und einfach zum gewünschten Ziel kommen. Dabei hilft SGE. Und dabei helfen Websites, die sich mit ihren Anspruchsgruppen und deren Fragen beschäftigen. Nur dann, wenn Websitebetreiber*innen Fragen von Nutzer*innen beantworten und echte Mehrwerte liefern, werden sie von Google als relevant wahrgenommen.

Darin liegt eine Chance. Denn: KI-generierter oder assistierter Content wird weiter zunehmen. Unternehmen tun also gut daran, neben der Flut an doppelten, oder auch einfach unsinnigen (weil nicht geprüften) Inhalten durch Inhalte mit Mehrwert hervorzustechen.

Ausblick: The Future of Search

Google (und andere Unternehmen) werden auch in diesem Jahr Updates veröffentlichen und die eigenen KI-Anwendungen weiterentwickeln. Das letzte Update lief vor wenigen Tagen im März an und beinhaltete ein großes Core-Update sowie ein Spam Update. Das „Super Update“ hatte für einige Websites Abstürze in der Sichtbarkeit sowie eine hohe Dynamik der Suchmaschinenrankings zur Folge. Mutmaßlich aufgrund KI-generierter Inhalte, die nicht für Nutzer*innen erstellt wurden, sondern mit dem Ziel, die Rankings der Google Suchmaschine zu beeinflussen.

Spam und wenig relevante Inhalte werden weiter an Sichtbarkeit einbüßen. In den KI-Zusammenfassungen bei Google werden sie gar nicht auftauchen und referenziert werden.

Websites als Content-Lieferanten für Google und Co.?

Bei aller KI und allen Snippets und Zusammenfassungen kommt einem schnell die Frage: Wie bekomme ich Nutzer*innen denn überhaupt noch auf meine Website? Braucht es überhaupt eine Website?

Die Antwort: ein eindeutiges Jein. Wer lediglich Content präsentiert, um die Chefetage glücklich zu machen, darf mit sinkenden Nutzer*innenzahlen rechnen. Wer aber versteht, dass Googles SGE lediglich der Small-Talk vor dem Deep-Talk ist, wird sich auch weiterhin mit Websites auseinandersetzen dürfen. Dabei geht es um mehr als relevante Inhalte – diese sollten so präsentiert und aufbereitet sein, dass sie via Chatbot mit den Nutzer*innen ins Gespräch kommen.

Und aus so einem Gespräch wartet direkt noch mehr Arbeit auf, gibt doch jede Interaktion mit Nutzer*innen neue Aufschlüsse über die Bedürfnisse einer Zielgruppe. Das bedeutet: Inhalte sollten stetig ergänzt und angepasst werden – schließlich wollen wir nicht mitten im Gespräch geghostet werden.

Websitebetreiber*innen sollten sich einmal mehr auf ihre Kernkompetenzen besinnen. Das heißt interessante und (langfristig) relevante Inhalte erstellen, die in allen Phasen der Customer Journey Antworten auf die gestellten Fragen liefern. Nutzer*innen der Google-Suche und deine potenziellen Kund*innen suchen nicht mehr die eine Seite. Sie suchen eine schnelle Antwort auf einfache Fragen. Bei komplexeren Anfragen, dem Produktkauf oder konkreten Dienstleistungen hilft weiterhin ein gelungener Website-Auftritt.

Wie dieser gelingen kann und wie es deine Seite auf Platz 1 der Google-Suche schafft? Dabei helfen wir dir gern weiter.  

Quellen:

Search Engine Land
Net Connect Digital
omr.com
SEO Südwest I
SEO Südwest II
onlinemarketing.de​​​​​​​

Neels ist Online-Berater bei New Communication. Der studierte Kommunikationswissenschaftler hält den agenturinternen Rekord für die längsten Sprachnachrichten. Die nötige Puste dafür holt sich Neels beim Training auf dem Fahrrad oder an der Kletterwand. Wir sind ganz Ohr, Neels!

Jana sorgt als ausgebildete Social-Media-Managerin und Expertin für Public Relations und Newsletter-Marketing bei New Communication dafür, dass ihre Kunden im Rampenlicht stehen. Als Fachfrau für Krisenkommunikation, Influencer Relations und Investor-Relations trifft sie immer den richtigen Ton. Kein Wunder, dass die studierte Anglistin und Skandinavistin privat dem medialen Getöse gern mal den Rücken kehrt und in Norwegen Schnee- statt Shitstorms die Stirn bietet.

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