1. Ugly Painting
Toll zeichnen und malen zu können – das scheint in Zeiten des massiven Einsatzes generativer Künstlicher Intelligenz wie Midjourney & Co. kein besonders gefragtes Talent mehr zu sein. Im Gegenteil: Absichtlich schlechte Zeichnungen und Gemälde haben sich als trotziger Gegentrend entwickelt.
Das Ergebnis: sehr frei interpretierte Proportionen bei Porträts, wackelige Linien, unpassende, schmutzige und unharmonische Farben und hingewürfelte Kompositionen. Jetzt ist es an uns, wie wir damit umgehen. Gut finden, weil aus menschlicher Hand, als bockigen Gegenentwurf sehen oder eine neue Ästhetik begründen.
(© istockphoto.com/ivetavaicule)
2. Maximal reduzierte Logos
Eine Reduktion der grafischen Formensprache im Corporate Design ist schon seit ein paar Jahren zu beobachten. Ausgelöst von der Anforderung, auch in kleinsten Abbildungsmaßstäben – etwa als Icon einer App oder in den Sozialen Medien – erkannt und wiedererkannt zu werden. Jetzt werfen einige Marken auch noch den letzten Rest visuellen Ballasts ab. Teilweise, weil die vorangegangene Reduktion noch nicht die erhoffte Prägnanz der Marke mit sich brachte, teilweise, weil sich Marken und Unternehmen neu und stark fokussiert positionieren wollen. So läutet NOKIA die Wiederauferstehung mit einer visuell äußerst kompakten Wortmarke ein.
Da fehlt doch was? Das neue NOKIA-Logo wurde extrem reduziert.
(© NOKIA)
3. Neo-Hippie-Typo
Als Festivals in den späten 60er und frühen 70er Jahren noch ein Teil der Hippie-Subkultur waren, gehörten organische Formen und halluzinogene Muster zur Bildsprache jedes Events. Diese verspielten Schriften feiern auf Festival-Plakaten jetzt ein Revival. Dass sie oft nur schwer zu entziffern sind, gehört mit zum Kodex – machen aber ihren Charme und Spaß jenseits des Mainstreams aus.
(© Envato Elements)
4. Schriften treiben's bunt
Nicht nur Festival-Plakate werden bunter: Farbige Schriften auf farbigem Grund sind ebenfalls auf dem Vormarsch. Wer das volle Farbspektrum der Marke ausnutzt und diese gegebenenfalls mit passenden Nuancen erweitert, gilt als hip. Aber Achtung: Ein zu geringes Kontrastverhältnis von Schrift und Grund schließt einen Teil der Leser*innen aus.
(© Glastonbury Festival Events Limited)
Bunt, bunder, am buntesten. Festival-Plakate zeigen Farbe.
(© enzo-festival.de)
5. Die 90er sind zurück – mal wieder
So lange ist der letzte Hype um dieses Jahrzehnt noch gar nicht her, da geht er schon in die nächste Runde. Eurodance und Rummelplatz-Techno tun den Rest. Alle vier bis fünf Jahre Jahre spürt man deutlich, wie sich vermehrt Designern*innen und Künstler*innen an den Stilistiken der 90er Jahre bedienen.
(© Vitor Sande)
Der Musiker FiNCH setzt erneut auf 90er-Jahre-Klischees
(© Finch)
6. Design, Accessibility & Usability
Da gibt man sich Mühe, Webseiten so inklusiv wie möglich zu konzipieren, zu gestalten und zu programmieren, damit möglichst viele Menschen sie problemlos und leicht nutzen können. Sorgt mit ausgewogenen Kontrastverhältnissen und sorgfältig kuratierter Typografie für beste Lesbarkeit von Texten, diskutiert Schriften auf Fotos weg, erzeugt Verständnis für die Notwendigkeit von beschreibenden Alternativ-Texten an Abbildungen in der betreuenden Redaktion. Platziert Funktionen an erwarteten Orten und macht das Ganze auch für Vorlese-Softwares – sogenannte Screenreader – zugänglich.
Und dann heimsen Websites Designpreise ein, die auf all das pfeifen: Grüne Schrift auf rotem Grund, am besten noch in VERSALIEN, verwaiste Abbildungen ohne alternative Beschreibung, semantische Auszeichnung von Texten: Fehlanzeige. Bei aller Begeisterung für ausgefallene Designs, wollen wir ausnahmsweise vor diesem Trend warnen: Unternehmen sind gut beraten, die nützlichen Errungenschaften des inklusiven Designs nicht für ein paar billige visuelle Effekte über Bord zu werfen. Eine Website sollte den Nutzenden dienen – nicht dem Ego der Screendesigner*innen.
(© Yale School of Art)
7. 8-Bit-Typo
Das ist doch verpixelt! Ja, aber mit voller Absicht. Schriftzüge und Designs mit verpixelten Buchstaben und Grafiken sind angesagt und nicht nur auf den Plakaten von Techno-Events zu finden.
Analog dazu gibt es in einigen Audio-Produktionen bereits die passenden 8-Bit-Sounds dazu. Nintendo lässt grüßen.
(© Konstatin Meowin)
(© Paranoised)
(© Kevin Jaeger)
8. Design meets Code
Designer*innen gestalten, Entwickler*innen programmieren. Aber die Schnittstellen zwischen den beiden Bereichen verschmelzen immer stärker. Fortgeschrittene Anforderungen von Frameworks, Technologien, Design-Systemen, Accessibility, Usability, User Experience und Service Design erfordern Spezialisierung und Professionalisierung.
Insbesondere im Bereich des Designs ist mehr als jemals zuvor ein sehr gutes Verständnis der Code-Basis nötig. Moderne Tools wie Figma oder Penpot unterstützen diese Entwicklung. Ein Design muss damit nicht mehr aufwendig in Programmiersprache übersetzt werden, sondern kann bereits im Entwurfsprozess spezifische Anforderungen berücksichtigen und erfüllen.
Seit Sommer 2023 am Start: der neue Dev Mode von Figma
(© figma.com)
Entwickler*innen können designte Komponenten viel genauer unter die Lupe nehmen als bisher.
(Quelle: Eigenproduktion von NC für die Lübecker Hafengesellschaft)
Mit der Erweiterung Figma für VS Code kann die Designdatei direkt im Code-Editor angezeigt werden.
(© figma.com)
Dieser Artikel ist Teil unseres Trendspot 2024.
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